19.07. 00:56 Uhr

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Es ist stockdunkel als sie sich auf den Rückweg machen. Mitvorsichtigen Schritten tasten sie sich langsam den Weg zurück. Zweimal wäre Louis fast ausgerutscht, aber Harry hat immer im richtigen Moment seine großen Hände um ihn geschlungen. Dabei ist ihm auch ein kleines Kreuztattoo an seiner linken Hand aufgefallen. Heiß.

Es ist abgekühlt, Louis hat Gänsehaut am ganzen Körper, ist sein Outfit jetzt doch viel zu kurz. Er wünscht sich in die Wärme seines Schlafsackes, auch wenn das bedeutet, getrennt von Harry zu sein, nach dessen Berührungen er sich immer noch sehnt. Er sieht aber auch unverschämt gut aus. Ein bisschen wie ein lebendiges Kunstwerk oder Gemälde einer anderen Epoche.

Louis stößt die Luft kraftvoll aus seinen Lungen, in der Hoffnung, dass sich der kleine weiße Rauch bildet. Innerlich lacht er über sich selbst, ist es doch offensichtlich, dass es dafür viel zu warm ist. Er sehnt sich ein bisschen nach dem Winter und Schnee, Spekulatius und Glühwein, obwohl es ein Treffen mit seiner Familie unausweichlich macht.

„Du erzählst doch den anderen nichts von unserer Unterhaltung, oder?".

„Nein. Aber du solltest mit deinen Freunden darüber reden". Viel mehr sprechen sie nicht. Louis fühlt sich nicht mehr so bedrückt wie in den letzten Wochen, aber auch noch lange nicht gut. Er will immer noch nicht mit seiner Familie drüber sprechen, er hat immer noch nicht die Energie sein Studium endgültig abzubrechen, aber er will es vielleicht ein bisschen mit der Musik versuchen. Wenn es nicht läuft, kann er einfach wirklich weiter studieren, weil er ja nicht exmatrikuliert ist.

„Harry?", fragt Louis, als sie wieder auf der Wiese des Campingplatzes angekommen sind mit leiser Stimme.

„Ja, Louis?".

„Danke, dass du mir zugehört hast. War vielleicht doch nicht die schlechteste Idee, jemandem davon zu erzählen". In den Lagern der beiden brennt schon kein Licht mehr, als sie endlich wieder ankommen. Louis blickt nervös auf den Boden, hat keine Ahnung, wie er sich nun verhalten soll. Die Entscheidung wird ihm abgenommen, als der Größere Louis mit seiner linken Hand auf dessen Rücken an sich zieht und mit der anderen Louis Kopf gegen seine Schulter drückt. Auch der Kleinere schlingt seine Arme um  ihn. Kurz blieben sie so stehen.

„Dann gute Nacht, Louis. Wir sehen uns morgen, denke ich", verabschiedet Harry sich mit einem Grinsen auf seinem Gesicht.

„Schlafgut, Harry". Louis atmet einmal unauffällig den herben Geruch von Harry ein. Die beiden lösen sich voneinander und krabbeln jeweils in ihre eigenen Zelte.

Erzieht sich entschlossen die Hose aus, obwohl es dadurch noch ein bisschen kälter wird, bevor er sich in seinen Schlafsack schlingt und darauf wartet, dass ihm wohlig warm wird.

Louis wirf noch einen kurzen blick auf sein Handy, welches er den ganzen Tag einfach wahllos im Zelt liegen lassen hat. Zwei verpasste Anrufe und etliche Nachrichten von seiner Schwester und dem hartnäckigsten seiner Kommilitonen. Kurz überlegt er, ihnen zu antworten, aber verwirft den Gedanken direkt wieder. Er weiß nicht, was er ihnen sagen sollte. Die Wahrheit kommt für ihn definitiv nicht in Frage. Zumindest noch nicht.



Camping - L.S.Where stories live. Discover now