26.🌹 KAPITEL

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Tennessee, Nashville; August 2016

Chloe

Immer noch stehe ich wie versteinert auf dem Gehweg vor dem Club. Ich höre Stimmengewirre um mich herum, doch sie dringen nicht bis zu mir durch. Nur das Rauschen meines Blutes ist in meinen Ohren zu hören.
„Miss Cambell?" Die dunkle Stimme des Mannes dringt wieder durch den Schleier.
„Was ist passiert? Geht es den beiden gut?" Meine Stimme überschlägt sich und nur schwer kann ich ein schluchzen unterdrücken.
„Die Küche ihrer Mutter hat gebrannt." Panisch atme ich ein. „Doch die beiden sind bis auf leichte Verletzungen unversehrt." Kurz spüre ich eine innere Erleichterung. „Sie sollten allerdings so schnell wie möglich herkommen." Rät mir der Officer.
„Ja. Ja, ich beeile mich." Damit drücke ich das Gespräch weg.
„Ich fahr dich." Neben mir taucht Alex auf, der mir anscheinend nach draußen gefolgt ist und das Gespräch mitbekommen hat. Sein Gesichtsausdruck ist undefinierbar und verwirrt blicke ich ihn an. „Ich habe nichts getrunken." Wischt er meine Bedenken weg. Nickend will ich ihm zu seinem Auto folgen, da ich so schnell wie möglich zu meiner Tochter und meiner Mutter möchte.
„Chloe?" Wir überqueren gerade die Straße, da Alex gegenüber des Clubs geparkt hat, als Miriams Stimme hinter mir ertönt. Ich drehe mich um und sehe ihren blonden Schopf auf mich zu eilen. Direkt hinter ihr Scott, Mason und Leyla.
Miriam springt in meine Arme.
„Was ist passiert süße?" Fragt sie besorgt.
„Bei meiner Mutter hat es gebrannt." Bringe ich mit zittriger Stimme heraus. Miriam reißt ihre Augen auf und schlägt sich auf den Mund. Daher füge ich schnell hinzu. „Den beiden ist nichts passiert. Nichts Schlimmes." Doch ich spüre immer noch wie meine Hände zittern und erst wenn ich beide in den Armen halte, glaube ich mir selbst.
„Gut ich komme mit." Ich nicke nur, als Scott hinzufügt.
„Wir folgen euch."
Ich steige zu Alex ins Auto. Während ich ihm den Weg erkläre, werde ich zunehmend unruhiger. Nervös knete ich meine verschwitzen Hände. Hoffentlich geht es beiden gut.

Als wir in die Straße biegen, in der meine Mutter wohnt, sehe ich schon von weiten die blauen Lichter der Rettungsfahrzeuge. Die gesamte Straße wurde mit einem Absperrband abgetrennt und eine Handvoll Fahrzeuge blockieren die Durchfahrt. Obwohl es schon weit nach Mitternacht ist, stehen Schaulustige in ihren Bademänteln draußen und beobachten das Szenario.
Bevor Alex das Auto zum Stillstand bringt, springe ich schon heraus und haste auf die Rettungswägen zu. Ohne auf die rufe zu achten, durchbreche ich das Absperrband und sprinte auf meine Tochter zu, die ich auf einer Liege sitzend vorfinde.
„Kiara." Rufe ich und sie wendet ihren Kopf zu mir.
„Mama." Ohne auf die Sanitäterin zu achten, die vor ihr Kniet, springt sie hinaus und läuft auf mich zu. Schluchzend stürzt sie sich in meine Arme und verbirgt ihren Kopf an meinem Hals. Erleichtert, gehe ich mit ihr in die Knie und streiche ihr beruhigend über den Kopf.
„Ist alles okay? Bist du verletzt?" Sachte schiebe ich sie von mir und betrachte sie.
Sie trägt ihren Elsa Schlafanzug und ihre Haare sind offen und verwuschelt. Ihre Wangen sind feucht von den Tränen und auch ein wenig Rußig ist ebenfalls darauf. Doch so erkenne ich keine weiteren Verletzungen. Vorsichtshalber taste ich ihren kleinen Körper ab und bin erleichtert keinen Schmerzlaut von ihr zu hören.
„Mir geht es gut, Mama." Sie drückt sich wieder an mich und verbirgt ihren Kopf an meiner Schulter.
„Gott sei Dank." Stoße ich erleichtert aus.
„Ich gehöre zu ihr." Miriams Stimme ertönt hinter mir und mit meiner Tochter auf dem Arm, erhebe ich mich.
„Kann sie durch?" Frage ich die Beamtin und zögerlich lässt sie meine Freundin durch. Diese kommt sofort auf uns zu und streicht Kiara eine Strähne aus dem Gesicht.
„Süße, geht es dir gut?" Anstelle zu antworten, nickt sie nur. Miriam drückt ihre einen Kuss auf die Stirn, als ich meine Mutter hinter mir höre.
„Was machen sie hier? Warum kann ich nicht in meine Wohnung?" Schnell wende ich mir ihr zu. Sie steht ebenfalls im Morgenmantel eingepackt, der ihr bis zu den Waden geht, bei einem leicht überforderten Feuerwehrmann. Plüschige Pantoffeln bedecken ihre nackten Füße.
„Ma'am. Sie können da noch nicht rein." Schnell gehe ich auf die beiden zu.
„Aber das ist meine Wohnung." Schimpft sie weiter und deutet nach oben. Immer noch mit Kiara auf meinem Arm, die sich wie ein Äffchen an meinen Hals klammer, streiche ich meiner Mutter über den Arm.
„Mom." Verwirrt dreht sie sich um und blickt mich an.
„Warum kann ich nicht in meine Wohnung?" Stellt sie mir nun die Frage.
„Mom. In deiner Wohnung hat es gebrannt. Du kannst da nicht rein, bevor nicht alles sicher ist." Immer noch blickt sie mich verwirrt an.
„Es hat gebrannt?" Fragt sie verdutzt nach und ich bemerke wie schlecht es ihr heute geht.
„Miss Cambell?" Eine Männliche Stimme hinter mir fordert meine Aufmerksamkeit. Ein größerer Mann in blauer Polizei Uniform steht direkt vor mir. Er ist schlank und kräftig. Seine schwarzen Haare sind mit grauen Strähnen Meliert.
„Ja?"
„Mein Name ist Officer Mitchell. Ich hatte sie angerufen. Können wir kurz reden." Ich nicke nur, während ich meiner Tochter immer noch beruhigend über den Rücken streiche.
„Kann sich jemand um meine Mutter kümmern." Officer Mitchell winkt einen Sanitäter herbei, der auf meine Mutter beruhigend einredet, während er sie Richtung Rettungswagen schiebt.
„Was ist passiert?" Frage ich den Officer.
„Laut der Feuerwehr, war der Brandherd in der Küche. Wahrscheinlich wurde der Ofen angelassen und etwas leicht Entflammbares lag obenauf." Er macht eine kurze Pause und blickt in Richtung meiner Mutter, bevor er weiterspricht. „Lebt ihre Mutter allein?"
„Ja. Meine Tochter war nur für heute Abend bei ihr."
„Hören sie. Ich will mich ja nicht einmischen. Aber ihre Mutter wirkt sehr verwirrt. Laut Leitstelle, kam der Anruf über den Brand von ihrer Tochter." Spricht er leise zu mir und deutet auf Kiara, die mittlerweile auf meinem Arm eingeschlafen ist. Die Aufregung hat sie müde werden lassen, dass sie sogar bei dem ganzen Trubel um uns herum tief und fest schläft.
„Ich weiß. Meine Mutter ist dement. Ich werde mich darum kümmern." Ich fahre mir über die Stirn. Abermals blicke ich zu meiner Mutter, die sich gerade mit Händen und Füßen, gegen die Sanitäter wehrt. Doch bevor ich überlege zu ihr zu gehen, sehe ich Miriam, die beruhigend auf sie einredet. Daher wende ich mich wieder dem Officer zu.
„Ab wann können wir wieder in die Wohnung?"
„Laut der Feuerwehr morgen."
„Danke, Officer." Lächelnd verabschiedet er sich, bevor er geht.
Miriam kommt auf mich zu.
„Laut Sanitäter hat deine Mutter keine Verletzungen. Aber sie soll morgen nochmal zu Kontrolle ins Krankenhaus." Besorgt sieht sie mich an.
„Danke Miri." Schnaufend blicke ich durch die Menge, die sich langsam auflöst, da es nichts Spannendes zu sehen gibt. Da entdecke ich Alex der gerade sein Gespräch mit einem Feuerwehrmann beendet. Unsere Blicke treffen sich und sofort wird mir warm ums Herz. Langsam kommt er auf mich zu und bleibt direkt vor mir stehen.
„Alles gut bei dir und deiner Tochter." Schwer schluckend nicke ich. Ist denn überhaupt irgendwann der Richtige Zeitpunkt?
„Ja. Sie ist unverletzt." Ein lächeln schleicht sich auf seine Lippen.
„Soll ich euch nach Hause fahren?" Abermals nicke ich.
„Das wäre nett." Ich blicke in seine Augen und sehe Mitgefühl.
„Soll ich mitkommen?" Meine Mutter steht mit Miriam neben uns.
„Wo fahren wir den hin?" Fragt meine Mutter verwirrt.
„Zu mir nach Hause, Mama." Anschließend wende ich mich zu Miri. „Ich glaube besser nicht. Kannst du morgen kurz vorbeikommen?" Sie nickt und küsst erst mich auf die Wange, dann meine Schlafende Tochter.
„Bis morgen süße." Damit verschwindet sie in Richtung Scott, Mason und Leyla, die mir noch lächelnd winken, bevor sie davon Fahren.
„Mrs. Cambell. Darf ich ihnen helfen?" Alex lächelt meine Mutter breit an, die sofort von seinem Lächeln verzaubert ist. Das Grübchen ist wiederaufgetaucht, als er ihr seine Hand anbietet.
„Oh, wie aufmerksam von ihnen." Sie ergreift seine Hand, während ich mir ein Schmunzeln, über die Szene, verkneife. Meine Mutter mit wirren Haaren und Plüschschuhen, an Alex Arm, der mit Hemd und Jeans einfach wieder viel zu gut aussieht.
Ich folge den beiden zu seinem Auto.
Umständlich steige ich hinten ein und lege Kiara auf meinen Schoß.

Zuhause angekommen, öffnet mir Alex die Autotür.
„Warte. Ich helfe dir." Behutsam nimmt er mir die immer noch schlafende Kiara aus dem Arm. Sie sieht so klein in seinen starken Armen aus. Ich helfe meiner Mutter, während Alex Kiara nach oben bringt. Dabei muss ich mir die Tränen verkneifen. Der Tag zerrt an meiner Energie und Alex mit meiner Tochter...Nein, mit unserer Tochter zu sehen, gibt mir fast den Rest.
In meiner Wohnung angekommen, blickt mich Alex fragend an und ich deute ihm den Weg ins Schlafzimmer. Vielleicht muss ich ihm alles nicht mehr sagen. Vielleicht erinnert er sich an meine Wohnung. Vielleicht kommen seine Erinnerungen zurück.
Ich beobachte ihn, wie er Kiara vorsichtig ins Bett legt.
„Danke dir." Flüstere ich leise und decke sie zu.
Mein Blick gleitet zu ihm, wie er in meinem Schlafzimmer steht und sofort werde ich sieben Jahre zurück teleportiert. Seine Einnehmende Präsenz, wie er den Raum mit seiner Aura einnimmt. Sein durchdringlicher Blick auf mir. Die Starke Brust die sich hebt und senkt. Die Sinnlichen Lippen aufeinandergepresst und diese blauen Augen, die mich an das Eis erinnern.
Kurz blickt er sich um. Doch sollte er sich an diese Nacht Erinnern, zeigt er es nicht. Seine Miene ist ausdruckslos und sein Ausdruck nichtssagend.
„Ich sollte jetzt gehen." Damit dreht er sich um und lässt mich verwirrt zurück. Wie einfach wäre es, ihm jetzt alles zu sagen. Ich müsste ihm nur nachlaufen und ihm alles gestehen.
Meine Füße bewegen sich und eilig verlasse ich das Schlafzimmer.
„Alex..." Er dreht sich an der Tür nochmal um. Direkt vor ihm stehend blicke ich ihn an. Öffne meinen Mund und schließe ihn anschließend.
Ist es wirklich so einfach? Einem Mann, der zugleich mein Chef ist, zu sagen das er eine sechsjährige Tochter hat? Das er mir seit unserer gemeinsamen Nacht, vor sieben Jahren, nicht mehr aus dem Kopf geht? Das für mich das Wochenende bei seinen Eltern mehr als nur ein Schauspiel war? Das ich mich in ihn verliebt habe?
Ein kleines Lächeln huscht über seine Lippen und lässt meine Knie weich werden. Er beugt sich zu mir herab und als ich denke er küsst mich, haucht er mir einen Kuss auf die Wange.
„Gute Nacht Chloe." Damit dreht er sich um und zieht die Tür hinter sich zu. Verdutzt stehe ich immer noch direkt vor meiner Haustür und blicke diese an. Meine Hand berührt meine Wange und ich spüre wie die Hitze durch meinen Körper zieht, bevor mein Bauch zu kribbeln anfängt.
„Er ist ein netter Junger Mann." Meine Mutter taucht neben mir auf und lässt mich zusammenzucken. Gott sie habe ich fast vergessen.
„Mom. Er ist mein Chef." Sie lächelt allwissend, erwidert aber nichts. Es kommt mir so surreal vor, sie lächelnd in meiner Wohnung stehen zu sehen, als wäre heute nichts passiert. „Wir sollten schlafen gehen. Es ist schon spät. Leg dich doch zu Kiara ins Schlafzimmer. Ich schlafe auf der Couch."
Nickend verschwindet sie im Angrenzenden Raum und lässt mich und meine verwirrten Gefühle alleine zurück.

Fateful Night - Für immer verbundenWhere stories live. Discover now