Kapitel 3

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,,Wie konntest du nur? Das war endlich meine Chance, dieser Welt zu entkommen. Warum verdammt nochmals hast du das getan?!'', schreie ich außer mir vor Wut, woraufhin er seine Hände laut auf den Tisch knallt und ebenfalls aufsteht.
,,Warum ich das getan habe?! Weil ich nicht zusehen wollte, wie du stirbst. Ich hätte mir das niemals verzeihen können, wenn es dich nicht mehr gegeben hätte'', schreit er ebenfalls, was mich jedoch sehr einschüchtert, da er mir nun etwas Angst macht. Seine braunen Augen scheinen durch seinen Zorn eiskalt geworden zu sein. Er ist wie ausgewechselt. Männlicher, dominanter, jedoch auch beängstigender. Er seufzt und setzt sich mit gesenktem Blick wieder an den Tisch. Seinen Blick hat er gesenkt.
,,Es tut mir leid, ich wollte nicht so laut werden. Hab bitte keine Angst'', sagt er wie ein kleines Kind, nachdem es einen Fehler begangen hat. Still setze ich mich wieder hin, da ich mich weder traue etwas zu sagen noch wegzulaufen. Die ganze Zeit beobachte ich ihn, während er isst. Er sieht so unschuldig aus. Jedoch darf ich nicht vergessen, dass ich mich hier in Gefahr befinde. Schließlich hat er mich entführt. Ich werde nachdenklich. Wer ist dieser Mann? Woher kennt er mich? Warum bedeute ich ihm so viel? Ich grübele und grübele, finde jedoch kein einziges Bruchstück in meinen Gedanken, dass mich an ihn erinnern könnte. Er scheint tatsächlich ein Fremder für mich zu sein. Jedoch scheint er mich in und auswendig zu kennen.

Zitternd nehme ich meine Gabel in die Hand und wage den Versuch, etwas zu essen, da ich mich auf einmal sehr geschwächt fühle. Sein Blick weilt währenddessen auf mir. Ich nehme einen ganz kleinen Bissen und bin sehr überzeugt von seinen Kochkünsten. Wow. Das schmeckt wirklich gut.
,,Schmeckt es dir?'', fragt er mich, als könnte er meine Gedanken lesen. Ich blicke ihm in die Augen und nicke lächelnd, woraufhin auch er lächeln muss und wir nun beide still essen. Nach Wochen habe ich wieder eine richtige Mahlzeit zu mir genommen. Ich weiß nicht, weshalb ich auf einmal etwas essen wollte, aber irgendwie hatte ich einfach das Bedürfnis. Nachdem wir beide fertig gegessen hatten, bin ich aufgestanden und habe abgeräumt, da ich ihm keine Last sein wollte. Das komische ist, dass dies einer Entführung überhaupt nicht ähnlich sieht. Eher als hätte er mich nett zum Essen eingeladen. Nachdem ich das Geschirr in die Spülmaschine geräumt habe, drehe ich mich um und erschrecke kurz, da er direkt vor mir steht. Er blickt mit strahlenden Augen zu mir runter. Wow. Was für schöne Augen er doch hat. Plötzlich legt er seine warme Hand auf meine Wange und kommt mir mit seinem Gesicht näher. Was hat er vor? Mein Herzschlag beschleunigt sich und mir wird augenblicklich warm. Will er mich etwa...küssen? Jedoch irre ich mich. Er ist nun ganz nah an meinem Ohr und streicht mir eine Strähne dahinter.

,,Wenn du nur wüsstest, wie verrückt ich nach dir bin'', sagt er in einem tiefen Ton, was mir Gänsehaut bereitet. Aber warum? Warum ist solch ein attraktiver Mann verrückt nach mir? Einer, den ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe. Er schaut mir nun wieder in die Augen.
,,Du gehörst nur mir, Ava '' sagt er, weswegen ich spüre, wie mich die Wut überkommt. Seit dem Tod meiner Eltern bin ich selbständig und wollte nie zu jemandem gehören. Ich bin eine Einzelgängerin, die auf niemanden angewiesen ist. Und dieser Fremde denkt ernsthaft, dass er mich seins nennen kann? Ich drücke ihn von mir weg und schaue ihm tief in die Augen.
,,Du hast kein Recht darauf so etwas zu sagen. Ich kenne dich nicht'' sage ich, woraufhin er seufzt.
,,Nur ich alleine habe dieses Recht, Ava. Und das wirst du noch bemerken. Aber alles zu seiner Zeit.'', erwidert er ruhig. Was meint er damit?
,,Was willst du von mir? Warum hast du mich entführt? Wer bist du überhaupt?'', frage ich nun aufgebrachter, doch anstatt mir Antworten auf meine Fragen zu geben, entfernt er sich nur von mir und lässt mich einfach stehen. Was soll das? Ich laufe ihm hinterher.
,,Ich rede mit dir. Sag mir einfach, wer du bist und was du von mir willst'', fordere ich ihn auf, doch er schweigt weiterhin. Ich folge ihm in ein Schlafzimmer, welches womöglich ihm gehört. Hier riecht es schließlich nach seinem Duft.
,,Findest du das witzig? Wer bist du, dass du mich einfach so deins nennen kannst?!'', frage ich laut, woraufhin er mich gegen die Wand drückt und mir tief in die Augen blickt. Seine Augen. Sie sind so geheimnisvoll. Habe ich schon erwähnt, wie wunderschön sie sind?
,,Hör mir gut zu. Ich sage dir das nur einmal. Ich bin der einzige, der dich seins nennen kann. Nur ich allein habe das Recht dazu. Ob dir das gefällt oder nicht. Verstanden?!'', fragt er mich in einem aggressiven Ton, weswegen ich keinen Ton rausbekomme. Seine Augen ziehen mich in einen Bann. Ich kann es mir selbst nicht erklären. Sein Griff verstärkt sich. Sein Blick wird dominanter.
,,Hast du mich verstanden?'', fragt er mich in einem dunkleren Ton. Nein. Ich kann ihm einfach nicht widersprechen. Er scheint gefährlich zu sein. Ich schlucke nervös und nicke nur stumm, woraufhin er lächelt. Durch dieses Lächeln sieht er aus wie eine andere Person.

Plötzlich muss ich gähnen. Aus dem nichts. Er kichert. Was findet er so witzig?
,,Möchtest du mit mir schlafen?'', fragt er mich, woraufhin ich rot werde. Mir wird augenblicklich heiß.
,,W-Wie b-bitte?'', frage ich ihn nervös. Wie soll ich auch nicht nervös werden, wenn ein attraktiver Mann mich so etwas aus heiterem Himmel fragt? Er lacht.
,,Du bist so süß. Ich meinte, ob wir uns schlafen legen sollen'', erklärt er mir in einem süßen Ton. Er ist wie ausgewechselt. Mal wieder.
,,Ich möchte mit dir in einem Bett schlafen'', sagt er dann. Soll ich ihm jetzt widersprechen? Aber was, wenn er wieder wütend wird? Um ehrlich zu sein bin ich schon sehr müde und möchte irgendwie nicht alleine sein. Ich nicke nur stumm, bin jedoch so verwirrt und auch etwas peinlich berührt. Einige Gedanken gehen mir durch den Kopf. Warum möchte er neben mir schlafen? Wir kennen uns doch überhaupt nicht. Außerdem ist er so gut aussehend. Was will er also von mir? Ich gähne mal wieder, woraufhin er mich an die Hand nimmt und mich zu dem großen Bett, welches im Zimmer steht, führt.
,,Möchtest du dir etwas Bequemeres anziehen?'', fragt er mich. Ich blicke runter. Ich trage immer noch die selbe Kleidung. Jedoch bin ich viel zu müde, um überhaupt noch richtig zu stehen. Ich schüttele den Kopf. Er seufzt und hilft mir langsam, mich hinzulegen. Er ist irgendwie so fürsorglich. Wie jemand Vertrautes. Ich kann es nicht beschreiben. Irgendwie fühlt es sich gut an. Mein Kopf liegt auf dem weichen Kissen, während wir uns gegenseitig in die Augen blicken. Seine braunen Augen funkeln wieder. Sie sind so groß. Wie die eines Welpen. Sachte streicht er mir die Haare aus dem Gesicht. Wie meine Mutter damals. Meine Augen füllen sich langsam mit Tränen, als ich beginne an sie zu denken. Sein Lächeln verblasst. Er sieht mich mit einem besorgten Blick an.
,,Was ist los, mein Engel?'', fragt er mich ruhig. Soll ich ihm sagen, was ich denke? Kann ich ihm vertrauen? Ich kenne ihn doch erst seit ein paar Stunden. Doch trotzdem wirkt er so vertraut. Es ist so ein seltsames Gefühl. Ich berühre seine Hand, mit der er meine Tränen wegwischt und nehme sie in meine. Er beobachtet meine Berührung. Seine Hand ist so warm und weich. Überrascht schaut er mich an.
,,Ich musste grad an meine Mutter denken'', antworte ich schließlich. Er scheint es zu verstehen. Schließlich hatte er gemeint, dass er mich kennen würde. Also müsste er auch wissen, dass meine Eltern nicht mehr am Leben sind. Langsam entfernt er seine Hand von meiner und berührt anschließen mit beiden Händen meine Wangen. Er kommt mir etwas näher, löst den Augenkontakt jedoch nicht.

,,Du vermisst sie sehr, nicht wahr?'', fragt er mich in einem so sanften Ton, dass seine Stimme wie Musik in meinen Ohren klingt. Ich nicke, woraufhin er leise seufzt.
,,Sie sind bei dir. Sie sehen dich. Sie beschützen dich'', erklärt er mir.
,,Woher willst du das wissen?'', frage ich ihn misstrauisch. Er lächelt leicht.
,,Meine Eltern sind auch nicht mehr auf dieser Welt, aber trotzdem weiß ich, dass sie bei mir sind. Ich spüre die Hand meiner Mutter, die meinen Kopf streichelt, wenn ich mich einsam fühle. Ich höre die strengen Worte meines Vaters, wenn ich Mist baue. Sie beschützen mich, wenn ich in Gefahr bin. Glaub mir, auch deine Eltern sind bei dir und tun diese Dinge für dich. Vergiss nicht, wer sie sind. Mama und Papa'', erklärt er mir. Es ist das erste Mal, nach langer Zeit, dass ich einer anderen Person Recht gebe. Mama und Papa würden mich niemals im Stich lassen. Zwar sind sie nicht mehr auf der Welt, aber trotzdem sind sie mir so nah. Sie würden alles für ihr Kind tun. Selbst nach ihrem Tod.
Ohne jegliche Hemmungen umarme ich ihn und lasse meinen Tränen freien Lauf. Nach so langer Zeit fühle ich mich nicht mehr einsam. Hier ist eine Person, die mich versteht. Eine Person, die geduldig mit mir ist. Zwar kenne ich diese Person nicht richtig. Doch er ist mir gerade vertrauter als jeder andere auf dieser Welt. Ich atme seinen wundervollen Duft ein. Er umarmt mich inniger. Es fühlt sich so gut an. Nach einiger Zeit löst er sich von mir. Von seinen Augen bin ich so gefesselt, dass ich nicht einmal bemerke, dass ich wieder liege.
,,Du bist so wunderschön, Ava'', spricht er leise und schaut sich dabei jedes Detail meines Gesichtes an.
,,Nein'', sage ich woraufhin er seinen Zeigefinger auf meinen Mund legt.
,,Für mich bist du wunderschön'', sagt er. Diese Worte klingen so ehrlich. Ich fühle mich so geborgen. Nach so langer Zeit. Er streichelt meinen Kopf so lang, bis ich meine Augen schließe und langsam einschlafe.

HisWhere stories live. Discover now