Kapitel 54

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Jungkooks p.o.v.

"Du kleine, wirst auch nie schlauer. Es ist nie klug sich mit mir anzulegen", erklang seine Stimme erneut, bevor es wieder stiller wurde. Es waren komische Geräusche zu hören, aber ich konnte sie nicht richtig zuordnen. Mein Herz raste schon die ganze Zeit seitdem ich weitergehört hatte und ich fühlte mich immer schlechter, dass ich ihr nicht helfen konnte. Weder jetzt noch in der Vergangenheit hatte ich die Zeichen entdeckt. Wie konnte ich sie nur übersehen haben?

Plötzlich schien jedoch ein Tumult auszubrechen. Ich hörte einen männlichen Laut, der schmerzdurchtränkt war, dann ein lautes und panisches Einatmen und dann war rascheln zu hören, bevor plötzlich eine laute Stimme erklang:

"Ach ne, die kleine Miga wollte also im Konzert der Großen mitspielen"

Seine Stimme war lauter als zuvor und klang so verächtlich und dennoch auch als würde er einen heiden Spaß an der ganzen Situation haben. Was für ein Psycho.

"Geben Sie es mir. Das ist mein Eigentum", sagte sie ruhiger als ich es erwartet hatte. Sie schien gerade aufgeflogen zu sein, was den Unterschied in der Lautstärke vermutlich verursacht hatte.

"Miga, du hast nicht wirklich geglaubt, dass mich das aufhalten würde, oder? Ach, Miga. Ich hatte solche Hoffnungen. Aber das muss ich nun in Verwahrung nehmen. Wer weiß, was du sonst für einen Schwachsinn damit angestellt hättest", meinte er, bevor die Aufnahme beendet wurde. Also hatte sie es aufgenommen. Vermutlich mit ihrem Handy. Aber wie hatte sie es geschafft es nun doch mir zuzuschicken? Was war passiert, dass sie es geschafft hatte?

Sofort sah ich auf und versuchte Sejin oder Sanghyun zu finden. Ich musste mit ihnen sprechen. Ich musste wissen wie weit die Polizei in Gwangju war. Mein aufgewühltes Inneres brauchte irgendeine Stütze, damit es nicht in sich zusammenbrechen würde.

"Jungkook", kam plötzlich Taehyung auf mich zu. Seine Augen waren rot und geschwollen und sein ganzes Gesicht war mit Tränen überströmt. Er hatte es auch gehört. Er hatte gehört, was Miga gesagt hatte und er war vermutlich zu einem ähnlichen Schluss gekommen wie ich.

Augenblicklich sprang ich auf von meinem Platz und nahm ihn fest in meine Arme. Das alles zu hören hatte mich aufgewühlt und tief in der Seele verletzt, aber ich war nicht das Gesprächsthema gewesen. Es war in dem Gespräch nicht um mich gegangen, sondern um Taehyung. Der Taehyung, der nun völlig aufgelöst in meinen Armen lag. 

"Sie hat so für mich gekämpft und ich hab sie einfach so im Stich gelassen", murmelte er nah an meinem Ohr. Seine Stimme war Tränen erstickt und er schluckte immer wieder heftig. Ich konnte ihn gut verstehen, aber wusste nicht so recht was ich darauf antworten könnte. Jimin war derjenige, der in sowas viel besser war.

"Du hast es doch versucht, aber sie konnte es dir nicht erzählen", murmelte ich zurück und fühlte mich dabei noch schlechter als zuvor. Meine Aussagen konnten nicht sonderlich viel Trost spenden.

"Ich hätte dem Ganzen mehr Beachtung schenken sollen. Sie muss so sehr gelitten haben und ich hab ihr nicht geholfen", antwortete er noch immer verschnieft und weinend.

"Taehyung?", erklang plötzlich Jimins Stimme und wir lösten uns langsam voneinander. Jimin stand nun auch im Gang und sah uns verwirrt an. Ich sah mich etwas in unserem direkten Umfeld um und sah, dass uns alle anderen ebenfalls mit ihrer Aufmerksamkeit beschenkten. Das war mir zuvor gar nicht aufgefallen.

"Jimin", brachte er zwischen zwei Schluchzern hervor und schmiss sich ihm nun ebenfalls in seine Arme.

"Ich bin ein furchtbarer Bruder. Ich habe völlig versagt meine kleine Schwester zu beschützen", fuhr er fort und versuchte Trost bei Jimin zu finden, der ihn sofort von uns anderen wegbrachte und bei ihm blieb. Er schien immer zu wissen, was man in solchen Situationen machen musste, damit sich der andere besser fühlte. Er war einfach unser kleiner Engel.

"Was ist los?", fragte Namjoon verwirrt und sofort versuchten sie alle etwas von meiner Erklärung mitzubekommen.

"Miga hat mir eine Audiodatei geschickt, die beweist, dass Taehyung unschuldig ist", ich machte eine kurze Pause, in der Jin sofort einstieg:

"Aber das ist doch großartig"

"Ja schon, aber diese Aussagen sind nicht die einzigen Aussagen, die in der Datei dokumentiert wurden. Die Audiodatei ist eine Aufnahme von Miga, die sie heimlich bei der Konfrontation mit ihrem Trainer gemacht zu haben scheint. Sie bittet ihn darum Taehyung in Ruhe zu lassen und sagt, dass er so ein toller Bruder ist und soweiter. Er spricht Dinge an, die den Vorfall im Hotel etwas beleuchten und die allgemeine Beziehung der beiden, die noch viel schlimmer ist, als ihr euch das vorstellen könnt. Und deshalb denkt er jetzt, dass er als Bruder versagt hat", erklärte ich es möglichst ausführlich.

Die anderen waren sprachlos und schienen mit dieser Antwort überfordert zu sein. Keiner sagte ein Wort, bis Yoongi sich schließlich meldete:

"Dann sollten sie den besser erwischen, sonst wird das nicht gut für ihn ausgehen"

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, weil seine Aussage, so kalt und cool sie auch geklungen haben mochte, so voller Liebe und Fürsorge steckte, dass mir das Herz aufging. Seine fürsorgliche Seite wurde viel zu sehr unterschätzt. 

Nachdem ich den Jungs von den neusten mir bekannten Entwicklungen berichtet hatte, begab ich mich auf den Weg zu unseren Managern. Ein Funke der Hoffnung loderte noch in mir, dass sie schon Informationen hatten, die mein unruhiges Gemüt besänftigen konnten.

"Die Datei wurde schon an die Polizei weitergeleitet. Sie sind wohl auf dem Weg zu seinem Haus und hoffen, dass sie dort Miga finden. Aber jetzt solltet ihr euch etwas ausruhen. Wir werden noch eine lange Zeit hier verbringen und werden euch sofort informieren, sobald es wichtige neue Informationen gibt. Ihr solltet euch deshalb aber nicht zu sehr den Kopf darüber zerbrechen. Sonst könnten das ganz schnell ganz unschöne 13 Stunden werden", erklärte Hobeom und verfrachtete damit alle meine Sorgen und Gedanken wieder in die hinterste Ecke meines Kopfes. Er hatte schließlich recht. Ich hatte alles getan, was ich im Moment tun konnte und alles weitere war nicht mehr in meiner Hand.

Ich kehrte auf meinen Platz zurück, von dem aus ich zu Taehyung und Jimin sehen konnte. Tae schien sich inzwischen wieder etwas beruhigt zu haben und sprach leise mit Jimin. Da war er wieder unser kleiner Engel mit seinen magischen Fähigkeiten. Ich war ihm so dankbar jedes mal wenn er mich nach einem Tiefpunkt wieder aufbaute. Einen Freund wie Jimin brauchte jeder Mensch um gut durchs Leben zu kommen.

Ich steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren und machte mir etwas Musik an. Ich sollte meine Gedanken auf einen Punkt fokussieren, der weit weg von der realen Welt war und daher keine wirklich Bedeutung mit drastischen Folgen hatte. Davon brauchte ich einen kleinen Moment etwas Abstand, damit ich dann möglichst positiv zu Miga kommen konnte. Sie würde sicher Positivität und Unterstützung gebrauchen nach allem was sie erlebt hatte. Aber vielleicht war das auch nur eine meiner absurden Ideen, um mein Gemüt zu besänftigen und die sich immer mehr in meinem Kopf sammelten und mich schließlich sanft in einen Traum trugen.

SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt