18.07. 23:17 Uhr

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Louis und Harry laufen schweigend den Weg, den er am Morgen schon mit den anderen beiden gelaufen ist. Es ist ein bisschen rutschig auf dem Trampelpfad, aber beide können sich trotz des konsumierten Alkohol erstaunlich gut auf ihren Beinen halten. Da er sich keine Zigarette anzünden möchte, kaut er nervös auf seinem Daumennagel. Harry kann das zum Glück nicht sehen, da es zum einen dunkel ist und Louis zum anderen vor ihm läuft.

„Wie lange bleibt ihr eigentlich noch, Louis?".

„Morgen ist der letzte ganze Tag, die anderen schreiben noch Klausuren und müssen spätestens Mittwoch wieder in der Uni sein".

„Und du nicht?". Er klingt interessiert, nicht anklagend. Dennoch gibt Louis keine Antwort. Sie kommen bei der Klippe an, Louis lässt sich direkt erschöpft ins Gras schauen und schaut in den dunklen Himmel. Vereinzelt kann er die Sterne leuchten sehen.

Harry murmelt ein leises „Wow" und legt sich dann neben Louis. So nah, dass ihre Handrücken sich ganz leicht berühren und Louis den anderen atmen hören kann. Lange Zeit liegen sie einfach nur so da und starren vor sich hin.

„Willst du mir nicht erzählen, was mit dir los ist? Es sieht doch jeder Blinder, dass etwas nicht stimmt".

„Wir kennen uns doch gar nicht. Und außerdem ist auch alles in Ordnung".Harry lacht humorlos auf.

„Nichts für ungut, aber so viel wie du die letzten Tage geraucht hast und düster durch die Gegend gestarrt, kann gar nicht alles in Ordnung sein".

„Und wenn schon. Wir kennen und trotzdem immer noch nicht".

„Ist doch optimal. Ich höre dir einfach nur zu, ohne urteilen zu können". Louis denkt über seine Worte nach. Eigentlich hat er wirklich recht, aber möchte er sich trotzdem seelisch so vor einem Fremden öffnen? Er hat es immerhin nicht mal seinen besten Freunden erzählt, ganz zu schweigen von seiner Familie, die ihn eh nur verurteilen würde. Aber Harry wird er wahrscheinlich nie wieder sehen, so sehr es auch schmerzt. Warum es nicht wagen, ihm dann morgen aus dem Weg gehen und ihn dann wieder vergessen? Im besten Fall geht es ihm danach wirklich besser. Im schlimmsten ist es ihm danach peinlich, aber das ist es doch ein bisschen wert.

„Ich fühle mich einfach so krass fehl am Platz". Seine Stimme klingt brüchig.

„Hier im Urlaub?". Harry spricht ganz sanft, als wäre er darauf bedacht, Louis nicht zu verschrecken. Als sei dieser zerbrechlich und labil.

„Nein, in meinem Leben. Ich weiß nicht was ich mache und was ich machen soll. Ich hasse mein Studium, und ich hasse meine Wohnung. Ich wollte nie, also wirklich nie studieren. Aber ich kann meine Eltern doch auch nicht enttäuschen. Wie verletzt wären sie, wenn sie mitbekommen, dass ich seit Wochen nicht mehr in der Uni war. Ich habe den Gesichtsausdruck meiner Mum jeden Morgen vor Augen, aber ich kann mich einfach nicht motivieren in die Uni zu gehen, egal was ich mache. Ich hasse es dort wirklich, es ist so schlimm, dass kannst du dir gar nicht vorstellen. Und dann sind da noch Liam und Zayn und ich liebe sie, echt, aber ich will vor ihnen auch nicht schwach dastehen und weiß echt einfach absolut gar nicht was ich machen soll. Meine Gedanken kommen nie zur Ruhe, ich bin die ganze Zeit gestresst und habe Angst, dass sie merken, dass ich gar nicht mehr zur Uni gehe und ihre Witze über mein Studium und mein Gesinge mich echt verletzten. Ich fühle mich einfach so verloren, und das hört immer erst auf, wenn ich mir eine neue Zigarette anzünde oder mich komplettbetrinke. Ich weiß nicht, was ich tun soll". Louis zittert, ein paar Tränen laufen ihm übers Gesicht. Harry zieht ihn sanft an sich, Louis platziert seinen Kopf an seiner Schulter und weint langsam dagegen.

„Ich fühle mich so lächerlich dabei. Es gibt Menschen, die haben echte Probleme und ich heule wegen solcher Kleinigkeit herum. Wie erbärmlich bin ich bitte, dass ich jemand Fremdes damit vollheule?". Er schluchzt herzzerreißend auf. Harry umarmt den kleineren mit der einen Hand, die andere schiebt er in Louis Haare und krault ihm leicht die Kopfhaut. Die Tränen laufen immer noch aus seinen Augen.

„Ich melde mich gar nicht mehr bei meiner Familie. Ich weiß, dass ich sie damit verletzte und das möchte ich auch gar nicht, aber ich kann mir immer nur ihre Enttäuschung vorstellen, falls ich mal ehrlich sein sollte, und das macht mir so angst. Ich würde mich gerne melden, wirklich, aber es geht nicht. Und das macht sie nur traurig und dann werden sie noch enttäuschter sein, falls ich mein Studium abbrechen sollte. Aber das kann ich nicht, selbst dafür fehlt mir die Energie". Harry malt kleine Kreise auf seinen Rücken und wartet ab, ob Louis noch weiter sprechen möchte. Dies scheint nicht der Fall zu sein, denn er schluchzt nur leise gegen Harrys Schulter und versucht scheinbar, sich zusammenzureißen.

„Wenn dein Studium dich in so eine Stimmung zieht, solltest du es wirklich überdenken und es mit deiner Musik versuchen. Wir sind jung, wir dürfen Fehler machen, sonst können wir uns doch gar nicht verbessern. Wenn es nicht klappt, probierst du einfach was anderes aus". Harry klingt zuversichtlich und selbstsicher, als wisse er genau, wovon er spricht.

„Wir müssen zurück zu den anderen gehen, die fragen sich bestimmt schon, wo wir bleiben", flüstert er irgendwann sanft in Louis Haare. Der kleinere hat sich teilweise beruhigt und atmet ganz ruhig gegen Harrys Schulter.


„Eine Minute noch, ok?".

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