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Als Alec nach Hause kommt ist es bereits spät am Abend. Er sieht müde und erschöpft aus. Seine Haare stehen wild in alle Richtungen ab. Allerdings habe ich die Vermutung, dass es bei ihm der Normalzustand ist. Denn bisher, habe ihn nicht anders gesehen. Seine Augen sind gerötet und er gähnt stark als er durch die Tür ins Wohnzimmer tritt. In den Händen hält er eine beige schwere Jacke mit mehreren Taschen, das dunkelbraune Shirt ist verschwitzt und liegt eng an seinem Körper. Mit der anderen Hand fährt er sich nervös durch die Haare.

Alec scheint mich noch nicht bemerkt zu haben. Ich sitze auf dem Sofa, ein Buch in den Händen und beobachte ihn dabei, wie er die Jacke sachte auf den Boden gleiten lässt. Seine schlanken Finger öffnen die Schnalle seines Gürtels und das Geräusch von Metall auf Metall löst eine Erinnerung bei mir aus, die meine Muskeln in sofortige Anspannung versetzen. Alec öffnet die Knöpfe seiner Hose, stoppt, greift in die seitlichen Beintaschen und holt sein Telefon aus der Tasche. Ich höre das stetige Brummen, das leuchtende Display erhellt sein Gesicht. Alec seufzt laut und verdreht die Augen.

"Izzy." sagt er müde. Izzy ist seine Schwester. Sie wird in den nächsten Wochen heiraten. Oder Tagen? Oder ist sie bereits verheiratet? Ich habe keine Ahnung. Wir haben nicht darüber gesprochen. Wie über so vieles nicht.
"Nein ich habe ihn nicht gefragt." höre ich Alec sagen und beobachte ihn dabei, wie er währenddessen die Hose von seinen Hüften schiebt. Einhändig. Seine Shorts rutscht dabei tiefer und legt seinen Hüftknochen frei. Alec klemmt sich das Telefon zwischen Ohr und Schulter und dreht sich leicht. Ruckartig schiebt er seine Hose von den Hüften über die Beine, bückt sich und versucht aus dieser zu steigen. Dabei präsentiert er mir sein wirklich ansehnliches Hinterteil und ich schlucke trocken bei seinen nächsten Worten.

"Warum ich ihn nicht gefragt habe? Tja wo soll ich anfangen? Er will mich nicht in seinem Leben. Ich bin hier nur geduldet. Für die nächsten Monate bin ich sein Mitbewohner. Danach geht jeder seiner Wege. Ich will mir nicht die nächsten Jahre deine Hochzeitsbilder anschauen und über ihn nachdenken müssen. Meine Entscheidung steht fest. Denn ich bin mir nicht sicher ob ich das ertrage."

Alecs Worte treffen mich schwer. Dieses Gespräch ist definitiv nicht für meine Ohren bestimmt. Nachdem Alec sich von seiner Hose befreit hat, legt er diese zu seiner Jacke und schiebt einen Arm durch sein Shirt. Es ist wirklich an der Zeit, dass ich mich bemerkbar mache. Aber ich kann nicht. Zu gebannt bin ich von der Show die sich mir hier bietet und seine Worte, hallen noch immer in meinem Kopf nach. Das Telefon wandert auf die andere Seite, das ausgezogene Shirt zu den restlichen Klamotten.

Nervöse Hände finden wieder ihren Weg in seine Haare und ich sehe, dass er sich wortwörtlich die Haare rauft.
"Izzy," sagt Alec plötzlich laut und sehr bestimmend. Ich zucke leicht zusammen und bin mir sicher, dass es seiner Schwester gerade genauso geht.
"Ich hatte einen langen Tag, eine kurze schlaflose Nacht. Und nein, dass lag nicht am Matratzensport mit Magnus. Ich bin müde und mein Rücken schmerzt. Lass uns morgen darüber reden okay? Die Dusche ruft bereits nach mir. Und ein großer Teller Pasta. Ich habe dich lieb Izzy."

Mit offenem Mund betrachte ich Alec und kann es kaum glauben. Dieser Mann ist unglaublich. Er ist so jung, aber seine Ausstrahlung lässt ihn älter wirken. Erfahrener.
"Grüße Simon von mir. Bis morgen Izzy. Übernehme dich bitte nicht ja? Machs gut kleine Schwester." Alec beendet das Gespräch und sammelt seine Sachen zusammen. Er geht geradewegs in das Badezimmer und kurz darauf höre ich das Wasser der Dusche rauschen. Eine Weile sitze ich einfach nur da und starre auf die Tür hinter der Alec verschwunden ist. Er liebt seine Geschwister. Und sie lieben ihn. Das kann ich spüren.

Geschwisterliebe ist ein kostbares Gut. Ebenso wie die Liebe von Eltern zu ihrem Kind. Beides hinterlässt ein Stechen in meinem Herzen. Ich wollte immer einen ganzen Stall voll mit kleinen Brüdern und Schwestern. Und die uneingeschränkte Liebe meiner Eltern.
Pasta. Alec hat sicher einen Mordshunger. Eine willkommene Ablenkung um die aufkommenden düsteren Gedanken zu vertreiben. Das Wasserrauschen dringt noch immer durch die Wände an meine Ohren. Meine Gelenke knacken als ich mich aus dieser nicht gerade gelenkschonenden Haltung erhebe in der ich mich seit einigen Minuten befinde.

Die Liebe zum kochen habe ich von meiner Mutter geerbt. Sie war als Staatsanwältin eine vielbeschäftigte Frau. Aber so oft ihre Zeit es zuließ, vollbrachte sie wahre Meisterwerke in der Küche. Bereits in jungen Jahren half ich ihr bei den Vorbereitungen und später auch beim Zubereiten. Es waren immer unbeschwerte Momente und diese schönen Erinnerungen verbinde ich gerne miteinander.
"Das riecht fantastisch." raunt Alec in mein Ohr und ich zucke erschrocken zusammen. Es ist noch nicht lange her, dass wir uns in einer ähnlichen Situation befanden. Alec steht dicht hinter mir und legt seine Hände auf meine Hüften. Ganz leicht, kaum spürbar. Aber für mich doch so unglaublich intensiv.

Der Geruch nach frischem Holz und Sägespänen, gemischt mit einer leichten Note seines arbeitsreichen Tages sind verflogen. Ersetzt durch das frische Aroma von Meer und Salz.
"Ich hoffe du magst Pasta." antworte ich. Es ist besser wenn Alec nichts davon weiß das ich sein Telefonat belauscht habe.
"Kannst du Gedanken lesen? Pasta stand für heute Abend ganz oben auf meiner Liste." antwortet er.
"Nein." sage ich lachend. "Aber Pasta geht immer."
"Bist du schon lange Zuhause? Ich habe dich gar nicht gehört." fragt Alec. Mittlerweile hat er sich von mir gelöst und auch wenn seine Berührung kaum spürbar war, stellt sich doch bald das Gefühl von Vermissen ein.

Ein Gefühl, dass ich lange nicht gespürt habe. Ein Gefühl, dass hier gänzlich fehl am Platze ist.
"Schon etwas länger. Setz dich. Lass uns essen und reden. Ich glaube, das ist längst überfällig." sage ich und Alec nickt.
"Das ist es. Und ich freue mich, dass du es auch so siehst."

What happened in Vegas - Plötzlich verheiratetWhere stories live. Discover now