Kapitel 12

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Ich ließ den Kopf nach hinten gegen die weiche Kopfstütze sinken und starrte in das vorbeiziehende Wirrwarr aus dunklen Farben, die verschwommenen Schatten der Bäume, Hügel und Häuser, an denen wir vorbei sausten.

Und dann, wie aus heiterem Himmel, begann ich zu lachen. Es kam von ganz tief in mir, kroch dann langsam meinen Hals hinauf und wurde immer lauter, bis die Laute über meine Lippen fielen und die leicht stickige Luft um mich herum erfüllte. Ich lachte und lachte zum ersten Mal seit einer Ewigkeit und es fühlte sich gut an. Verdammt gut.

Auch unserem Fahrer schien es aufgefallen zu sein, aber er war diszipliniert genug, sein Grinsen zu verbergen. Ich bemerkte es trotzdem.

"Gilbert?"

"Sie wünschen, Miss Ashley?" Gilbert betrachtete mich im Rückspiegel. Ich grinste ihn breit an.

"Sein Sie so gut und fahren Sie einen Umweg nach Hause."

"Einen Umweg, Miss Ashley?"

"Ja, einen Umweg, Gilbert." Ich grinste noch breiter. "Und drehen Sie das Radio auf. Bitte!"

Er betrachtete mich noch einen Moment, dann zuckte er leicht mit den Schultern und griff zum Radio. "Ganz wie Sie wünschen, Miss Ashley."

Ich lachte wieder und als Gilbert die nächste Abfahrt hinunterfuhr, sprudelte ich vor guter Laune beinahe über.

"Ashley Maria Barthon!" Erschrocken fuhr ich hoch. Meine Augen mussten sich einen Moment an das Licht der hereinfallenden Morgensonne gewöhnen und ich brauchte einen Moment, um ganz in meinem Zimmer anzukommen. Mir blieb nicht einmal genug Zeit, die Bilder meines Traumes aus meinem Kopf zu verdrängen, als meine Mutter schon hineingestürmt kam, das sonst so blasse Gesicht rot vor Wut und die Arme wütend in die Seiten gestemmt.

"Guten Morgen, Mutter", gähnte ich und rieb mir verschlafen die Augen.

"Ich bin dermaßen enttäuscht von dir. Du hattest eine Aufgabe! Und dann schleichst du dich auch noch heimlich weg! Drei Mal! Meine Liebe, ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll. Eine solche Respektlosigkeit ist mir noch nie untergekommen! Weißt du eigentlich, wie sehr du mich blamiert hast? Wie sehr du deinen Vater blamiert hast? Dein Verhalten dem Prinzen gegenüber war unverschämt, inakzeptabel und gegen alles, was ich dir je beigebracht habe! Ich rate dir dringend, nächstes mal deinen hübschen Kopf anzustrengen und nachzudenken, bevor du etwas tust! So schlau solltest auch du sein, zu wissen, dass dem Prinzen gefälligst Respekt gebührt! Hast du denn gar nichts gelernt? Ich bin so enttäuscht!"

"Du wiederholst dich, Mutter", sagte ich und hievte mich genervt aus dem Bett. Was gab es schöneres als am Morgen mit einer solch liebevollen Standpauke geweckt zu werden? Meine Gedanken wanderten wieder zu Tom und wie gern ich jetzt neben ihm liegen, ihm in seine dunkelbraunen Augen blicken und mich darin verlieren würde. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.

"Werd jetzt ja nicht frech, mein liebes Fräulein", schnitt die scharfe Stimme meiner Mutter meine Gedanken ab und ich verdrehte die Augen. "Und dass du dich gestern einfach vom Ball geschlichen und dann auch noch mit Gilbert durch die Weltgeschichte gefahren bist, ist ebenfalls inakzeptabel! Ich habe Gilbert bereits für gestern das Gehalt gestrichen und ihn bis Ende der Woche nach Hause geschickt. Er wird natürlich nicht bezahlt."

"Was?!" Ich sprang auf. "Mutter, bitte! Ich habe ihn doch angewiesen, einen Umweg zu fahren! Es war meine Bitte, meine Idee, wenn dann bin ich Schuld! Bitte, Gilbert braucht das Geld und den Job. Er hat doch sonst schon nicht viel!"

"Gilbert hat seine Pflichten und die hat er verletzt. Genau wie du. Ich sollte dich eigentlich weitaus härter bestrafen, aber das kann ich mir gerade nicht leisten."

Und die Nachtigall singt | Tom Holland ffDonde viven las historias. Descúbrelo ahora