Kapitel 35

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Migas p.o.v.

Ich wachte langsam auf und sah mich um. Ich war noch immer bei Taehyung, was in mir sowohl ein erleichterndes als auch ein beklemmendes Gefühl auslöste. Ich fühlte mich bei ihm sicher, aber hatte Angst, dass er erfahren wollte, was passiert war. Jungkook hatte mich zwar in gewisser Weise gerettet, aber dann irgendwie doch nicht. Ich konnte nicht darüber sprechen was passiert war und Taehyung würde so lange nachboren, bis er sein Ziel erreicht hatte.

Ich sah auf die Uhr. Es war erst 23 Uhr. Irgendwie hatte ich gehofft, dass ich bereits mehr Zeit verschlafen hatte, dann war ich dem Morgen näher, der mich wieder aus Seoul brachte zurück in mein altes Leben. In ein Leben vor dem gestrigen Abend. Ein Leben, in dem ich mit dem Verdrängen von Erlebnissen stets gut gefahren war. Aber nun schien dieses Leben in unerreichbare Ferne gerückt zu sein und durch mehrere Mauern abgeschirmt zu sein. 

"Wir müssen abwarten, wie es morgen früh aussieht", hörte ich Stimmen vor der Tür und augenblicklich bekam ich wieder etwas Angst. 

"Meinst du nicht, dass wir sie zu einem Arzt bringen sollten", erklang eine zweite Stimme. Ich würde sie gerne unterscheiden, aber mein Gehör im Zusammenspiel mit meinem Gehirn versagten mir gerade ihre Dienste.

"Und was sollen wir da?"

"Gucken wie es ihr geht und was wir machen können. Ich habe sie noch nie zuvor so leblos und weggetreten erlebt. Du etwa?"

"Nein, noch nie, aber ich weiß nicht was für sie im Moment am besten ist"

"Lasst uns einfach bis morgen früh warten und dann nochmal darüber nachdenken", ertönte plötzlich eine dritte Stimme, aber auch ihr konnte ich weder Namen noch Gesicht zuordnen. 

"Gehen wir schlafen"

"Gute Nacht"

"Gute Nacht, schlaft gut"

Damit schien die Unterhaltung beendet zu sein, da langsam die Tür zu diesem Zimmer geöffnet wurde und ich jemanden etwas flüstern hörte:

"Miga? Bist du wach?"

Und erneut hörte ich es, aber konnte die ausgesprochene Nachricht nicht aufnehmen und verarbeiten. Irgendetwas in mir schien gewaltig gegen mich zu arbeiten und ich spürte wie die tiefe Schwärze mich wieder in ihren Bann zog. Mehr und mehr riss sie mich mit bergab in die Dunkelheit. 

Am nächsten Morgen spürte ich direkt nach dem Aufstehen unglaubliche Kopfschmerzen, die sich über meinen ganzen Körper ausbreiteten. Es war nicht nur das schummrige Gefühl, das ich noch in mir hatte, sondern die Mischung aus diesem Gefühl, den Schmerzen und Erinnerungsfetzen, die mir kein gutes Gefühl für diesen Tag gaben. Ich schlug dennoch meine Augen tapfer immer wieder ganz auf und blickte in das im dunkeln liegende Zimmer. Neben mir befanden sich Fenster, durch die ein kleines bisschen Licht durch die Vorhänge kam, allerdings auch nicht sonderlich viel.

Ich entschied mich dazu aufzustehen und die Vorhänge zu öffnen. Das Licht erhellte den Raum und sofort kam es mir in den Sinn, dass es Taehyungs Raum sein musste, sodass ich das Bett nach ihm absuchte. Allerdings war er nicht da, weshalb ich mich dazu entschloss, nachdem ich den aufkommenden Schwindel und die immer noch sehr präsenten Schmerzen von mir weggeschoben hatte, nach unten zu gehen. Wenn ich mich hier bei Bangtan befand, dann würde ich hoffentlich auch einen kleinen Snack bekommen.

Ich öffnete die Tür und folgte langsam dem frischen Geruch, der mich zielgerichtet in die Küche brachte. Am Tisch saßen dort bereits Jimin, Jungkook und Yoongi, während Hoseok und Jin am Essen vorbereiten waren. Sie brabbelten über irgendwelche Dinge, die ich nicht ganz verstehen konnte und schienen ebenso wie ich sich nicht unbedingt großartig zu fühlen. Ok alle außer Hoseok und Jin, die summend die Vorbereitungen fürs Essen taten. Aber wo war mein verpeilter Bruder nur wieder?

Yoongi war der erste, der mich bemerkte wie ich unbeholfen in Sichtweite stand. Sofort blickte er mich ernst an und schien mich mit schnellen Augen abzuscannen, bevor er fragte:

"Miga, wie geht es dir? Schon ausgeschlafen?"

Sofort gehörte auch die Aufmerksamkeit aller anderen mir und ich versuchte nur mich auf möglichst sicheren Beinen zu ihnen zu begeben. Meine Beine fühlten sich komisch an und ich spürte ganz eindeutig, dass etwas nicht stimmte, aber über den letzten Stunden schien ein Schleier zu hängen und nur einige Fragmente blieben mir noch im Gedächtnis.

"Wie fühlst du dich? Geht es dir besser?", fragte Jungkook, der zusammen mit Jimin mir entgegengekommen war und mich nun etwas stützte. Ich verstand das alles nicht so richtig. Was war denn bloß los. Ich musste meine Erinnerungen an den letzten Abend unbedingt durchforschen, um den Grund für ihr eigenartiges Verhalten und mein erstaunlich schlechtes Wohlbefinden zu erfahren.

"Ich weiß nicht", murmelte ich und schämte mich etwas für die Antwort. Wussten sie vielleicht noch mehr als ich. Meine Verunsicherung stieg immer mehr und ich musste einfach Antworten bekommen.

"Jungkook, könnten wir kurz miteinander sprechen?", fragte ich und erblickte das Gesicht meines Helfers. Seine Augen blickten mich prüfend an und in seinem Gesicht spiegelten sich einige Emotionen wieder, die sich miteinander vermischten und somit ein Gesamtkunstwerk in seinem hübschen Gesicht zauberten.

"Ja klar", antwortete er schließlich und brachte mich etwas von den anderen Jungs weg. Wir setzten uns auf die Couch im Wohnzimmer und ich zog sofort meine Beine an meinen Körper und umschlang sie. Ich verstand nicht so genau warum ich es tat. Ich hatte es einfach getan und es fühlte sich irgendwie ganz gut an in dem Gefühlschaos meiner Welt.

"Was ist gestern passiert?", fiel ich nun gleich mit der Tür ins Haus. Ich hatte es anders ausdrücken wollen, aber irgendwie schien dieses Gefühl in mir doch stärkere Auswirkungen zu haben.

Mein Gegenüber blickte mich leicht verwirrt an. Seine braunen Augen wanderten in meinem Gesicht umher, machten Kurztrips auf den Boden und aus dem Fenster und landeten schließlich auf meinen Augen. Er schien mit sich zu hadern oder verwirrt zu sein, auf jeden Fall dauerte es einen guten Moment, bevor er mir schließlich antwortete.

"Kannst du dich daran nicht mehr erinnern?"

Es war eine Frage, die mich irgendwie betroffen machte und ich wusste nicht so recht wie ich darauf reagieren sollte. Ich konnte mich nur noch bruchstückhaft erinnern und ein ungutes Gefühl hatte sich in mir bezüglich dessen ausgebreitet, aber ich verstand die Wurzeln des Gefühls nicht. Aber das musste ich. Wie sollte ich mir jetzt einreden können, dass alles gut war, wenn dieses blöde Gefühl nicht verschwand.

"Doch schon, aber irgendwie nicht so richtig an alles", begann ich leise meine Lage zu schildern, während ich mit meinen Augen ihn abfuhr und überlegte, ob ich wirklich mit ihm darüber reden sollte. Aber er war einer meiner besten Freunde. Wenn ich es mit jemandem besprechen konnte, dann doch ihm, oder? Daraus wurde allerdings vorerst nichts, weil plötzlich eine mir nur allzu bekannte Stimme in ihrem dunklen Ton fragte:

"Miga?"


SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt