Kapitel 2

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Marie

Und dann war es endlich soweit. Es war Donnerstag und heute Abend würde der Ball stattfinden. Lena kam am Nachmittag vorbei, denn wir wollten uns gemeinsam fertig machen. Gerade frisch geduscht öffnete ich ihr die Tür und begann dann direkt, meine glatten braunen Haare zu locken, denn das würde eine ganze Weile dauern und eine Menge Haarspray benötigen. Währenddessen breitete Lena ihre Sachen in meinem Wohnzimmer aus und kochte für uns Nudeln mit Tomatensoße, da wir beide schon wieder mal Hunger hatten und noch etwas essen wollten, bevor wir später losgingen.
Nach dem Essen kümmerte sich Lena dann auch um ihre Haare, was wesentlich weniger aufwändig war als bei mir, da sie ihre blonden Locken nur etwas in die richtige Form stecken wollte. Währenddessen fing ich schon einmal an, mich zu schminken. Allerdings wollte ich es nicht übertreiben, da ich absolut kein Fan davon war, sich Tonnen an Make-Up in Gesicht zu schmieren. Ich tuschte also meine Wimpern, trug dezent Lidschatten auf und entschied mich für einen Lippenstift in einem natürlichen Rosaton. „Lena, meinst du, ich kann das so lassen oder sieht das doof aus?“, fragte ich meine beste Freundin doch etwas unsicher nach ihrer Meinung. Sie musterte mein Gesicht, bevor sie antwortete: „Mach dir doch nicht immer so viele Gedanken, du siehst toll aus.“ „Ja klar…", erwiderte ich darauf nur etwas ungläubig. Ich war einfach immer etwas unsicher und mein Selbstbewusstsein könnte definitiv größer sein. Mir war auch bewusst, dass mein Aussehen eher durchschnittlich war, aber das störte mich eigentlich nicht. Ich war mit meinen 1,78 m nicht unbedingt die kleinste, aber ziemlich schlank. Ich hatte lange braune Haare, welche mir etwa bis zur Brust reichten, und trug ab und an eine Brille. „Ach Marie...“, seufzte sie daraufhin nur.
Nachdem wir nun beide soweit fertig waren, zogen wir endlich unsere Kleider an. Mein ärmelloses Kleid war dunkelblau, Träger und Dekolleté waren aus Spitze und es war obenrum relativ figurbetont, während der Rock meine Figur locker umspielte und mir etwa bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Dazu hatte ich mir hellgraue Ballerinas ausgesucht, welche ganz gut dazu passten und super bequem waren. Ich zog eigentlich nie hohe Schuhe an, die waren mir einfach zu unbequem. „Oh wow, dein Kleid ist echt richtig schön. Und es steht dir super gut", kam sofort Lenas Reaktion, als sie mich sah. „Danke, ich fühle mich auch richtig wohl in dem Kleid", strahlte ich, „aber du siehst auch echt toll aus.“ Sie hatte ein langes hellrosa Kleid mit Spaghettiträgern an, welches ihre auch recht schmale Figur betonte. Dazu hatte sie ziemlich hohe Sandaletten an, in denen ich mir wahrscheinlich die Füße brechen würde.
Da wir nun soweit fertig waren, schnappten wir noch unsere Handtaschen und machten uns dann auf den Weg zur Location, welche zu Fuß etwa 15 Minuten von meiner Wohnung entfernt lag. Dort angekommen, sahen wir schon Hannah und Sophia in der Schlange am Eingang stehen und gesellten uns zu ihnen. Als um 18 Uhr der Einlass begann, kamen wir recht schnell rein und suchten uns für den ersten Teil des Abends gute Plätze im Saal. Denn bevor später richtig gefeiert und getanzt wurde, gab es traditionell ein zwei- bis dreistündiges Programm, welches die Studenten des Abschlussjahrgangs einstudiert hatten. Es war sozusagen deren Abschlussball. Meine Freundinnen und ich waren gerade erst im 6. Semester, somit hatten wir glücklicherweise noch etwas Zeit bis dahin und konnten noch eine Weile das Studentenleben genießen. Wir entschieden uns für einen Tisch etwas am Rand und im hinteren Teil des Saals, von wo aus wir aber trotzdem einen guten Blick auf die Bühne hatten. Während Lena und Sophia für uns Getränke holen wollten, besetzten Hannah und ich schon unsere Plätze. So langsam füllte es sich und ein paar Leute aus unserem Semester gesellten sich noch an unseren Tisch.
Als dann kurz darauf unsere Freundinnen mit den Getränken wiederkamen und alle im Saal ihre Plätze eingenommen hatten, ging es auch schon los. Es wurde eine wirklich vielseitige Show präsentiert. Es gab verschiedene Tanzgruppen, der Chor sang bekannte und umgetextete Lieder und sogar die Professoren wurden auf lustige Art und Weise einbezogen.
Als später dann der offizielle Teil des Abends vorbei war, gingen schon die ersten Paare direkt auf die Tanzfläche. Wir blieben erst einmal an unserem Tisch sitzen, bestellten uns neue Getränke und unterhielten uns über die Show. Irgendwann kam Tim, welcher auch in unserem Semester studierte, und fragte, ob jemand mit ihm tanzen würde. Da wir alle wussten, dass Sophia insgeheim auf ihn stand, ließen wir ihr natürlich den Vortritt und hofften, dass sich die beiden vielleicht doch mal näherkommen würden. Auch Hannah und Lena hatten Lust zu tanzen und versuchten auch mich davon zu überzeugen. Ich wollte allerdings nicht so recht, da ich gar keine Standardtänze konnte und auch sonst eher zurückhaltend war beim Tanzen. „Ich glaube, ich bleibe erstmal hier, aber ihr könnt ja schonmal zur Tanzfläche gehen. Ich komme dann später nach“, meinte ich nur und lächelte die beiden an. „Aber dann sitzt du doch hier ganz allein rum. Das ist doch auch doof“, erwiderte Hannah. „Ach quatsch. Hier sind doch genug Leute, die ich kenne, ich setz‘ mich einfach irgendwo dazu. Ihr müsst nicht wegen mir den ganzen Abend hier rumsitzen, nur weil ich keinen Bock aufs Tanzen hab", antwortete ich darauf nur. Damit gaben sie sich zufrieden und machten sich nun auch auf den Weg zur Tanzfläche. Ich beobachtete meine Freundinnen eine Weile beim Tanzen, während ich mich zwischendurch ab und zu mit einigen meiner Kommilitonen unterhielt. Als ich kurz darauf wieder allein an unserem Tisch saß und mir gerade etwas Neues zu trinken holen wollte, hörte ich plötzlich schräg hinter mir jemanden fragen: „Hey, du sitzt so allein hier rum. Was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?“ Ich brauchte kurz einen Moment, bis mir klar wurde, dass ich die einzige war, die hier allein saß und dass die Frage somit an mich gerichtet sein musste. Ich drehte mich also um und sah einen relativ großen Typen mit verwuschelten braunen Haaren an meinem Tisch stehen, der mich freundlich anlächelte. Ein wenig überfordert mit der Situation antwortete ich: „Äh… ja gerne, setz dich ruhig…“ und lächelte ihn auch vorsichtig an. Ich fragte mich, warum er sich ausgerechnet zu mir setzen wollte, denn eigentlich war ich immer eher unauffällig und wurde auch gerne mal übersehen. Insgeheim war ich aber auch neugierig, wer er war, denn ich hatte ihn vorher noch nie gesehen. „Ich bin übrigens Marie", fügte ich meinem Gestottere von eben dann noch hinzu. Er setzte sich neben mich und stellte sich ebenfalls vor: „Moin, ich bin Wincent.“

Seit du bei mir bist, bin ich wieder ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt