Kapitel 9

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Tatsächlich funktioniert es. Er wird lockerer. Das spüre ich. Auch spüre ich, wie er seine Lippen langsam bewegt. Es ist ein langsamer Kuss. Jedoch fühlt er sich sehr schön an. Nach einiger Zeit lassen wir voneinander ab und blicken uns gegenseitig an. Er scheint überrascht zu sein. Das hätte er wohl nicht erwartet. Ich selbst hätte das nicht von mir erwartet. Er blickt auf den Boden.
,,Tut mir leid'', sagt er leise. Wie ein kleiner Junge, der seinen Fehler bereut. Seufzend knie ich mich hin und hebe die Scherben auf. Er kniet sich ebenfalls hin und will sie mir aus der Hand nehmen.
,,Nein, Engel. I-Ich mach das schon'', sagt er und blickt voller Reue auf die Scherben in meiner Hand.
,,Lass nur. Ich mach das'', antworte ich und sammle sie auf.
,,Ich bin so ein Arschloch'', sagt er leise, schon fast flüsternd, steht auf und verlässt das Zimmer. Ich beschließe, mich erst um die Scherben zu kümmern und dann nach ihm zu sehen. Vielleicht benötigt er ein wenig seine Ruhe. Die Scherben fege ich also ordentlich auf und werfe sie weg. Wirklich seltsam, wie Aiden sich eben verhalten hat. Er hat so verzweifelt und ängstlich gewirkt. Auch so traurig. Aber woher kommt diese große Angst? Weshalb ist er plötzlich so ausgerastet? Was ist der Auslöser für dieses Verhalten? Aiden wird mir mit jedem Tag immer mehr ein Rätsel. Ich verstehe ihn einfach nicht. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Alleine schon die Tatsache, dass er so sehr an mir hängt. Ich stehe auf und begebe mich in Richtung Aidens Zimmer. Zwar möchte ich es nicht zugeben, aber irgendwie sorge ich mich um ihn. Irgendetwas scheint ihn zu belasten. Ja, er kann gefährlich sein. Er ist es. Aber er scheint auch eine verletzliche Seite zu haben. Eine Seite, die er tief in sich verbirgt. Langsam drücke ich die Türklinke nach unten und spicke in das Zimmer. Ganz leise höre ich ihn schluchzen. Er weint. Aiden weint. Ich sehe ihn auf seiner Bettkante sitzen. Er hält etwas in den Händen, jedoch erkenne ich es nicht genau. Was schaut er sich da an? Weshalb weint er? Was macht ihn so traurig? Irgendwie zerbricht mir sein Anblick das Herz. Er sieht so unschuldig aus. Das ist nicht der Aiden, den ich kenne. Wo ist der kalte, dominante, unberechenbare Mann? Nichts davon sehe ich gerade. Ich darf nicht vergessen, dass er ebenfalls ein Mensch ist. Er hat auch Gefühle und Gedanken. Plötzlich steht er auf, nachdem er sich die Tränen weggewischt hat, knöpft sein Hemd auf und wuschelt sich durch die Haare. Okay. Jetzt wird es interessanter.

Mein Blick heftet sich auf seinen muskulösen Oberkörper. Auf diese definierten Bauchmuskeln. Eins muss man Aiden lassen. Er ist verdammt attraktiv. Er knöpft seine Hose ebenfalls auf und zieht sie runter. Mir wird augenblicklich heiß. Ich spüre die Röte in meinem Gesicht und das schnelle Pochen meines Herzens. Wach auf, Ava. Wenn er dich sieht, bist du geliefert! Leise schließe ich die Tür und begebe mich weiterhin nachdenkend in mein Zimmer. Es geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Beim Abendessen, welches die Angestellten zubereitet haben, taucht er komischerweise nicht auf.
,,Wo ist Aiden?'', frage ich eine der Angestellten. Sie trägt einen blonden strengen Dutt und hat grüne Augen. Sie sieht etwas älter aus. So um die 40 würde ich schätzen.
,,Mister Avens lässt das Abendessen heute entfallen, da er sich nicht besonders gut fühlt. Er scheint wohl heute früh zu Bett gegangen zu sein'', erklärt sie mir in einer höflichen Tonlage. Das Personal hier ist wirklich sehr gut ausgebildet. Sie machen ihre Arbeit mit Perfektion. Ich bedanke mich bei ihr und esse mein Essen weiter. Sehr seltsam. Das passt überhaupt nicht zu Aiden. Weniger später mache ich mich bettfertig und lege mich hin. Ich sollte lieber schlafen, anstatt mir Gedanken um ihn zu machen. Vielleicht mag er es nicht, seine Gefühle mit andere zu teilen oder es fällt ihm einfach nur schwer. Ich sollte ihn nicht bedrängen und ihm seinen Freiraum lassen. Schließlich hat Aiden keine schwache Persönlichkeit. Ihn lässt vieles kalt. Ihm wird es bestimmt bald wieder gut gehen. Warum sorge ich mich überhaupt um ihn? Warum vergesse ich immer wieder, dass er mein Entführer ist? Ich sollte ihn eigentlich verachten. Ich sollte ihn doch eigentlich hassen. Warum tue ich das nicht? Seufzend schließe ich meine Augen, jedoch habe ich selbst so keine Ruhe vor ihm. Das Bild, als er sein Hemd ausgezogen hatte, geht mir nicht aus dem Kopf. Ich sehe es genau vor mir. Eigentlich darf ich ihn nicht anziehend finden. Ich darf mich nicht von ihm verführen lassen. Plötzlich spüre ich etwas. Das kann nicht sein. Mein Herzschlag beschleunigt sich.

Er liegt hinter mir und legt seinen Arm um mich. Seinen unwiderstehlichen Duft würde ich immer wieder erkennen.
,,Engel'', höre ich seine wunderschöne Stimme flüstern. Ich antworte nichts. Zu sehr bin ich aufgeregt. Seine Nähe ist so schön. Warum gefällt mir das?
,,Mache ich dich nervös?'', fragt er mich und streicht meinen Arm sachte entlang.
,,N-Nein'', antworte ich sofort, um nicht schwach zu wirken. Er soll nicht denken, dass er die Kontrolle über mich hätte. Er zieht mich näher zu sich, sodass ich seinen heißen Atem an meinem Nacken spüre. Was ich da unten an meinem Hinterteil spüre, das erwähne ich mal jetzt nicht.
,,Mich anzulügen bringt nichts'', sagt er und streicht mein Haar beiseite. Was hat er vor?
,,Aiden'', sage ich nur noch in einem flüsternden Ton. Meine Stimme will nicht rauskommen. Er darf nicht wissen, wie schwach er mich eigentlich macht.
,,Hm?'', höre ich ihn, während er absichtlich gegen meinen Nacken atmet. Er weiß, wie sehr mir das gefällt. Ich bekomme eine Gänsehaut und drohe ihm zu verfallen. Seine rechte Hand wandert zu meiner Brust. Er massiert sie leicht.
,,A-Aiden'', sage ich keuchend, woraufhin er anfängt Küsse auf meinem Nacken zu verteilen. Er dreht mich zu sich. Nun liege ich auf dem Rücken und er über mir. Intensiv blicken wir uns an. Seine braunen Augen funkeln. Das erkenne ich sogar in dieser Dunkelheit. Er berührt mich mit seinen Blicken. Sein Blick gleitet zu meinen Lippen. Langsam nähert er sich mir und ehe ich mich versehe, liegen seine Lippen schon auf meinen. Es ist ein sanfter, jedoch leidenschaftlicher Kuss. Und jetzt stelle ich mir auch noch nicht jugendfreie Dinge mit ihm vor. Das wird ja immer besser. Seine Lippen wandern zu meinem Hals, während seine Hand unter mein Oberteil wandert. Ich halte seine Hand fest.

,,A-Aiden, nicht'', stöhne ich flüsternd und versuche meine Augen nicht zu schließen. Ich versuche gegen die Tatsache anzukämpfen, dass es mir gefällt. Er hält meine Hände mit einer Hand über meinen Kopf. Er ist so stark. Mit der anderen Hand streichelt er meinen Körper. Seine Lippen lassen von meinem Hals ab und er blickt mir tief in die Augen.
,,Sag mir, dass du es nicht willst'', fordert er mich auf. Okay. Er hat mich. Denn tatsächlich fällt es mir sehr schwer. Irgendwie will ich es. Das ist doch verrückt. Ich sollte ihn doch eigentlich hassen! Ich versuche es, bekomme jedoch kein Wort heraus. Er sieht gerade viel zu attraktiv aus. Er verschlägt mir wortwörtlich die Sprache. Seine braunen Augen ziehen mich in einen Bann. Warum will ich, dass dieser Mann mich berührt? Er lächelt leicht.
,,Du kannst es nicht verleugnen. Du willst mich. Und soll ich dir was verraten?'', sagt er und nähert sich meinem Ohr.
,,Ich will dich noch mehr'', flüstert er so, dass es mich zittern lässt und beginnt, meinen Hals leidenschaftlich zu küssen, während er seine Finger mit meinen verschränkt. Ich winde mich und schließe die Augen.
,,A-Aiden, nein. Nicht'', keuche ich und spüre, wie lustvoller ich mit jeder Berührung werde.
,,A-Aiden, nein'', flehe ich.
,,Wir dürfen das nicht tun'', sage ich. Plötzlich reiße ich meine Augen auf.
,,Ava!'', reißt mich eine laute Stimme aus meinem Traum. Ich blicke neben mich und sehe einen irritierten Aiden neben meinem Bett stehen.
,,W-Was ist los?'', frage ich ihn vollkommen verwirrt. War das gerade ein Traum gewesen?
,,Ich bin wach geworden, weil du so laut geschrien hast'', sagt er. Der arme sieht sehr müde aus. Oh man.
,,W-Was?'', sage ich immer noch vollkommen neben der Spur. Er hat alles gehört? Er bestätigt meine Gedanken, da er meine Worte nachspricht.

,,Aiden, nein. Aiden, nicht. Wir dürfen das nicht tun'', sagt er in genau dem selben Ton wie ich vor ein paar Sekunden. Oh nein. Er kneift seine Augen etwas zusammen.
,,Was war das denn für ein Traum?'', fragt er mich neugierig sowie skeptisch und ich spüre, wie die Röte mir ins Gesicht steigt. Das darf nicht wahr sein. Er hat alles gehört. Ist das peinlich! Ich kneife meine Augen zusammen und verkrieche mich unter meine Bettdecke. Das ist so peinlich. Er hat alles gehört und bestimmt kann er sich schon denken, was genau das für ein Traum war. Ich möchte einfach nur im Erdboden versinken. Ich höre wie er seufzt und ehe ich mich versehe, reißt er die Bettdecke weg. Er blickt mir tief in die Augen. Als wolle er sie lesen wollen. Ich schlucke nervös und ziehe meine Beine an mich. Langsam nähert er sich mir.
,,Kann es sein, dass du einen besonderen Traum von mir hattest?'', fragt er mich und er scheint die Antwort wohl schon zu kennen. Mein Herz rast. Ich mache mich immer kleiner, da mich seine Nähe sehr einschüchtert. Zitternd senke ich meinen Blick. Doch er hebt mit seinem Finger mein Gesicht wieder an und lächelt atemberaubend.
,,Wir haben es getan, oder?'', spricht er direkt aus, was mich wieder erröten lässt. Das kann er doch nicht einfach so sagen!
,,N-Nein!'', antworte ich peinlich berührt. Ich fühle mich ertappt. Nicht mal in die Augen blicken kann ich ihm gerade. Es ist mir unsagbar peinlich. Er nähert sich meinem Ohr.
,,Dir scheint es gefallen zu haben, so wie du gestöhnt hast. Was habe ich genau getan? Dich vielleicht hier berührt?'', fragt er mich und streicht mit seinen Finger sachte über meinen Hals. Augenblicklich breitet sich eine Gänsehaut in mir aus.
,,Oder vielleicht hier?'', fragt er mich und streicht über meine Brust. Ich zittere. Was stellt er bloß mit mir an?

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