Kapitel 25

186 19 8
                                    

Kapitel 25

Ich erinnerte mich noch ganz genau an den Abend, an dem ich mich vollkommen betrunken hatte, um meinen damaligen Schwarm zu imponieren. Dieser Abend entsprach in zweierlei Hinsicht nicht meiner typischen Routine. Zum einen konnte ich Alkohol noch nie wirklich leiden und zum anderen war ich nie das Mädchen, was alle Jungs leiden mochten. Sobald Naomi und ich einer neuen Gruppe begegneten war meine beste Freundin immer diejenige, die alle Blicke auf sich zog. Damit hatte ich mich nach einer Weile einfach abgefunden, vielleicht konnte ich meinen Neid aber auch nur mit der Tatsache besänftigen, dass jegliche romantische Beziehung oder Annäherung ein schlechtes Omen für den späteren Test darstellte.

Trotz meiner strikten Ansicht bezüglich des Verfahrens, merkte ich jedoch schnell, dass ich für den einen Jungen, der nach mir Gitarrenunterricht hatte, etwas mehr als nur Sympathie empfand. Ich sträubte mich dagegen an, doch ich konnte ihn einfach nicht aus meinem Kopf prügeln und so fühlte es sich wie Schicksal an, als ich ihn auf der Geburtstagsfeier von Alicia plötzlich im Wohnzimmer sah.

Lachend spielte er mit ein paar Freunden Beer-Pong und ohne viel darüber nachzudenken, fragte ich einfach, ob ich mitspielen durfte. Dabei hatte ich im Hinterkopf, dass sich Naomi, wie so oft, verspäten würde und ehrlich gesagt hatte ich wirklich Angst, dass mein besagter Gitarrenmitschüler sofort Gefallen an Naomi finden würde, wenn sie aufkreuzt.
Er erkannte mich natürlich nicht. Anders als er, habe ich ihn jedoch zügig auf sämtlichen Social-Media-Plattformen aufgespürt und wusste somit weit aus mehr, als nur seinen Namen. Ich war sogar so verzweifelt, dass ich unsere Namen in einen Love-Tester eingab, nur um dann mit Bedauern festzustellen, dass Rick und Juliette mit nur einen gemeinsamen Buchstaben wenig Kompatibilität aufwiesen. Wie ich später schmerzhaft herausfinden musste, waren die mickrigen 3% des Love-Tests und die Ähnlichkeit zum Wort „Dick" nur eine Warnung für das, was mir bevorstand.

Wir unterhielten uns so gut und ich schien fast meine Grundsätze über Bord zu werfen, als plötzlich Naomi eintrat und beschloss Team Dick beizutreten. Das Ende vom Lied? Meine atemberaubende beste Freundin angelte sich meinen Schwarm und ich küsste sturzbesoffen den besten Freund von Rick. Ich hatte die Alkoholmenge, die man beim Beer-Pong zu sich nimmt deutlich unterschätzt, genauso wie den Mundgeruch meines Kusspartners. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus Alkohol, Verzweiflung und Neid, die mich dazu veranlasste mit seinem Freund herumzuknutschen. Der Effekt vom Ersteren ließ leider auch schnell wieder nach, sodass ich erst nach meinem allerersten Kuss bemerkte, was ich eben gerade eigentlich für eine Sünde vollbracht habe.

Ich traute mich kaum meinen Eltern davon zu erzählen, die genauso wie ich an das schlechte Omen glaubten, das Pech für das Verfahren bringen soll. In dem Moment dachte ich auf jeden Fall, dass mein Leben ab dem Punkt gelaufen war und nichts Schlimmeres fortan passieren kann.

Vielleicht kam das schlechte Omen verspätet. Auf einen Schub. Mit voller Wucht.
Nämlich genau jetzt, wo ich in diesem dunklen Raum stehe und dazu aufgefordert wurde meinen ehemaligen Betreuer Josh umzubringen. Ironischerweise bemerkte ich in diesem Moment, dass Jungs mit vier Buchstaben mir immer nur Probleme bereiteten. Rick, Kyle, Theo und jetzt Josh.
Der Unterschied zu Josh ist nur, dass mir bei allen anderen die Wahl deutlich leichter fallen würde.

Mir stießen Tränen in die Augen, sodass Joshs zu Tode verängstigtes Gesicht an Form verlor. Verräter B1 haben Sie ihn genannt. Und dann haben Sie die Audioaufnahme abgespielt, in der er mich eines Nachts auf meinen Balkon versucht vor einer Gefahr versuchte zu warnen. Scheiße, ich war wirklich schlecht darin, Warnungen rechtzeitig zu erkennen und zu handeln. Doch wie hätte ich ahnen können, dass es sich bei dem anonymen Anrufer um meinen alten, liebevollen, immer an mich glaubenden, Betreuer Josh handeln sollte? Ich tat ihn als irgendeine Person ab, die sich einen Spaß erlauben sollte, doch tief im Inneren hatte ich selbst ein mulmiges Gefühl, was sich nun bestätigte. Ich musste irgendwie Zeit schinden und dabei im besten Falle noch herausfinden, um was es in der Warnung eigentlich ging.

Perfect LieWhere stories live. Discover now