Kapitel 35

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Roxanas Sicht - am Flughafen

Asha und ich hatten in den letzten Wochen kein privates Wort gewechselt, nur im Unterricht wie Sport. Russisch habe ich abgewählt. Es ist den anderen mehr als unfair gegenüber und ich habe meine unfassbar heiße Lehrerin somit nurnoch 2 Stunden die Woche. Und während ich so in Gedanken bin, hätte ich fast verpasst mich zum Boarding zu begeben. Ich bin die letzten Wochen und Monate mehr Halbtod und Drauf durch die Gegend gewandelt, als das ich gelebt habe. Sagen wir es so, die Drogen sind alles andere als gut und alles andere als gesund und es war definitiv eine Erfahrung Wert, aber ich bin mir sicher, nochmal drauf zurückgreifen werde ich nicht. Mal abgesehen davon, dass der Scheiß teuer ist ohne Ende, ist es illegal und Anzeigen oder sogar Haftstrafen kann ich mir nicht leisten.

Kaum sitze ich im Flieger, bekomme ich eine Nachricht. Asha. Warum jetzt?!

A = Asha R: Roxana

A: Hey ...

R: Was gibt es?

A: Wo bist du? Mir macht keiner auf und ich will reden ... bitte!

R: Ich sitze im Flieger, Asha.

A: Sag bitte, dass es nicht wahr ist ...

R: *Bild* Doch, ist es.

A: Wann landest du?

R: Wenn nichts dazwischen kommt, lande ich gegen 16 Uhr.

A: Billig Flug auf 8 Stunden? Du tust mir leid ...

R: Kann ich mir anderes leisten?

A: Hab einen guten Flug ...

Ab da muss ich sowieso das Handy weg packen und ich bin froh, als der Flieger endlich auf das Rollfeld geschoben wird.

Seit 3 Stunden in der Luft. Ich muss sagen, ein unfassbar schönes Gefühl. Die Aussicht über der Wolkendecke ist einfach der Wahnsinn und alles sieht so unreal aus, man könnte denken die Wolken wären Zuckerwatte.

Als ich aus dem Flieger steige und seit mindestens 3 Jahren Mal wieder russischen Boden unter meinen Füßen habe, hätte ich den Boden küssen können. Mit einem relativ desinteressierten Blick mache ich mich auf den Weg zum Gepäckband.

Kaum stehe ich an der Luft, sehe ich meine Großeltern. Mit einem Lächeln gehe ich zu den beiden und stumm umarmen wir uns. Als ich dann aber merke, wie meine Oma leise weint, streiche ich über ihren Rücken und beruhige sie, wie mein Opa. "Ich habe euch vermisst" flüstere ich in der Gruppenumarmung und bin froh, so groß wie mein Opa zu sein. Oma ist allerdings gerade Mal 1,60m oder so klein. "Komm, die Familie wartet" sagt meine Oma und wir gehen zusammen zu deren Auto.

Am Abend

Vollgefressen bis oben hin liege ich im Gästezimmer meiner Großeltern und genieße die Ruhe. Tatsächlich war meine gesamte Familie da. Zwei Onkel, drei Tanten,  sechs Cousinen und  fünf Cousins. Es war ein wunderschöner Abend und ich bin unfassbar froh, wieder hier zu sein. Natürlich habe ich allen ein Gastgeschenk mitgebracht, was ich aber anmelden musste. Für meine Großeltern sehr guten Wein, für meine Tanten edlen Schmuck, für meine Onkel einen ordentlich deutschen Kräuterlikör, oder knapp, Jägermeister. Und die kleinen Zwerge haben allesamt Spielzeug, Süßkram und Geld bekommen. Jetzt bin ich zwar fast arm, aber ich habe zum Glück genug angespart, um auch meinen Brüdern was aus Russland mitzunehmen. Allerdings ruft Asha mich an und ich gehe ran.

A: Roxana, wie war dein Tag?

R: Asha, worüber willst du reden?

A: Über uns.

R: Ich dachte da wäre kein "Uns", hm?

A: Ich kann nicht ohne dich!

R: Es ist zu gefährlich und du musst immer meine Doppelidentität bedenken.

A: Ich würde mich damit abfinden ... mir ist in den letzten Tagen, Wochen, Monaten, so unfassbar viel klar geworden!

R: Was lässt dich daran festhalten, dass es nicht zu spät ist?

A: Du sprichst mit mir, liebevoll statt kalt. Deine Stimme zittert, wie meine. Du bist ehrlich zu mir, wie ich zu dir. Dich interessiert nicht, dass dich jemand angesprochen hat, du bist auf mich konzentriert.

R: Warte kurz!

Tatsächlich standen drei meiner kleinen Cousins im Zimmer. "Kommst du noch kurz? Wir wollen was spielen!" spricht Vladimir, der kleinste mit seinen 7 Jahren. "Geht runter und fangt schon einmal an, ich muss was wichtiges klären!" sage ich und alle drei verschwinden.

R: Entschuldige.

A: Geh runter, zu deiner Familie.

R: Nein, du bist gerade wichtiger als meine Familie.

A: Aber du bist extra hin geflogen ...

R: Und ich bin hier noch eine gesamte Woche?

A: Wollen wir es noch einmal versuchen? Roxana bitte ...

R: Asha, ich würde sofort zustimmen ... allerdings muss ich sagen, habe ich Angst nochmal von dir zurück gestoßen zu werden!

A: Ich verstehe dich! Bitte ... Roxana bitte verdammt!

R: Ich verlasse mich auf dich, Ash ... das weißt du. Und ich schwöre dir, ich sage dir absofort alles!

A: Ich danke dir für die zweite Chance, Roxana! Und ich schwöre dir, nicht sofort durchzudrehen und dich nicht zu verlassen!

R: Ich liebe dich, Ash. Das weißt du, oder?

A: Ich liebe dich auch!

R: Meine Oma steht in der Tür. Hab einen schönen Abend meine Schöne!

A: Viel Spaß mit deiner Familie, mein Engel.

Und da hat sie aufgelegt. Seufzend fahre ich mir durch die Haare und meine Oma setzt sich auf meine Bettkante. "Wer war das?" fragt sie und ich beginne leicht zu lächeln. "Sagen wir es so, es wäre zu früh das zu sagen. Aber vielleicht kommt sie das nächste Mal mit hierher" lächle ich, setze mich auf und nehme meine Oma in die Arme. Ich liebe sie. "Deine neue Freundin?" fragt sie und ich zucke grinsend mit den Schultern. "Komm, die Kinder wollen Spiele spielen" sagt meine Oma, steht mit mir auf und wir gehen zusammen runter.

Ashas Sicht

Mit einem typisch verliebten Grinsen sitze ich auf meinem Balkon, genieße die kalte Nachtluft und denke an meine Freundin. Ich wünschte, sie wäre bei mir. Oder ich bei ihr. Und mir ist aufgefallen, dass Roxana in den letzten Monaten alles andere als gut aussah. Ungesund Blass, große Pupillen, geschwollene Augen, einen unfassbar hohen Bewegungsdrang, sie hat viel geschwitzt und war irgendwie auch nie ganz bei der Sache. Und sie hat manchmal eine Tablette in der Pause genommen ... Moment Mal! Sag nicht, dass sie auf Ecstasy war! Schnell suche ich mein Handy, allerdings ist es bei ihr schon 3 Uhr in der Nacht und sie war seit ihrem "Gute Nacht, meine Schöne" auch nicht mehr Online. Es ist nur eine Stunde Zeitverschiebung zwischen Moskau und hier, allerdings hat sie sich den Schlaf mehr als verdient. Sie ist fast 24 Stunden wach und schläft wenn es hoch kommt 3 Stunden. Die Woche Moskau hat sie sich definitiv verdient, denn sie hat so unfassbar vieles durch, sie hat die Ruhe und die Zeit mit ihrer Familie definitiv verdient.

The Bandit Of HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt