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Ein unachtsamer Augenblick. Zeit für einen winzigen Kuss. Süßer als jede Sünde, doch ebenso verboten.

Ich schob Heaven von mir und blickte sie aus weitaufgerissenen Augen an. Meinem Schrecken zum Trotz, grinste sie selbstgefällig. Ihr gefiel unser Spiel und deshalb trieb sie mich immer weiter dazu, meine Karten auszuspielen. Doch sie hielt alle Trümpfe in der Hand. Wie konnte ich gewinnen?

Noch immer glänzten ihre Augen feucht von den vielen, aufgewühlten Emotionen, doch jetzt wirkte Heaven zufrieden, wie eine fette Katze die Sahne geleckt hatte.

Ein lautes Räuspern riss uns aus der Zweisamkeit. Ich hatte alles um uns herum vergessen, jetzt traf mich der empörte Blick der Oma. Heaven lächelte der alten Frau freundlich zu, diese blinzelte und senkte den Blick. Also doch nicht nur die reine Entrüstung. Ihr Charme wirkte auch bei rüstigen Seniorinnen.

„Lass der Oma ihren Frieden. Heaven."

Eigentlich gab es wichtigeres zu besprechen als das Sehnen der lüsternen Alten. Selbst ein kurzes Lippenstreifen war ein Kuss. Das durfte nicht mehr vorkommen. Aber was brachten meine vielen Vorsätze, alle fünf Minuten neu gefasst, wenn meine Emotionen mich so hintergingen. Es gab nur die eine Lösung: Heaven nie wiederzusehen. Ich vertraute mir selbst nicht genug, um stark zu bleiben, wenn Heaven mich so anlächelte, ihre Augen strahlten, wie die schönsten Juwelen und sie mit ihrer sanften Stimme süße Worte flüsterte.

„Wieso? Vielleicht hat sie später schöne Träume. Oder sie erzählt ihrer Freundin noch von uns."

Heaven blickte immer noch zu der alten Dame hin und lächelte gedankenverloren. Vielleicht sah sie sich selbst in vielen Jahren.

„Was wirst du denn deiner Freundin in New York erzählen, wenn du nach Hause kommst?"

Ich warf eine wilde Vermutung zwischen uns. Weil ich mir schwer vorstellen konnte, dass noch niemand versucht hatte, dieses wundervolle Komplettpaket vor mir festzunageln. Vielleicht machten wir beide dieselben Fehler. Die eigentliche Freundin weit entfernt und wir wandelten auf verbotenen Pfade. Geteilte Schuld tat halb so weh. Und ich hatte genug davon allein zu leiden.

„Ich habe keine Ashley. Schon seit 2 Jahren nicht."

Natürlich musste Heaven mir die Existenz meiner Partnerin wieder um die Ohren hauen. Sie stellte dieses Mahnmal zwischen uns und funkelte mich herausfordernd an. Sprechen wir darüber, schien in ihrem Blick zu stehen. Als wollte sie mich fragen: „Was ist das zwischen uns?" „Warum tust du sowas?" „Bis wohin wollen wir dieses Spielchen treiben?" Doch sie sagte nicht weiter.

Am liebsten hätte ich ihre eigene Schuld ausgegraben und ihr den Betrug an Jamie von vor 10 Jahren vorgeworfen. Um mein eigenes schlechtes Gewissen zu mildern und irgendwie zurückzuhauen. Wie kindisch. Heaven zwang mich zu erkennen, dass ich kein Stück besser war als sie selbst. Moralische Verderbtheit hatten wir beide ziemlich gut drauf. Zeit vom hohen Ross herunterzusteigen.

Ich seufzte laut. Heaven zeigte mir keine Gnade.

„Und warum hast du keine Freundin? Ich bin mir sicher, dir fehlt es nicht an willigen Verehrerinnen."

Sie grinste und schüttelte den Kopf.

„Nein, das tut es wirklich nicht. Ich habe...hmmm."

Für einen Moment verstummte sie und schien nachzudenken. Sie verdrehte die Finger ineinander.

„Ich habe manchmal Gesellschaft. So ne Art Freundschaft plus. Das passt grad besser für mich. Ich arbeite gerade so viel, da passen Dates eh nicht so richtig rein."

Die Frage: „Und was bin ich für dich?", lag mir auf der Zunge, aber ich stellte sie nicht. Aus tausenden und doch nur einem einzigen Grund. Ich hatte Angst zu fragen. Vielleicht bedeutete ich ihr gar nichts, vielleicht die ganze Welt. Beide Antworten hätten mein inneres Chaos nur weiter angefacht. Wenn sie mich liebte, auch nur ein kleines bisschen, würde ich nicht nur Ashley, sondern auch sie verletzen.

Hey Poppy  (girlxgirl)Where stories live. Discover now