Wichtelpäckchen 4 ✨

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Eine doch gelungene Bescherung

präsentiert von _Unabhaengige_

🎁 Braten · zitronengelb · Engelshaar · krümeln 🎁

"Ann", entfloh meinem Mann ein kleiner Seufzer. Er hasste es. Ich wusste, dass er mein Geschenk hasste.

Es lag an seiner gerümpften Nasen, wo sich die Augenbrauen zusammenzogen und sich eine kleine Falte an seiner Stirn bildete. Die Enttäuschung war groß, nicht nur seinerseits, sondern auch meinerseits.

Es hätte ihm gefallen sollen. Vor allem, weil ich lange genug für diese Tickets, einer noch nie zuvor gehörten Heavy Metal Gruppe, auf eBay mitgefiebert hatte. Am Ende konnte ich sie für einen unglaublichen Preis doch bekommen und jetzt mochte er mein Weihnachtsgeschenk nicht.
Vermutlich war mir die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, denn Cassidy nahm wohl mein abruptes Aufstehen, als Warnzeichen seines eigenen Weihnachtsdilemmas an.

"Schatz...", setzte Cassidy schnell an, dabei versuchte er meinen Unterarm bedacht zu fangen. Doch ich hatte einfach nicht das Bedürfnis, mit ihm über diese Tickets zu diskutieren. Selbst mein Hunger war vergangen, auch wenn ich für den Braten gefühlte Stunden in der Küche verbracht hatte. Ich lag den Tränen nahe. Ich wollte ihm eine kleine Freude bereiten, stattdessen habe ich ihm ein Geschenk ergattert, worauf er nicht einmal Lust hatte. Wie sollte man sich da noch fühlen?

"Es ist egal, Cassidy. Ich kann die Tickets auch auf eBay verkaufen." Schließlich hatte ich sie selbst dort ersteigern können. Cassidy gab es auf. Er wusste mit mir konnte man schwer eine Auseinandersetzung halten. Ich war nun mal sturrköpfig und dennoch fügte er immer wieder in den unpassendsten Momenten seine Meinung hinein.
"Das würde mir nicht gefallen."
Was würde ihm dann gefallen? Diese Band anscheinend nicht. Ich wollte ihn nicht fragen, auf welche er dann stand, denn gleichzeitig machte es mich zu einer schlechten, besten Freundin und gar Ehefrau. Ich kannte die Lieblingsband meines Mannes nicht! Das war selbst peinlich es anzudeuten.

"Es ist..."
... okay, setzte ich gedanklich fest, doch konnte es nicht aussprechen.
Es war anscheinend für ihn nicht okay gewesen. Sein fester Griff um meine Taille, die weichen Lippen auf meinen und der verführerische Männerduft, der mir täglich alle Sinne raubte, deutete auf eine gehetzte Entschuldigung hin und auch eindeutig eine schnelle Nummer auf dem Küchenboden. Ich war mit beidem zufrieden, denn dieser Typ konnte küssen und wie er küssen konnte.

"Würdest du mir mal zuhören?", beendete er den leidenschaftlichen Kuss mit einer Frage, die einen deutlichen Befehl widerspiegelte.
Er brauchte meine Zustimmung nicht. Ruckartig zuckte er einen weißen Kuvert, der amateurhaft mit einem grässlichen, zitronengelben Band dekoriert wurde, aus der Innentasche seines Jacketts.
"Ann", seufzte er mal wieder meinen Spitznamen aus.
"Ich liebe die Band und ich kann dir nicht sagen wie glücklich mich diese Tickets machen, aber..."
"Aber?", hackte ich nach und lies meine Augenbrauen zusammenziehen.

Als Antwort nickte er nur diesem Kuvert in meiner Hand zu. Man brauchte nicht das intelligenteste Wesen zu sein, um seine Geste zu verstehen. Langsam zog ich an dem Band und riss meine Augen, bei den zwei Beauty Tickets eines renommierten Beautysalons in Manhattan, auf. Ich wollte schon immer eine Beauty Kur machen, doch hatte weder die Zeit noch das Geld dazu gefunden. Und jetzt bekam ich es geschenkt. Ich wollte ansetzen...

"Freu dich nicht zu früh. Schau aufs Datum." In der Sekunde landeten meine Augen auf dem Datum des Tickets.
Unmöglich. Einfach unmöglich. Es war dasselbe Datum, an dem auch diese Heavy Metal Band spielen würde.
"Verstehst du jetzt, Ann? Ich hätte einfach ein schlechtes Gewissen nicht mit dir diese Beauty Stunden auszunutzen. Du verdienst diesen Tag und deswegen kann ich die Tickets nicht annehmen."

Mein Herz verabschiedete sich und wie es sich verabschiedete. Er hatte mich vor sein Glück gestellt. Ein besseres Geschenk hätte ich mir zu Weihnachten nicht gewünscht.
Langsam zog ich ihn aus seiner zwiegespaltenen Gefühlslage raus, in dem ich meine Arme um seinen Nacken warf und auf Zehenspitzen meine Lippen auf seine legte.

Ein "Ich liebe dich" und ein "Dankeschön", das sich in diesem vielsagenden, einfühlsamen Kuss wieder fand.
"Habe ich dir jemals gesagt, dass mein Herz nur für dich schlägt?" Cassidy zeigte mir sein übliches, spitzbübisches Lächeln.
"Ich kann es nicht oft genug hören."
"Wie gern ich das höre.", schnurrte ich gezielt, etwas wortkarg zu. Mein Hirn war anscheinend auf Stand-By Modus eingestellt. Ich konnte auch bei diesem Mann nicht anders. Er eroberte einfach meine vorhandenen Gehirnzellen auf verführerische Weise.

"Aber", schubste ich mich abrupt von seiner Brust, sodass ich ihm ins Gesicht blicken konnte.
"Du gehst auf dieses Konzert."
Natürlich. Mit was anderem würde ich nicht klar kommen.
Cassidy wollte protestieren, doch ich kam ihm zuvor.
"Ich gehe mit Julia hin. Kein Problem."
"Auch wenn Grace mit dabei sein wird?", zog er eine seiner Augenbrauen in Provokation hoch.

Ich musste Grace in Kauf nehmen. Grace, die Tochter meiner besten Freundin, die meinen Lieblingspullover, wortwörtlich auseinander genommen hatte, dank ihrer grandiosen Idee, einfach Brot auf dieses wertvolle Stück krümeln zu lassen, um Raben auf sich aufmerksam zu machen, war tatsächlich mit einem süßen Grübchenlächeln und einem Schwung ihres Engelhaars aus dem folgenden Hausarrest entkommen.
Ein 7-jähriges, intelligentes Beast.

Mit einem Schulterzucken nahm ich es locker auf.
"Sie wird schon nicht so schlimm sein.", hoffte ich zumindest.
"Bist du dir sicher?"
Heftig nickte ich meinem Mann zu. Ich war mir sicher. Einiges sicher. Dieser Mann war mein Traummann, ob Weihnachten oder nicht. Er verdiente seinen Spaß und den würde er die Nacht noch oft genug bekommen.

~

Weihnachtswichtelwusel 2020Where stories live. Discover now