Kapitel 10

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"Sag mal, spionierst du mir nach, oder war das gerade Zufall, dass du ausgerechnet da auftauchst, wo ich bin?" Ich drehte mich zu Tom um. Er stand noch immer gegen den Tisch gelehnt und sah schmunzelnd zu mir hinüber.

"So in etwa." Ich sah mich um. Wir standen in einem riesigen Arbeitszimmer mit dunkel verkleideten Wänden und Bücherregalen, die bis kurz unter die reich verzierte Decke reichten. An der Ostseite ermöglichten riesige Fenster den Blick auf die weitreichenden Hügel, die hier und da durch vereinzelte Lichter erhellt wurden.

"Das war keine eindeutige Antwort." Wieder sah ich zum ihm. Diese Augen. Ich würde mich wohl nie an diesen Anblick gewöhnen. Im Licht sah er sogar noch besser aus als draußen in der schwachen Dunkelheit.

Trotzig hob ich den Kopf ein wenig. "Ich bin dir keine Antwort schuldig."

Er grinste, dann kam er langsam auf mich zu. Ich spürte, wie meine Beine zu zittern begannen, doch ich hielt den Kopf oben. "Eine Antwort nicht", sagte er und hob seine Hand an meine Wange, "Aber vielleicht einen Kuss?"

Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. "Aber nur weil du so lieb gefragt hast."

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn man nach einem Abend wie diesem, an dem man die ganze Zeit auf Absätzen so hoch wie die Stimme einer Sopransängerin durch die Gegend stolzieren und tanzen muss, nach Hause kommt und endlich diese vermalledeiten Schuhe ausziehen kann? Dieses Gefühl kalter Steinfliesen an den brennenden Fußsohlen und diese Erleichterung, die man genau dann verspürt? Und zwar nicht nur in den Füßen, sondern im ganzen Körper. Weil sich alles entspannt, der Kopf sich abschaltet und die gesammelte Anspannung des Tages einfach von einem abfällt wie ein Sack Kartoffeln.

Genauso fühlte es sich an, als ich seine Lippen auf meinen spürte. Ich entspannte mich vollkommen, ließ mich gegen ihn sinken. Nur sein starker Arm hielt mich aufrecht und die Hand in meinen Nacken, die meinen Kopf stützte. Er schmeckte so süß, dass ich sicher war, schon jetzt süchtig danach zu sein. Seine Berührungen waren sanft, schmeichelnd, und sein leises Seufzen brachte wieder alles in mir zum Kribbeln.

"Wir sollten niemals damit aufhören", raunte er und legte seinen Kopf gegen meinen.

"Dann tu's nicht", antwortete ich durch den Nebel, der sich in meinem Kopf ausgebreitet hatte, hindurch und küsste ihn wieder, etwas fordernder diesmal. Er seufzte wieder, sein Griff wurde fester und er stolperte langsam rückwärts. Der schwere Schreibtisch brachte ihn schließlich zum Stehen und gab mir die Chance, mich enger an ihn zu schmiegen.

"Ich glaube auch nicht, dass ich das jetzt noch kann."

Ich fuhr mit meiner Zunge über seine leicht geöffneten Lippen, vergrub meine Hände in seinen Haaren als er mich wieder küsste, mit den Fingern über meinen Rücken fahrend. Oh verdammt. Alle Ausreden halfen nichts mehr.

Ich war verliebt. Verliebt in den Prinzen Englands, verliebt in einen Mann, dem es bestimmt war, über all das, was ich mein Zuhause, meine Heimat nannte, zu regieren. Verliebt und das innerhalb weniger Stunden. Verliebt, obwohl ich ihn zuvor noch zutiefst verabscheut hatte. Ich, Ashley, war tatsächlich verliebt. Und so sehr ich es auch gewollte hätte - Ich hätte es nicht ändern wollen.

Er schob mich nach hinten, bis ich an einem Regal lehnte, seine Lippen schmiegen sich an meine. Wir drehten uns, sodass er am Regal lehnte und nun schmiegte ich nicht nur meine Lippen an seine, sondern meinen ganzen Körper. Seine Hände wanderten von meinem Rücken zu meine Hüfte und er hielt mich fest.

"Warte!" Er löste seine Lippen von meinen.

"Geht nicht", murmelte ich und drückte meine Lippen wieder auf seine. Er erwiderte den Kuss, aber seine Hände an meiner Hüfte drücken mich ein Stück von ihm weg.

Und die Nachtigall singt | Tom Holland ffDove le storie prendono vita. Scoprilo ora