Es scheint bergauf zu gehen

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„Frau Petrowa? Hören sie mich?", fragte die junge Ärztin mich, nachdem sie mich extubiert hatte und sah mir prüfend in die Augen. Ich brachte nur ein kleines Nicken zustande. „Wissen sie wo sie hier sind?". Wieder nickte ich. „Tut ihnen etwas weh? Abgesehen von den Verbrennungen?", fragte sie weiter. Diesmal verneinte ich es durch ein vorsichtiges Kopfschütteln.
Nach einem kurzen Blick zur Tür richtete sie mir aus, das zwei Polizisten da sein um mich zu befragen und wollte wissen, ob ich in der Lage dazu war. Da ich einfach alles hinter mich bringen wollte, krätzte ich ein ja und versuchte mich etwas auf der Liege aufzurichten.
Bevor sie die Beamten ins Zimmer bat, deckte sie mich noch zu, denn meine Kleidung hing an Fetzen an mir. „Was ist mit Paul?", fragte ich sie währenddessen. Sie gab mir aber zu verstehen, das sie mir darüber keine Auskünfte geben dürfe, er aber nicht im Krankenhaus zur Behandlung war.
Sie verließ den Raum und ließ die beiden Beamten, Herr Fuchs und Herr Wiebel hinein. Wieder war meine Zunge schneller als mein Verstand „Ein Wiebel in freier Wildbahn sieht man, wenn man meinen Quellen glaubt, sehr selten.". Der angesprochene verzog den Mund während sein Kollege sich ein Lächeln verkneifen musste.
„Ich merke schon, sie sind wieder die alte. Wie geht es ihnen den?", erkundigte sich der Hauptkommissar. „Es geht. Haben sie Ela verhaftet?", erkundigte ich mich. „Ja, sie sitzt bereits in einer Zelle und wartet auf ihre Verhandlung. Können sie sich den an etwas erinnern?", beantwortete Herr Fuchs meine Frage und fuhr mit seiner Befragung fort.
Ich versuchte ihnen alles zu erzählen was ich noch wusste. Das ich nachdem ich das Büro den beiden verlassen, und mich auf eine Parkbank gesetzt habe und dort betäubt wurde. Und von dem Gespräch mit Ela. Als ich geendet habe, wartete ich noch kurz bis Herr Wiebel sich alles notiert hatte und hörte gespannt zu was Herr Fuchs mir berichtete. „Als sie so plötzlich das Büro verlassen haben, bin ich ihnen mit einem Kollegen gefolgt. Wir haben sie dann aber im Park verloren und später nur ihre Handtasche gefunden. Natürlich auch das Messer und den Zettel.", er sah mich tadelnd an, bevor er weiter erzählte. „Nach ihrem Anruf bei meinem Kollegen hier wussten wir das etwas passiert sein musste. Allein ihre Wald-Anspielungen.", er stoppte als er mich lächeln bemerkte. „Ich hatte Angst das sie das nicht verstanden hätten.", klärte ich ihn auf. „Sie dürfen uns ruhig mehr zutrauen", schmunzelte er und fuhr fort. „Auf jeden Fall konnten wir das Handy orten und auch gleich den Besitzer ermitteln. Und da wir wussten das Sie bestimmt nicht im Wald Kaffee mit ihrer Kollegin trinken, haben wir uns gleich auf den Weg gemacht. Ich glaube den Rest wissen sie auch.", beendete er seine Aufzählung. „Frau Petrowa, eine Frage hätte ich noch.", nahm jetzt auch Herr Wiebel an dem Gespräch teil. „Wieso haben sie uns nicht gleich von der Drohung erzählt?". Mit zittrigen Fingern zog ich mein Handy aus der Hosentasche und nach wenigen Klicks hatte ich die Screenshots gefunden die ich von den Drohnachrichten von Ela gemacht hatte. Wortlos reichte ich das Mobiltelefon an meine beiden gegenüber und beobachtet wie sich ihre Gesichter von neugierig, zu schockiert bis zu besorgt veränderten. „Wirklich Frau Petrowa. Sie hätten uns ruhig vertrauen können. Wie hätten ihnen geholfen.", rügte mich der erfahrene Polizist. Kleinlaut gab ich zu, das ich gehofft hatte, dass Ela, wenn sie sich auf mich fixierte, die Kinder in Ruhe lassen würde. Die beiden Männer sahen mich verständnisvoll an und verabschiedeten sich. Bevor sich das Zimmer verließen hatte ich noch eine letzte Frage an die beiden. „Wie geht es Paul?". Erstaunt sahen sie sich an. „Dem jungen Kollegen geht es gut. Er hat einige blaue Flecken und auch ein paar Brandblasen. Sonst ist er unverletzt. Darf ich fragen wieso Sie das interessiert?", fragte mich Herr Fuchs. „Nun ja, immerhin hat er mir schon zwei Mal das Leben gerettet.", erwiderte ich und fuhr mir mit der Hand durch die Haare. Dies schien keine gute Idee zu sein, den eine Wunde riss dadurch auf und fing an, stark zu bluten. Schockiert riefen die Beamten Frau Mertens die sich um die Wunder kümmerte und im selben Atemzug die Polizisten aus dem Zimmer warf.
Nachdem die junge Ärztin die Blutung gestoppt hatte wollte ich mich erheben. Sie drückte mich aber mit sanften Druck wieder zurück. „Heute lass ich sie nicht gehen. Sie bleiben hier. Keine Wiederworte.", entschied sie resolut und ich wusste das jeder Widerspruch zwecklos wäre.

eine Wochen später

Mittlerweile war ich wieder zuhause, durfte aber immer noch nicht arbeiten gehen.
Das Verfahren gegen Ela stand noch an. Es mussten noch einige Beweise gesichert, Zeugen befragt und Gutachten erstellt werden.
Lea hatte mich angerufen und sich erkundigt wie es mir ging. Da Ela nun unter begründeten Verdacht stand, wurde sie nur noch für Verwaltungsarbeiten eingeteilt, den der Pastor war immer noch von ihrer Unschuld überzeugt.
Mit Paul traf ich mich regelmäßig. Da mein Fall mittlerweile von den Kommissaren Fuchs und Wiebel bearbeitet wurde, war das auch kein Problem.

Durch die Schmerzmittel die ich aufgrund der Brandwunden nahm, hauten mich so sehr aus den Socken, das ich nach deren Einnahme immer erst mal einige Stunden schlief. So auch an diesem Nachmittag. Gegen Abend wurde ich durch mein klingendes Handy geweckt. „Petrowa?", meldete ich mich. „Daria?", fragte Paul und ich hörte es ihm an, das es ihm gar nicht gut ging. „Was ist passiert?", fragte ich alarmiert nach. „Können wir uns treffen? Ich würde zu dir kommen?", frage er. „Paul? Was ist passiert?", harkte ich wieder nach. „Das darf ich dir nicht sagen. Ich will heute nur nicht allein sein.", antwortete er mir und es stand für mich nicht mal zur Frage ob ich mich mit ihm treffen würde oder nicht. „Hol mich in 20 Minuten ab.", bat ich ihn und legte auf.
Pünktlich stand ich vor meiner Haustür und wartete darauf das Paul um die Ecke bog.
Als ein Streifenwagen vorfuhr, Paul ausstieg und sein Kollege weiter fuhr, wusste ich, das etwas schlimmes passiert sein musste und nahm ihn erst mal richtig in den Arm. Er drücke mich fest an sich. Wir beide hatten viel gemeinsam. Beide lebten alleine und für den Beruf. Hatte viele Freunde, die aber zu 99% aus Kollegen bestanden. Und wir passten nicht in die typischen Klischee-Schubladen. Ich war nicht das Püppchen das Männer sofort bei dem Wort „Frau" in den Sinn kam. Meine Welt bestand nicht nur aus Kosmetika und Kleidung. Ich wusste wie man einen Zaun baute oder einen Reifen wechselte. Genauso ging es Paul. Er kochte für sein Leben gern. Hat es aber in letzter Zeit vernachlässigt, weil es sich für ihn alleine nicht lohnte, zu kochen.
Nach einigen Minuten trennten wir uns von einander und gingen eine Runde um den Block.
Durch den Park oder in einen Wald konnte ich seid den Geschehnissen mit Ela nicht mehr.
„Bier?", fragte ich ihn aber es schüttelte nur den Kopf. „Ich will nach Hause.", entschied er und als ich mich verabschieden wollte schüttelte er den Kopf. „Mit dir.".

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt