Kapitel 6

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Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich nickte langsam. "Ja. Genau das war es." Ganz sacht drückte ich seine Hand. "Sie können also doch lesen."

Er verdrehte die Augen. "Und Sie sind doch tatsächlich so unausstehlich, wie Sie aussehen."

Ich lachte herzhaft. Als ich wieder zu ihm sah, war da wieder dieses Grinsen in seinem Gesicht, das ich vorhin auch beim Tanzen zu sehen bekommen hatte. Seine Augen funkelten in der Dunkelheit, der Mondschein warf seichte Schatten auf sein Gesicht - Er sah ganz anders aus, als der Prinz, den ich bei den vielen Empfängen gesehen, der mit all den Mädchen auf Bällen getanzt hatte. Wie hatte ich ihn nur je so unsympathisch finden können?

Thomas senkte den Blick kurz auf unsere sich noch immer berührenden Hände und räusperte er sich.

"Vielleicht sollten wir noch einmal von vorn anfangen?" Fragend sah er mich an.

Ich grinste, dann deutete ich einen leichten Knicks an und verneigte mich vor ihm. "Miss Ashley Maria Barthon, höchst erfreut Sie kennenzulernen, eure königliche Hoheit!" Ich sah auf, direkt in seine braunen Augen, die mich belustigt musterten.

"Die Freude ist ganz meinerseits." Dann hob er meine Hand zu sich und als seine Lippen meine Fingerknöchel berührten, setzte mein Herz einen Schlag aus. Keine Sekunde ließen seine Augen dabei von meinen ab. Das Geräusch, als sich seine Lippen wieder von meiner Haut lösten, jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken, genauso wie seine Stimme, als er gegen meine Finger hauchte: "Miss Ashley."

Das Ding in meinem Bauch begann immer schneller zu flattern, bis ich dachte mir würde schwindelig. Konnte das tatsächlich wahr sein? Hatte ich mich gerade... in den Prinzen...?

Thomas richtete sich wieder auf. Einen Moment lang sahen wir uns noch an, stumm wie die Blumen, die uns in ihre duftende Wolke hüllten, und die Bäume, die uns Schutz boten. Vor der Außenwelt. Den Menschen. Den Regeln. Wir durften beide nicht hier sein, ich noch weniger als er, und doch standen wir nun hier, Hand in Hand und ignorierten all das. In stillem Einverständnis.

Nach einer Weile machte Thomas eine ausladende Bewegung mit dem Arm und deutete mir so, weiterzugehen. Ich knickste leicht, er lachte beinah lautlos auf und dann gingen wir weiter. Meine Hand hatte er dabei nicht losgelassen und ich bemühte mich nicht, ihn darauf aufmerksam zu machen.

"Wenn Ihr euch nicht gerade von Bällen weg schleicht, was macht ihr dann am liebsten?"

"Ich lese."

"Und was lesen Sie?" An seiner Stimme war erkennbar, dass es ihn wirklich interessierte und er nicht nur höflichen Smalltalk betrieb.

"Alles. Ich schleiche mich gern in Vaters Arbeitszimmer und leihe mir Bücher aus. Klassisches, informatives aber am liebsten über die komplizierten und fragilen Gefüge der Wirtschaft."

"Wirtschaft, wirklich?" Er sieht mich erstaunt von der Seite an und ich nickte, den Blick jedoch weiterhin nach vorn gerichtet.

"Und was ist mit ihnen? Was machen Sie, wenn Sie nicht der Prinz sind?"

Ich sah ihn an und nun war er es, der den Blick auf den Weg gerichtet hielt.

"Wenn ich einfach nur ich bin?"

"Ja, wenn der Titel weg fällt und Sie nur Thomas sind?"

"Wenn ich allein bin beschäftige ich mich am liebsten mit Filmen und falls mein Vater mal etwas Zeit erübrigen kann, gehe ich gern mit ihm golfen."

Seine Hand strich über meine und wieder durchfuhr mich ein kleiner Schauer.

"Wie kommt man denn auf golfen? Ist das nicht eher... naja eher was für ältere Gesellen?"

"Ich werde jetzt gekonnt über spielen, dass Sie mich mit 70 jährigen verglichen haben. Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, woher es kam, aber seit ich denken kann, bin ich immer mit Vater golfen gegangen. Ist so ein Familiending, schätze ich."

"Das ist schön", sagte ich träumerisch. "Wir haben so eine private Art von Tradion nicht."

"Wer weiß, es kann ja noch viel passieren. Ihr Zukünftiger bringt das ja vielleicht mit."

Er sah mich an und ich konnte nicht anders als mich zu fragen, ob er es vielleicht sein würde. Wie es wäre, wenn er es wäre. Ob es das war, was er wollte. Ob er es mit Absicht angedeutet hatte.

Wir hielten den Blickkontakt und ich hatte langsam aber sicher das Gefühl in seinen Augen zu versinken.
"Ja das wäre schön." flüsterte ich.

Ich spürte seine Hand in meiner, war mir nur zu bewusst, wie nah wir an einander standen.
"Oh verdammt" flüsterte er, den Blick auf etwas hinter mir geheftet und dann zog er mich einfach mit sich, bis ich an einer breiten Säule lehnte.

In meinem Rücken befand sich ein malerisches Tor, welches in einen anderen Teil des Gartens führte.
Der Prinz stand ganz dicht vor mir, berührte aber weiterhin nur meine Hand.

Dann beugte er sich etwas vor, die Lippen nah an meinem Ohr und wisperte: "Da ist ein Wachmann, er sollte dich nicht erkennen, wenn er uns also gleich anspricht, dann drehe ich mich um und du versteckst dein Gesicht an meinem Rücken, okay?" Er lehnte sich wieder zurück und sah mich fragend an. Ich nickte stumm, nicht auszumalen, was mir blühte, wenn man mich hier fand.

Dann lehnte Prinz Thomas sich wieder vor und kam mir immer näher. Und näher. Nicht, dass ich mich bedrängt fühlte, aber ich hatte meine Prinzipien und so gab ich ihm einen leichten Stoß vor die Brust.

"Ey, was soll das? Ich knutsche nicht, wenn wir noch nicht beim Du sind." Funkelte ich ihn böse an. Er schaute mich in einer Mischung aus Empörung, Frust und Belustigung an.

"Ich hatte doch nicht vor, Sie wirklich zu küssen, Miss Ashley. Aber es muss schon halbwegs realistisch aussehen."

"Was muss halbwegs realistisch aussehen?", fragte eine mir unbekannte Stimme.

Und die Nachtigall singt | Tom Holland ffWhere stories live. Discover now