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Yellow
@SabinaOehler
819 Wörter
Schlüsselwörter: Einbahnstraße, Welle, Bermudadreieck, Rose
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Yellow@SabinaOehler 819 WörterSchlüsselwörter: Einbahnstraße, Welle, Bermudadreieck, Rose **********

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Das Auto, das vor seiner Tür parkt ist gelb.

Yellow lässt ein überraschtes zwitschern erklingen, bevor Louis ein Tuch über den Käfig wirft und der Kanarienvogel verstummt.

Mit einem Klicken gehen die Lichter des Hauses aus und tauchen die Nachbarschaft in endgültige Dunkelheit.

Mit zusammengebissenen Zähnen hockt Louis unter der Fensterbank und schielt durch die Scheibe auf die Straße.

Gelb ist der alles dominierende Faktor. Die Straßenlaterne, unter der das unbekannte Fahrzeug geparkt hat, erlischt mit einem Flackern und er ist umgeben von Schwärze.

Die Einbahnstraße ist eine wundervolle Metapher für sein Leben. Louis tendiert dazu, immer nur in eine Richtung zu sehen und dabei jeden aus dem Weg zu verbannen, der eine andere Route wählt. Er ist eigentlich unkompliziert und doch gibt es Idioten, die ihn nicht verstehen können, die mit Vollgas in die entgegengesetzte Richtung brettern und sich im Nachhinein wundern, weshalb er ihnen seinen Strafzettel ausstellt. Mit ihnen will er nichts zu tun haben.

Louis weiß, dass er das kleine Haus seiner Großmutter nicht ewig wird bewohnen können. Doch die kleine Straße, die größtenteils Senioren ein Zuhause ist hat es ihm angetan.

Die Tapete, an die er sich nun presst ist gelb. Selbst bei Nacht leuchtet sie noch.

Sie gehört zu diesem Zimmer wie die Wellen zum Meer, wie der Föhn zum Friseur, wie ein Kanarienvogel in seinen Käfig.

Besorgt blickt Louis zu Yellow auf, der ihn durch einen Spalt im Tuch mit geneigtem Kopf ansieht.

Sei bloß still du dummer Vogel.

Da hört er die Schritte auf den Stufen vor der Haustür, die seine Großmutter zuletzt nur noch mit Mühe erklommen hat.

"Jefferson!", sagt eine Frauenstimme, die Louis nicht kennt. Er weiß nur, dass er sich schon häufig unbeliebt gemacht hat. Ist heute der Tag der Rache gekommen?

Energisch presst er sich weiter an die Wand.

"Ich weiß, dass du da drin bist!"

Louis heißt nicht Jefferson. Trotzdem hat er das Gefühl, ihm würde Schlimmes zustoßen, sollte er die Tür öffnen. Von außen sieht das Haus eher unbewohnt, ja fast schon verwahrlost aus.

Da spricht sie die Worte, die ihm einen Schauer über den Rücken jagen.

"Yellow?"

Sein Blick huscht zu dem Vogel unter der Haube, doch es ist zu spät. Ein leises Piepsen entweicht dem Schnabel des Tieres, das Louis später wird zerquetschen müssen.

Wenn er dann noch dazu im Stande ist, einen klaren Gedanken zu fassen.

In diesem Moment fliegt die Tür zum Zimmer auf und das Licht geht an. Louis fühlt sich so klein vor der gelben Wand.

Und all seine Sorgen und Ängste verschwinden in einem Atemzug, wie ein Bermudadreieck in seinen Gedanken klafft dort eine Lücke, wo sie zuvor waren.

Eine schwarzbekleidete Frau steht im Türrahmen und richtet eine Pistole auf ihn.

"Hab ich Sie, Jefferson", sagt sie. "Folgen Sie mir!"

Louis schüttelt den Kopf. "Mein Name ist nicht Jefferson."

Die Frau nickt. Sie wirkt fehl am Platz in diesem grellen Zimmer. Yellow zwitschert.

"Aber Sie waren es, der die dreckigen Geheimnisse der Firma Casham kennt?"

Louis zuckt mit den Schultern. "Das tue ich, ich arbeite dort."

"Ich weiß."

Ihr Blick wandert zum Vogelkäfig. Sie geht einen Schritt auf ihn zu und zieht das Tuch ab. Yellow zwitschert. "Er scheint kaputt zu sein", stellt sie fest.

Louis sieht sie fragend an, während er langsam aufsteht.

"Casham ist die korrupteste Firma dieser Welt", fährt sie fort. "Ich kann es nicht verantworten, dass Sie weiterhin dort beschäftigt sind."

"Entschuldigung, wer sind Sie?", erkundigt sich Louis.

"Sie sind ja paranoid, wie sie sich hier auf dem Boden verkriechen. Das kommt davon, wenn man den ganzen Tag nur mit schmutzigem Geld arbeitet, von dem man selbst nichts sieht."

"Was wollen Sie?", versucht er es erneut.

"Mein Name ist JC, ich arbeite bei CoCrime."

"Bitte wo?"

"Mein Auftrag ist es, die letzten Wünsche verstorbener Personen zu erfüllen, die ein Mitglied unseres Forums waren."

Louis nickt langsam. "Und ich bin Teil eines solchen Wunsches?"

"Durchaus, eine Kundin wünschte sich ihr Ende bei Casham."

"Aber ich möchte nicht kündigen! Ich verdiene Geld, das ich brauche. Wer hatte denn den Wunsch?"

Sie verzieht keine Mine und blickt noch einmal zu Yellow.

"Woher haben Sie den Vogel?", fragt sie.

"Er gehörte meiner Großmutter, bevor sie...oh."

"Möchten Sie jetzt mitkommen, oder verzichten Sie auf ihre zweite Chance? CoCrime bietet nur Schadensersatz, wenn Ihnen etwas in unseren eigenen vier Wänden zustößt. Aber das wird es nicht, wenn Sie mitkommen."

"Ich möchte nicht mitkommen, eher wächst eine Rose in der Wüste, als dass ich meine Einbahnstraße verlasse und einem anderen Pfad folge."

Sie schießt auf Yellow.

Der Vogel fällt von der Stange und scheppert auf den Boden.

Er scheppert.

"Ich habe ihn umsonst gefüttert, oder?", fragt Louis.

Sie nickt.

"Der kleine Roboter hier half uns, das Ende Ihrer Großmutter mitzubekommen und Sie zu überwachen bis der richtige Moment gekommen war."

"Und der ist jetzt?"

"Ja. Wollen Sie mir folgen?"

"Ich will nicht."

"Okay."

Die gelbe Wand färbt sich rot.

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