18.

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Nachdem Alec ebenfalls geduscht und sich umgezogen hat, erwartet uns in der Abenddämmerung ein kleiner Tisch, geschmückt mit Kerzen. Ganz Gentleman zieht er mir den Stuhl zurecht und ich lächel ihn an. Er sieht unglaublich gut aus mit seiner schwarzen Jeans und dem weißen Hemd, die Haare wie immer verwuschelt und mir fällt ein, dass ich noch immer nicht hineingefasst habe. Das Bedürfnis danach wird größer und schnell schnappe ich mir mein Glas Wasser, um meine Finger zu beschäftigen.

Plötzlich kommt ein Kellner die Außentreppe hoch und trägt ein großes Tablett vor sich her. "Die Herren, die Vorspeise für Sie. Darf ich Ihnen einen Wein empfehlen?" spricht er uns nasal an und wir tauschen einen Blick aus.

"Dürfen wir uns unser Essen nicht selbst aussuchen?" fragt Alec und der Kellner schüttelt den Kopf. "Heute Abend servieren wir die Empfehlungen der Küche. Ab morgen dürfen Sie dann selbst entscheiden." Alec kratzt sich am Kopf. "Wenn das so ist, okay. Magnus, magst du Wein?" Er sieht mich fragend an. "Nur lieblichen." erwidere ich und Alec sieht den Kellner an. "Sie haben meinen Verlobten gehört, lieblichen Wein." Der Mann nickt und lässt uns alleine.

"So dominant?" grinse ich und er wird rot. "Ich mag das." schiebe ich hinterher und zwinkere ihm zu, was er mit einem Lächeln quittiert. Ich sehe auf die abgedeckte Vorspeise und dann wieder zu Alec. "Gleichzeitig?" frage ich ihn und er nickt.

Synchron nehmen wir die Hauben von unseren Tellern und ich starre die Suppe darin an. Es scheint eine Cremesuppe zu sein und in ihr schwimmen meine wahr gewordenen Albträume. "Pilze." kommt es da von Alec und erstaunt sehe ich ihn an. "Magst du keine?" frage ich und er schüttelt wild den Kopf. "Nein. Ihr Geschmack ist abartig und ihre Konsistenz......" ".....wabbelig und schleimig." beende ich seinen Satz. "Du magst sie auch nicht?" fragt er und als ich den Kopf schüttel, fangen wir beide an zu lachen.

"Und jetzt?" fragt er dann und ich zucke ratlos mit den Schultern. "Ich würde sagen, wir lassen es stehen und hoffen, die Hauptspeise ist besser." schlage ich vor. "Okay, denn das bekomme ich nicht runter. Was wäre das Schlimmste, was es als Hauptgang geben könnte?" fragt er dann und ich überlege.

"Lamm oder Kalb. Das mag ich nicht. Kombinationen aus herzhaft und süß bekomm ich auch nicht herunter. Wie ist es bei dir?" Er grinst. "Lamm ist okay, Kalb nicht. Ich mag auch kein Wild, denn irgendwie hab ich dann immer ein nettes Reh oder ein grunzendes Wildschwein vor Augen." Kurz schüttelt er sich. "Rosenkohl schmeckt mir nicht, Rosinen sind ekelig und Spargel ist auch nicht so mein Ding."

Fröhlich strahle ich ihn an. "Na siehst du, da haben wir ja jetzt einiges übereinander gelernt." resümiere ich und er lächelt ebenfalls. "Ich glaube, es gibt noch so viel mehr an dir zu entdecken und ich freue mich darauf." Er greift über den Tisch nach meiner Hand und drückt sie kurz. Wir sehen uns in die Augen und mein Herz schlägt wie verrückt.

Der Kellner kommt zurück und nimmt wortlos die unangetasteten Teller mit und stellt uns zwei Neue vor die Nase. Er schenkt uns beiden einen Weißwein ein und lässt uns dann wieder alleine. Beide sehen wir wieder auf die Teller. "Na los, bei drei. Eins, zwei, drei." sage ich und wir lüften die Hauben. Zu meiner Erleichterung finden wir dort ein Steak, Gemüse und Kartoffeln vor. "Das mag ich." stellt Alec fest und ich nicke zustimmend.
Während wir essen unterhalten wir uns weiter und ich fühle mich dabei so wohl, wie schon lange nicht mehr.

Beim Dessert, welches aus einer Himbeermousse besteht, werde ich neugierig. "Alexander, gibt es für dich ein absolutes No-Go in einer Beziehung, also Fehler, die ich unbedingt vermeiden sollte?" Nachdenklich schiebt er sich einen weiteren Löffel in den Mund und innerlich bete ich, dass er nicht beginnt, mit vollem Mund zu sprechen. Alec schluckt erst bedächtig seinen Nachtisch, bevor er anfängt auf meine Frage zu antworten und ich könnte ihn dafür küssen.

"Wie du weißt, habe ich nicht viel Erfahrung mit Beziehungen, also kann ich diese Frage gar nicht richtig beantworten. Solange du treu bist und dich nicht von deinem Chef flachlegen lässt." Er zuckt mit den Schultern und ich muss lächeln über seine Unerfahrenheit. "Treue ist ein wichtiges Gebot in einer guten Beziehung und ich verspreche dir, dich niemals zu betrügen und zu hintergehen. Ich bin ein sehr ehrlicher Mensch, Alexander."

Ernst sieht er mich an. "Das trifft sich gut. Ich stehe auf Ehrlichkeit. Was ist mit dir?" fragt er und ich verziehe das Gesicht. "Natürlich sind mir die großen Dinge, wie Treue, Vertrauen, Humor und so weiter, sehr wichtig, aber ich lege auch auf kleine Dinge großen Wert. Ich finde, man sollte sich immer wieder zeigen, wie sehr man den anderen wertschätzt und ich rede nicht von großen Liebesbekundungen. Oft sind es Kleinigkeiten, dem anderen einen Kaffee bringen, eine kurze Massage, gemeinsame Entscheidungen, kleine Nachrichten für den Partner. Verstehst du, was ich meine?"

Wieder greift er nach meiner Hand. "Ja, ich verstehe sehr gut, was du meinst." Wir verschränken unsere Finger miteinander. " Man darf nie damit aufhören, den anderen zu schätzen, sonst ist es schnell zu spät." Froh, dass er versteht, was ich meine, sitzen wir noch bis tief in die Nacht zusammen und ich merke erst, wie spät es ist, als Alec herzhaft gähnt. "Zeit zum Schlafen, Alexander." sage ich und er nickt. Zum Glück, hat das Kamerateam uns längst alleine gelassen und man hat uns versichert, dass im Haus keine Kameras angebracht sind.

Als ich endlich im Bett liege, starre ich die dunkle Decke an. Alec ist tatsächlich auf das Sofa ausgewichen und ich fühle mich schlecht dabei. Ich möchte ihn bei mir haben, bin mir aber nicht sicher, ob ich schon soweit bin. Irgendwann überwinde ich mich und hole tief Luft. "Alexander?" frage ich leise, aber ich bekomme keine Antwort und drehe mich schließlich um, damit ich einschlafen kann.

Ich träume wieder, es hält mich in der Dunkelheit gefangen und ich bekomme keine Luft mehr. Wild schlage ich um mich, versuche zu schreien, aber es geht nicht. Stattdessen wimmere ich immer wieder einen Namen.

Jemand umklammert mich von hinten und erst will die Panik mich übermannen, aber es fühlt sich anders an. Sicher, geborgen und warm. Die Bilder verschwinden, werden abgelöst von dem Bild von Alec und ich lasse mich fallen. "Ich bin da, Magnus." höre ich ihn an meinem Ohr flüstern und mit einem kleinen Seufzer schlafe ich traumlos weiter.

Love is blindWhere stories live. Discover now