Kapitel 1

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Emma

Wie es sich für eine ordentliche Hochzeit und vor allem unsere Freunde gehörte, verließen wir erst in den frühen Morgenstunden die Location. Dementsprechend zerknautscht schaute ich aus der Wäsche, als ich wieder geweckt wurde. Es fühlte sich an, als hätte ich höchstens vier Stunden geschlafen. Ich drehte meinen Kopf auf die Seite und öffnete vorsichtig meine Augen. Wincents waches Grinsen irritierte mich. „Was bist du denn schon wach?", brummelte ich und kuschelte mich an ihn. „Was heißt hier schon?", lachte er heiser, „es ist fast schon wieder Zeit zum Schlafengehen". Er hielt mir sein Handy vor die Nase und etwas verschwommen erkannte ich die Ziffern, 17:04 Uhr. „Oh", machte ich nur, aber ich war auf keinen Fall in der Lage aufzustehen. 

„Und außerdem ist mir eingefallen, was du mir gestern gesagt hast", meinte er und drehte mich wieder auf den Rücken. Automatisch musste ich sein Grinsen erwidern. Wir hatten im Anbetracht der Umstände gestern noch gar nicht richtig Zeit um über die Schwangerschaft zu reden. Und scheinbar hatte Wincent das auch in diesem Moment nicht vor. Er gab mir einen langen Kuss, während er seine Hand unter mein Shirt schob und auf meinen Bauch legte. Ich wollte diesen Kuss gerade intensivieren, als er von mir abließ und sanfte Küsse auf meinen Bauch hauchte. „Hallo Baby, hier ist dein Papa", flüsterte er und strich über die nicht vorhandene Wölbung meines Bauches. Sofort schossen mir wieder Tränen in die Augen, wenn er das so sagte. „Ich hab so lange auf dich gewartet und kann es kaum erwarten dich kennenzulernen", redete er weiter. Die Tränen liefen mir so nur über die Wangen und ich konnte nichts dagegen tun. Ich hatte ja selbst noch gar nicht wirklich Zeit mich mit diesem Gedanken anzufreunden. Erst kam Wincent mit meinem Song um die Ecke, dann hatten wir an unserem Hochzeitstag verschlafen und dann war da eben noch die Hochzeit an sich. Er legte seinen Kopf auf meinem Bauch ab und sah mich an, während ich durch seine zerzausten Haare strich.

„Ich kann es selbst gar nicht glauben", gab ich zu und kämpfte schon wieder mit den Tränen. Wo sollte das nur noch hinführen? Ich dachte eigentlich immer ich hätte meine Emotionen besser im Griff, aber gerade war mein ganzes Gefühlsleben maximal durcheinander. „Warum hast du mir nicht früher was gesagt?", fragte Wincent. Wenn ich gewusst hätte, wie der Test ausfallen würde, hätte ich das sicher gemacht. „Aber ich dachte ja niemals, dass der positiv ist. Und dann kommst du mit diesem Song um die Ecke, als ichs dir sagen wollte", erklärte ich. Und dann hatten wir einen nicht unbedingt stressfreien Tag gestern. „Du hättest es mir nach dem Song sagen können", grinste Wincent. Ich hob prüfend eine Augenbraue. Schließlich war er nicht unbedingt unbeteiligt daran, dass der Abend endete, wie er endete- im Bett. 

„Da hatte ich anderes im Kopf", grinste ich. Wir lagen ewig so da und sahen uns einfach nur an. „Bevor wir fliegen, muss ich unbedingt zum Arzt. Ich will wissen, dass alles okay ist", meinte ich irgendwann nur. Wincent kam wieder zu mir hoch und legte sich neben mich. „Wieso soll was nicht okay sein?", fragte er nach. „Was weiß ich!? Ich hab ja keine Ahnung wie weit ich bin, muss ich gestehen, ich hab keinen Plan wies jetzt weitergeht. Und ich will das ‚Go' haben fliegen zu dürfen", erklärte ich mich. Wincent nickte nur. „Willst du mit?", fragte ich unsicher nach. „Natürlich", kam es wie aus der Pistole geschossen aus seinem Mund, „is ja auch mein Baby". Bei seinen letzten Worten wurde sein Grinsen immer breiter und er ließ sich auf den Rücken sinken. „Wow", murmelte er weiter, „wir kriegen echt ein Baby! Und du bist meine Frau", stellte er fest. Ich musste schmunzeln. Es war zu süß seine Reaktionen und Emotionen zu sehen.

Aber langsam kam mir diese Sentimentalität beinahe hoch, oder es war die Schwangerschaftsübelkeit, von der immer alle redeten. Schnell musste ich das Bett verlassen und hechtete gerade noch rechtzeitig ins Bad. Das wird sicher nicht meine Lieblingsbeschäftigung des Tages werden, aber wenigstens ging es mir nach dem Übergeben besser. Anders, als wenn ich früher einen Kater hatte, da brachte das Kotzen meist gar nichts- außer holen Puls und Erschöpfung. „Alles gut, Schatz?", klopfte Wincent wenig später zaghaft an der Tür. „Klar", murmelte ich, während ich mir meine Zähne putzte. Vorsichtig stellte er sich neben mich. „Gewöhn dich schon mal dran, ich schätze das gehört so", zuckte ich mit den Schultern. Ich spuckte den Rest Zahnpasta ins Waschbecken, als sich mein Magen wieder zu Wort meldete, aber anders. „Und jetzt hab ich Hunger, gibts noch Reste?", fragte ich und ging dabei schon an ihm vorbei. „Und auch daran werde ich mich wohl gewöhnen müssen", hörte ich ihn noch murmeln, bevor die Badtür ins Schloss fiel. 

Glücklicherweise hatten wir die Rest vom Buffet gestern verteilt und so war unser Kühlschrank randvoll. Mein schwangeres Herz machte einen Luftsprung nach dem anderen, während ich Salate, Kartoffeln, Roastbeef und die Schokomousse auf dem Tisch drapierte. Mir lief das Wasser im Mund zusammen und ich konnte mich gar nicht entscheiden, was ich zuerst essen sollte. Ein Kameraklicken ließ mich aufschrecken und da sah ich Wincent mir gegenüber sitzen, sein Handy auf mich gerichtet. „Du solltest dich mal sehen", lachte er, „du sabberst ja schon fast". Prüfend sah ich zu ihm rüber. „Bist du etwa eifersüchtig, dass ich nicht mehr nur dich so anschaue?", zog ich ihn auf. „Du kriegst ein Baby von mir, damit ist dir fast alles erlaubt", sagte er und ich fragte mich direkt, wie lange es wohl dauern würde, bis er diesen Spruch bereuen würde. 

Für immer DuWhere stories live. Discover now