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»Natasha, wir müssen schneller arbeiten. Sie haben beide Maximoffs«, dränge ich. Tasha studiert die Karte. »Ich weiß, Leni. Aber wir müssen trotzdem nach Berlin. Bloß war ich noch nie in dem Stadtteil, in dem das nächste Quartier liegt.« Es ist zum Haare raufen! Seit zehn Minuten stehen wir tatenlos hier rum und starren auf diese Karte. Ich hatte noch nie die Geduld, die meine große Schwester hatte. Doch gerade jetzt, wo es um meinen Mann und meine Schwägerin geht, bin ich absolut nicht ruhig. »Und wenn wir sie anders herauslocken?«, frage ich schnell. Mit gerunzelter Stirn blickt Tasha zu mir. »Was hast du vor, Selene?« Sie sieht mich streng an. »Wir können uns über Social Media an sie wenden. Was wäre, wenn wir ihnen vorschlagen, dass wir ihnen geben, was sie wollen, wenn sie und Wanda und Pietro zurückgeben? Wir könnten Hilfe von Mira bekommen«, schlage ich vor. »Sie haben was sie wollten, Leni. Jetzt gilt es, die beiden zu retten. Das dauert seine Zeit und es besteht eine 50-Prozentige Chance, dass wir zu spät kommen. Aber wir müssen es versuchen. Und zwar auf die altmodische Art und Weise. Alles in die Luft jagen und jeden zerquetschen, bis wir die Infos haben, die wir haben«, meint sie zähneknirschend. Seufzend stimme ich ihr zu. Es hat ja doch keinen Sinn mit einem klugen Kopf wie ihr zu diskutieren.

Der Flug bis nach Berlin scheint Ewigkeiten zu dauern. Definiert man dieses Ewigkeit, kommt man auf etwa 12 Stunden raus, doch jede Minute ist eine Minute zu viel. Letztendlich landen wir doch und machen uns gleich auf dem Weg zu dem Wald, in dem das nächste Quartier liegen soll. »Können die nicht einmal ein Haus mitten in der Stadt nehmen? Dann hätten wir eine Adresse uns gute Chancen, nicht vorher an Anstrengung zu sterben«, ächze ich, als ich über einen Baumstamm steige. Vor mich hin nörgelnd merke ich nicht, wie Tasha schließlich stehen bleibt. Stöhnend pralle ich gegen sie. »Hör auf dich zu verhalten wie ein Trampeltier. Wir kommen ihnen näher. Das letzte Mal haben sie in diesem Umkreis gewartet«, erklärt Tasha leise. »Wieso haben wir eigentlich Tony und Steve nicht weiter mitgenommen? Und wieso zur Hölle hast du den Umkreis gemessen, in dem wir angegriffen wurden?«, frage ich verwirrt nach. »Steve und Tony haben eine Pause verdient. Und weil es uns genau jetzt hilft. Jetzt halt endlich die Klappe Selene. Wir könnten jeden Moment angegriffen werden.« Ich entschließe mich dazu, wirklich den Mund zu halten und mich lieber aufmerksam umzusehen. Wer weiß, wen Tasha sonst noch so tötet, wenn ich nicht augenblicklich meinen Mund halte.

Wir kommen erstaunlich weit, ohne angegriffen zu werden. Misstrauisch werden wir bei jedem Schritt vorsichtiger, bis Natasha erneut stehen bleibt. »Sie sind tatsächlich ein wenig cleverer geworden«, zischt sie und weist auf den Boden. Ein Draht ist zwischen zwei Bäumen gespannt worden. »Wahrscheinlich Sprengfallen. Sie dachten wirklich, wir wären so dumm und fallen drauf rein«, belächelt sie die Falle. Wir steigen über den Draht und laufen behutsam weiter.

Schließlich kommen wir ohne Aufmerksamkeit zu erregen, an dem Quartier an. »Du machst die Klappe auf, ich werfe die Rauchbombe rein«, schlage ich vor. Natasha nickt und öffnet vorsichtig die Klappe. Schnell entsichere ich die Waffe und werfe sie durch die Klappe. Schnell schließt Tasha den Ein- und Ausgang wieder. Wir warten einige Minuten ab, bevor wir sie wieder öffnen und in das innere des Bunkers blicken. Abgesehen von den bewusstlosen Menschen sieht alles genauso aus wie bei den anderen Quartieren. »Na dann, lass uns einmal reingehen«, seufzt Tasha und steigt die Leiter hinab. Ich folge ihr kurz darauf und wir steigen über die ganzen Körper hinweg.

Wir kommen schnell zum Raum mit den Karten und platzen direkt in ein Gespräch von hohen Tieren bei Hydra. Bevor diese reagieren können, hat Natasha sie bereits erschossen. Nur einen von ihnen lässt sie am Leben. Mit erhobener Waffe läuft sie auf ihn zu. »Wo ist eurer Hauptquartier?«, fragt sie scharf. Doch der Mann zuckt bloß mit den Schultern. »Wo?«, fragt sie erneut, dieses Mal jedoch lauter. »Ich bin nur der Kellner, ich weiß es nicht«, meint er und fängt an zu schluchzen. Tasha seufzt, bindet ihn am Stuhl fest und betrachtet die Karte. »Dort ist das nächste Quartier. Wir kommen dem ganzen näher.« Sie durchsucht wild alle Schubladen. »Wusste ich es doch.« Fragend sehe ich sie an. »Es sind 7 Quartiere, inklusive dem Hauptquartier. Wir wissen nicht, wo sie sind, aber wir wissen, wie viele es sind. Das heißt, wir haben noch drei Quartiere vor uns, bevor wir zum Hauptquartier kommen«, erklärt Tasha. »Es sei denn, du erschießt das nächste Mal den Kellner und nicht jemanden, der uns Infos geben könnte«, meine ich ironisch und sehe zu dem verängstigten Kellner hinab. »Also, wo genau liegt das nächste Quartier?«, frage ich während ich auf die Karte blicke. »Russland«, stellt Natasha nach kurzem betrachten des Umrisses fest. Doch dann kneift sie die Augen zusammen. »Scheint, als wären deine Gebete erhört worden. Das ist unsere Heimatstadt.«

Flucht aus LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt