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„Na, dass lief doch gar nicht so schlecht.", sagte Sophie.

Das konnte nicht ihr Ernst sein. Scheinbar zeigte sich meine Skepsis deutlich auf meinen Gesicht, denn sie fügte an.

„Gerade eben hat Heaven noch zu mir gesagt, sie kratzt dir die Augen aus, wenn du es wagst her zu kommen. Und jetzt schau mal, wie schön du noch blinzeln kannst, mit deinen hübschen, braunen Augen. Kein Haar gekrümmt."

Ihre Worte gaben mir nicht viel Hoffnung. Heaven hasste mich also inzwischen. Ich hätte nicht herkommen sollen.

„Du solltest ihr folgen und um ihre Aufmerksamkeit betteln. Heaven steht auf sowas. Außerdem..."

Sophie zog die Schleife am Ausschnitt meines Hemdes auf und lächelte verrucht.

„Zeig ihr ein bisschen was. Sie ist eh schon so geil auf dich. Mit ein bisschen Einblick kriegst du sie sicher rum."

Ihre Blick wanderte über meinen Körper. Sie fuhr sich durch das wallende, rote Haar und zeigte ihre strahlend weißen Zähne. Irgendwie überkam mich das Gefühl, Sophie hatte deutlich mehr Freude an meinem Ausschnitt als Heaven ihn haben würde. Trotzdem verknotete ich die Bänder nicht neu. Es konnte nicht schaden alle meine Reize einzusetzen. Auch wenn mein Busen nicht gerade voluminös aus meinem Oberteil sprang. Heaven hatte sich nie über die fehlende Größe beschwert.

„Also dann. Frohes Jagen.", hauchte Sophie. Sie nippte an ihrem Gift. Ihre dunklen Augen funkelten.

„Ich kann wirklich verstehen, dass Aydin dich mag.", sagte ich.

Sophie wirkte wie die weibliche Version meines Freundes.

„Danke."

Sie fasste meine Beleidigung eindeutig als Kompliment auf.

„Ich kann auch verstehen, warum Heaven dich mag. Und ich mag es, wie du sie in ihre Schranken weist. Das hab ich nie so derart bösartig hinbekommen."

Sie hatte meine Intention eindeutig verstanden und gab sie mir auf dieselbe Weise zurück. Jetzt waren wir wohl quitt.

„Also ich lauf dann mal Heaven hinterher."

Sophie kicherte.

„Tun wir das nicht alle?"

Sie war anstrengend, genau wie Aydin. Ich nickte ihr knapp zu und ließ sie stehen, bevor sie mir noch weiter die Worte im Mund herumdrehen konnte.



Zu meiner Überraschung befand sich Heaven noch im nächsten Zimmer. Während des kurzen Wortwechsels mit Sophie, hätte das Objekt meiner Begierde sich leicht irgendwo im Haus verschanzen können, wo ich sie nie wieder gefunden hätte. Aber sie lehnte im nächsten Durchgang und stieß den Besen zwischen ihren Händen hin und her. Vor ihr stand Dani. Meine Dani, die sich mit Heaven unterhielt. Die laute Musik übertönte jedes Wort. Eine vollkommen neue Entwicklung. Die zwei hatten noch nie miteinander gesprochen. Soweit ich mich erinnern konnte.

Heaven wirkte nicht sehr glücklich mit dem Gespräch. Die Falte in ihrer Stirn vertiefte sich immer weiter, doch Dani war ganz ruhig. Sie legte sogar ihre Hand auf den Griff des Besens, als Heaven ihn immer wilder herumwarf.

Ich näherte mich schnell, aus Furcht Dani würde ihre Drohung wahr machen und allen möglichen Mist über mich ausplaudern. Obwohl ich das Gespräch mit Heaven noch nicht Mal versaut hatte. Sie war nur weggelaufen.

Kaum entdeckte mich Heaven, zog sie ihre Mundwinkel nach unten. Sie ergriff sofort die Flucht. Ihr Umhang flatterte und sie zog den Besen über den Boden. Wir führten ein Katz und Mausspiel durch die düsteren Räume.

„Schau nicht so mies gelaunt. Ich hab sie nur begrüßt.", sagte Dani, als ich an ihr vorbeiging. Ich hielt nicht an, um Heaven nicht aus den Augen zu verlieren. Meine beste Freundin folgte mir.

„Ich wollte nicht, dass sie wegrennt und du sie nicht mehr findest."

Ein guter Gedanke. Trotzdem wollte ich mein Liebesproblem lieber allein lösen.

„Außerdem hab ich noch nie mit ihr gesprochen. Und das ist doch irgendwie seltsam, wenn man bedenkt, wie oft wir über sie geredet haben."

Also steckte doch Neugierde hinter Danis Verhalten. Ein Grund, den ich verstehen konnte. Nur den Zeitpunkt fand ich nicht sehr passen.

Heaven ging immer noch durch die Zimmer. Im gemütlichen Schritt, als wüsste sie nicht, dass ich hinter ihr herlief. Nebenbei nahm sie sich einen vollen Becher Gift von einem Tablett herunter. Zu ihrem Glück hinderte sie niemand daran, sich zu betrinken.

„Ich glaube übrigens sie findet mich ziemlich kacke.", sagte Dani.

Ich schenkte ihr einen kurzen Blick, nur um sie an meinem „Klar, oder?" Gesichtsausdruck teilhaben zu lassen.

„Heaven findet vermutlich gerade jeden Kacke, der mit mir befreundet ist."

„Auch wieder verständlich."

So eine direkte Bestätigung hätte ich nicht gebraucht.

Im nächste Durchgang hielt Heaven an. Mich traf ein scharfer Blick. Ein Warnschuss. Ich blieb abrupt stehen. Ein raumlänge Abstand lag zwischen uns.

Mich aufzudrängen hatte eben schon nicht funktioniert. Vielleicht war es besser, Heaven ihren Freiraum zu lassen. Wie ein Hund an einer langen Leine, der unbeschwert über die Wiesen springen konnte, aber gleichzeitig fest mit seinem Besitzer verbunden war. Nur verband Heaven überhaupt nichts mit mir. Ich ließ sie nicht aus den Augen. Den mit jeder Sekunde, die verrann, verstrich auch meine Chance auf diese Liebe. Jetzt, wo ich Heaven wiedergesehen hatte und jedes Gefühl in mir, wie frisch geboren aus dem dunkelsten Teil meines Herzens schlüpfte, wollte ich sie unbedingt zurückerobern. Allein ihre Gegenwart im selben Zimmer, schenkte mir Aufregung, lustvolles Kribbeln und freudiges Herzklopfen.

Heaven stand im Türrahmen und trank ihr Gift. Ihr Blick strich träge durch den Raum, aber sparte die Ecke aus, in der ich mich mit Dani zurückgezogen hatte. So fest entschlossen meine Anwesenheit zu ignorieren.

„Geh doch nochmal zu ihr rüber. Hier rumstehen bringt doch auch nichts."

Dani legte mir die Hand auf die Schulter und übte nur ein wenig Druck nach vorne aus, als bräuchte ich jemanden der mich anschubst.

„Weißt du was passieren wird, wenn ich auf sie zu komme? Sie geht wieder weg. Und ich will Heaven nicht durchs Haus jagen."

„Dann sei schneller. Dräng sie in ne Ecke, oder sowas, dass sie mit dir reden muss. Ihr müsst sowieso miteinander reden, also geh ein bisschen ran."

Dani verschränkte die Arme und klopfte dabei ungeduldig mit den Fingern auf ihre Oberarme.

„Manchmal hast du erschreckende Hetero Mann Energie."

Mein Entsetzten brachte Dani nur zum Grinsen.

„Ich weiß einfach nur, wie man jemanden kriegt. Ich weiß bloß nicht, wie man die dann behält."

„Aber ich würd Heaven gern behalten."

Was brachte es mir, jetzt alles zu riskieren, sämtliche ihrer Grenzen einzureißen, und Heaven so zu überrumpeln, dass sie mich widerwillig akzeptierte. Letztendlich wollte ich sie nur glücklich machen. Und das schaffte ich, indem ich mich nicht mehr wie ein Arschloch verhielt. Ich hatte die Fehler gemacht. Als Entschuldigung würde ich nach Heavens Regeln spielen.

Ich ließ mich auf einen Sessel in meinem Rücken fallen, der eine kräftige Staubwolke ausspuckte. Neben mir saß ein Gerippe, das mich mit leeren Augenhöhlen anstarrte.

Dani seufzte und nahm auf der Armlehne Platz.

„Na gut. Dann warten wir eben. Du wirst schon wissen, wann der richtige Zeitpunkt zum Handeln gekommen ist."

Das wusste ich nicht. Vielleicht vergeudete ich nur unsere Zeit. Aber noch wartete ich auf ein Signal von Heaven. Ich würde geduldig sein, auch wenn ich die ganze Nacht so verweilen mussten.

Hey Poppy  (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt