1. Kapitel

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Die letzten Tage des Sommers wurden von einem kühlen Herbst abgelöst, der sich wie ein frostiger Schleier über die Ländereien von Hogwarts legte. Wann immer wir gemeinsam den Weg zu den  Gewächshäusern einschlugen konnten wir das gefrorene Gras unter unseren Schuhen knirschen hören. In Pflege Magischer Geschöpfe hatte Professor Kesselbrand sich in den letzten Wochen immer häufiger darauf verlegt den Unterricht in einem der leeren Klassenzimmer abzuhalten um uns und vor allem auch sich selbst vor der eisigen Kälte und den pfeifenden Winden zu retten, die immer häufiger um die Türme des alten Schlosses pfiffen. 

Heute waren die umliegenden Hügel von dicken Regentropfen verschleiert, die in gleichmäßigen Abständen gegen die Fenster des alten Klassenzimmers trommelten. Dieser gleichbleibende Rhythmus und die monotone Stimme Professor Bins trugen nicht unbedingt dazu bei die Müdigkeit aus meinen Knochen zu vertreiben um mich vor dem erneuten Einschlafen zu retten. Über der ganzen Klasse lag ein dunstiger Schleier aus Müdigkeit und ich war mir sicher das niemand auch nur geringstes Interesse am Thema der Stunde hatte. Merlin allein wusste was es überhaupt war. 
  Luce, die als einzige aus meinem Freundeskreis ebenfalls Geschichte der Zauberei weiterhin belegt hatte, war seit geraumer Zeit auch nicht mehr am Unterricht interessiert, selbst wenn sie zu Anfang noch aufmerksam gelauscht hatte. Noch niemand hatte es geschafft der verhexten Müdigkeit in diesem Zimmer gänzlich zu entkommen. 
  Sehnsüchtig erwarteten alle bereits seit Beginn wieder das Ende und den erlösenden Klang der Glocke. 
  Für heute war Quidditch Training angesetzt und ich konnte nicht sagen das ich mich besonders darauf freute bei diesem Wetter Zeit auf einem Besen zu verbringen, aber Alex war stur wenn es ums Training ging also würde ich kaum darum herum kommen. 

"Glaubst du das Wetter ist heute Abend besser?", wandte ich mich an Luce. Besagte warf einen skeptischen Blick aus dem Fenster, gegen welches noch immer munter fette Regentropfen prasselten. Sie schüttelte den Kopf. 

"Ich würde mir an deiner stelle keine zu großen Hoffnungen auf ein angenehmes Training machen", gab sie ihre Meinung kund. Ich konnte das kleine Grinsen auf ihren Lippen sehen, selbst wenn sie versuchte es nicht zu offensichtlich zu zeigen. 

"Jaja lach ruhig. Ich weiß ihr habt das Feld für morgen gebucht, da wird das Wetter wohl kaum besser sein", schnaubte ich gespielt beleidigt und vergrub mein Gesicht wieder in den Handflächen. 

Luce zuckte nur mit den Schultern, jetzt ein richtiges Grinsen auf den Lippen: "Du tust ja so als ob es ein Geheimnis wäre das wir morgen auch trainieren. Ist ja nicht so als ob ich es dir erzählt hätte."

Das Gespräch wurde über die letzten Minuten der Stunde nicht mehr fortgesetzt, was uns vermutlich beiden nicht schadete. Nachgeben war nicht unbedingt unser beider Stärke. Wir wurden letzendlich von dem lauten Klang der Glocke erlöst und als hätten wir alle Hummeln unterm Hintern sprangen wir von den stühlen und stürzten aus dem Klassenzimmer auf den Gang. 
  Mit einem Winken und Lächeln verabschiedete ich mich von Luce und machte mich auf den Weg zu Muggelkunde. Ein Fach das ich zumindest interessant nennen konnte. 

Die Stunden verstrichen plötzlich in einem rasanten Tempo und ehe ich mich versah befand ich mich schon durchnässt und mit vor kälte steifen Gliedern auf dem Quidditch Feld. Dem Regen war ein eisiger Wind hinzugekommen, der uns unerbittlich um die Ohren fegte. Trotz der schlechten Bedingungen verlief das Training gut. Alex hatte sich über die Ferien viele Gedanken über neue Taktiken gemacht und bevor wir unsere Besen bestiegen hatten ausführlich erklärt wie das ganze dieses Jahr aussehen würde. Unser erstes Spiel gegen Hufflepuff war für Mitte Dezember angesetzt. Zuvor würde Ravenclaw gegen Slytherin spielen. 
Die Spiele erwiesen sich manchmal als vertrickte Sache, wenn das eine über das andere Team siegte, denn es waren sowohl Freunde aus Ravenclaw als auch Slytherin immer wieder meine Gegner. Für gewöhnlich vermieden wir es über das Turnier zu reden und beschränkten uns, wenn das Thema auf Quidditch fiel, auf Taktiken und Lieblingsteams. Wenn es letztendlich zum spiel kam, war es schwierig um den heißen Brei herum zu reden. 

"Malea pass auf!"

Der Ruf kam viel zu spät. Eines der kleinen Biester von Klatschern kam aus dem regenschleier auf mich zugeschossen und ich konnte gerade so meinen Kopf retten. Mein Fuß allerdings blieb nicht verschont. Ich konnte das Knacken noch über das Trommeln des Regens hinweg hören und der jähe Schmerz ließ mich zusammenzucken. Für einen Moment verlor ich die kontrolle über den Besen und sackte gut zehn Meter Richtung Boden ab ehe ich mich wieder fing. 

"Oh Shit! Geht es dir gut?", fragte ein besorgter Jack, einer unserer Treiber, "Es tut mir wirklich leid Malea, ehrlich!"

Mit zusammengebissenen Zähnen hob ich zu einer schwachen Bewegung die Hand. "Ich hätte mich mehr aufs Spiel konzentrieren sollen..."

"Dein Fuß sieht komisch aus", bemerkte Jack unbehaglich. "Ihr Fuß ist gebrochen glaub ich!", schrie er dann so laut wie möglich zu Alex hinüber der bereits auf uns zugeflogen kam.

"Pass auf das sie richtig landet, wir bringen sie gleich in den Krankenflügel", wies er den noch immer schuldbewusst dreinschauenden Jack nicht gerade sanft an ehe er mit aller Kraft über das Spielfeld brüllte: "Schluss für heute!"

Mit viel Hilfe, mehr als ich für nötig befunden hätte, erreichte mein gesunder Fuß wieder festen Boden. 

"Sag den anderen wo wir sind und was passiert ist und wo wir hin sind. Ich bringe Malea zu Madam Pomfrey", ordnete Alex harsch an und ehe ich realisieren oder protestieren konnte, hob er mich hoch. Als wäre ich ein Kleinkind...

Aber ein Blick auf den seltsam verdrehten Fuß an meinem Bein ließ mir den Protest im Halse stecken bleiben und ich wandte rasch den Blick ab. Übelkeit stieg in mir hoch, während noch immer Wellen des Schmerzes durch meinen Körper jagten. 
  Mein Blick fiel auf Alex Gesicht, den Blick stur geradeaus gerichtet und die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. 

"Wirklich es war nicht seine Schuld Alex, hör auf so ein Gesicht zu ziehen", versuchte ich seine Wut zumindest etwas zu dämpfen. Es half nicht viel. 

"Dieser Idiot! Er hätte einfach besser zielen sollen. Er kann sich auf was gefasst machen! Dich zu verletzen und damit-", abrupt hielt er inne. Er blieb sogar stehen. Einige Sekunden starrte er unsicher in die Dunkelheit vor uns, schüttelte leicht den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung. 

"Und damit?", hakte ich mehr als verwirrt nach und musterte ihn. War er rot geworden? Oder bildete ich mir das nur ein weil ich vor Schmerzen nicht mehr klar denken konnte? Auf einmal wurde mir seltsam bewusst wie nah wir uns waren. Ich konnte durch die vom Regen durchnässten Sachen die Wärme seines Körpers spüren. Es fühlte sich nicht schlecht an.  

"Damit unser Spiel gefährdet".

Es klang nicht überzeugt. 

Auf seinen Wangen glitzerte unter den Regentropfen noch immer diese seltsame Röte. Ich schob es leichtfertig auf die Kälte und den anhaltenden Wind.

Ohne weitere Worte erreichten wir die beleuchtete Eingangshalle und Alex schlug den Weg zum Krankenflügel ein. 

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Licht in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt