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„Poppy. Was fühlst du für Heaven?"

Ich schaffte es, mich so lang um die Frage herumzudrücken, bis Dani mit langem Seufzen aufgab mich auszufragen. Stattdessen sprachen wir über dies und das und kamen vollkommen vom Thema ab.

Wir redeten viel zu wenig, seitdem wir nicht mehr zusammenwohnten. Ich litt beinah schon unter akutem Dani Entzug. Es hatte gutgetan, sie jederzeit zu sehen und alles sofort mit ihr besprechen zu können. Jede Entscheidung hatte eben ihre positiven und negativem Seiten. Trotzdem lebte ich gern mit Ashley zusammen.

Wir schmiedeten Pläne für die nächste Zeit in Seattle. Meine beste Freundin schaffte es dabei, ihre Vorschläge so vage zu gestalten, dass die Frage, ob Ashley dabei sein würde, gar nicht erst aufkam.

Aber der Schatten meiner wackelnden Beziehung hing trotzdem so deutlich im Raum, dass selbst das Deckenlicht ihn nicht vertreiben konnte. Es gab keinen Weg daran vorbei. Ich konnte nicht mehr weiter schweigen. Wenn ich mit dieser Geheimniskrämerei weitermachte, landete ich noch mit Magengeschwüren im Krankenhaus. So sehr tobte das schlechte Gewissen durch meine Innereien.

Also machte ich mit Dani aus, dass ich Ashley am nächsten Morgen anrufen würde, um das gefürchtete Gespräch zu führen.

„Egal, wie es ausgeht, ich bin für dich da. Du kannst mich danach gleich anrufen. Wir können einen Ausflug machen. Uns hier treffen. Oder du kannst dich auch erstmal in deinem Zimmer einschließen und heulen. Alles ist ok."

Dani legte mir ihre Hände auf die Schultern, während wir schon an der Haustür standen. Die Selbstsicherheit auf ihren Zügen verlieh mir allen Mut, den ich brauchte. Der Morgen war jedoch noch weit entfernt und ich würde erst die gefährlichen Nachtstunden hinter mich bringen müssen. In der Dunkelheit, wenn die Verführung besonders laut flüsterte, konnten mir hundert Gründe einfallen, dieses Versteckspiel aufrechtzuerhalten. Und ich wusste genau, dass jeder der Gründe nur mit einer einzigen Frage in Verbindung stand:

„Poppy. Was fühlst du für Heaven?"

Diese Nacht tat ich etwas, dass ich mir vor Jahren abgewöhnt hatte. Ich holte mein Zeichen Tablet hervor und verbrachte die Stunden bis zum Morgen damit zu arbeiten.

Davor hatte ich erfolglos versucht einzuschlafen, doch mein Kopf kam nicht zur Ruhe. Alle paar Minuten wechselte das Programm und der einzige Sender, den ich gucken wollte, konnte ich mir nicht ansehen, ohne dass mir Übel wurde vor Schuld. Trotzdem versank ich immer wieder in den gefährlichen Erinnerungen.

Heavens Stimme, die liebevoll flüsterte. Sie hauchte meine Namen und der liebliche Ton kribbelte von meinem Scheitel bis zu meinen Zehenspitzen. Der Gesang einer Sirene.

Ihr Lächeln hing über mir, auf ihrem Körper spielten Licht und Schatten. Ihr Blick verdunkelte sich vor Lust, ich tauchte in ihn und ertrank im smaragdfarbenen Wasser.

Ihr Geschmack hing süß auf meinen Lippen und sie küsste ihn fort und gab ihn zurück.

Ihre Finger brannten in mir.

Ich erwischte mich beim Träumen und lenkte meine Gedanken scharf davon, zu Ashley.

Es gab nur ein Problem. Die falsche Frau war besser gewesen. Denn Ashley und mich, uns verbanden andere Dinge. Wichtigere Dinge. Ein gemeinsames Leben, das mit Heaven nicht möglich war. Mit Heaven wallten meine Emotionen unkontrolliert und jagten alles Normale davon, wie ein Sturm. Ein Unwetter aber, musste sich irgendwann legen. Und was blieb danach zurück?

Als Waffe gegen meinen eigenen, fiesen Gedanken, füllte ich meinen Kopf mit allem was ich an meiner Freundin liebte. Dabei dachte ich nur an sie und stellte sie nicht in Konkurrenz. Ich führte keinen Wettbewerb um meine Zuneigung und verglich keine Vorzüge. Ich wollte meine Ashley lieben und alles so einfach und sicher haben, wie es vor diesem Urlaub gewesen war.

Hey Poppy  (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt