Kapitel 11 ✔️

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L U N A

Am nächsten Tag war Ron immer noch schlecht auf Mine zu sprechen.
In Kräuterkunde sagte er kaum ein Wort zu ihr, obwohl er, Harry, Mine und ich gemeinsam an einem Kartoffelbauchpilz arbeiteten.
„Wie geht's Krätze?", fragte Mine behutsam, während wir fette rosa Schoten von den Pflanzen pflückten und die glänzenden Bohnen in einen Holztrog warfen.
„Hat sich unter meinem Bett versteckt und zittert immer noch am ganzen Leib.", sagte Ron unwirsch und verfehlte den Trog, so dass die Bohnen über den Boden des Gewächshauses kullerten.
„Vorsicht, Weasley, Vorsicht!", rief Professor Sprout, als die Bohnen vor unseren Augen jäh aufblühten.
Als nächstes hatten wir Verwandlung.
Harry hatte beschlossen, Professor McGonagall nach dem Unterricht zu fragen, ob er mit nach Hogsmeade dürfe, hatte er mir gesagt.
Wir reihten uns in die Warteschlange vor dem Klassenzimmer ein und ein kleiner Aufruhr lenkte meinen Blick nach vorn an die Tür.
Lavender Brown schien zu weinen.
Parvati hatte den Arm um sie gelegt und sprach mit Seamus Finnigan und Dean Thomas, die sehr ernst wirkten.
„Was ist los, Lavender?", fragte Mine beunruhigt, als sie mit Harry, Ron und mir hinzukam.
„Sie hat heute Morgen einen Brief von zu Hause bekommen.", flüsterte Parvati. „Es geht um Binky, ihr Kaninchen. Ein Fuchs hat es getötet."
„Oh", sagte Mine, „tut mir Leid, Lavender."
„Ich hätte es wissen sollen!", sagte Lavender mit tragischer Miene. „Weißt du, welcher Tag heute ist?"
„Ähm."
„Der 16. Oktober! »Das Ereignis, vor dem du dich fürchtest, es wird am 16. Oktober geschehen!« Erinnerst du dich? Sie hatte Recht, sie hatte Recht!"
Die ganze Klasse versammelte sich jetzt um Lavender.
Seamus schüttelte mit ernster Miene den Kopf.
Ich verdrehte nur die Augen.
Mine zögerte, dann sagte sie: „Du... du hattest Angst, Binky würde von einem Fuchs getötet?"
„Nun ja, nicht unbedingt von einem Fuchs.", sagte Lavender und blickte mit tränenüberströmten Wangen zu Mine hoch, „aber ich hab natürlich Angst gehabt, dass es stirbt, oder?"
„Oh.", sagte Mine wieder.
Sie verstummte kurz.
Dann -
„War Binky ein altes Kaninchen?"
„N... nein!", schluchzte Lavender, „es... es war noch ganz klein!"
Parvati drückte Lavender noch fester an sich.
„Aber warum hattest du dann Angst, es würde sterben?", fragte Mine.
Parvati starrte sie wütend an.
Ich seufzte leise.
„Nun ja, seht euch die Sache mal vernünftig an.", sagte Mine und wandte sich den Umstehenden zu. „Erstens ist Binky gar nicht mal heute gestorben, Lavender hat heute nur die Nachricht bekommen -"
Lavender fing laut an zu jammern, doch Mine fuhr fort: „ - und sie kann auch gar keine Angst davor gehabt haben, denn es war doch offensichtlich ein Schock für sie -"
„Mach dir nichts aus dem, was Hermine sagt, Lavender", sagte Ron laut, „sie schert sich nicht groß um die Haustiere anderer Leute."
Es war ein Glück, dass Professor McGonagall in diesem Augenblick die Klassenzimmertür aufschloss; Mine und Ron sahen sich an, als wollten sie gleich aufeinander losstürzen und drinnen im Zimmer setzten sie sich zu beiden Seiten Harry's und mir und sprachen die ganze Stunde kein Wort miteinander.
Ich hatte gerade meinen letzten Satz fertig geschrieben, als es auch schon wieder läutete.
„Einen Moment noch bitte!", rief sie, als wir alle aufstehen wollten. „Als Ihre Hauslehrerin bitte ich Sie, mir die Zustimmungserklärung für den Besuch in Hogsmeade noch vor Halloween auszuhändigen. Ohne diese Erklärung dürfen Sie nicht mitkommen, also nicht vergessen!"
Neville hob die Hand.
„Bitte, Professor, ich - ich glaube, ich hab meine verloren -"
„Ihre Großmutter hat sie direkt an mich geschickt, Longbottom.", sagte Professor McGonagall. „Sie schien es für sicherer zu halten. Gut, das ist alles, Sie können gehen."
„Frag sie jetzt.", zischte Ron Harry zu.
„Oh, aber -", warf Mine ein, doch ich schüttelte nur stumm den Kopf.
Ich möchte nicht, dass es noch mehr Streit zwischen den beiden gibt.
„Los jetzt, Harry.", drängte Ron.
Harry wartete, bis die andern draußen waren, dann ging er hinüber zu Professor McGonagall's Pult.
„Ja, Potter?"
Harry holte tief Luft.
„Professor, meine Tante und mein Onkel - ähm - haben vergessen, das Formblatt zu unterschreiben.", sagte er.
Professor McGonagall sah ihn über ihre viereckigen Brillengläser hinweg an, sagte jedoch nichts.
„Also - ähm - meinen Sie, es wäre möglich - das heißt, ist es in Ordnung, wenn ich - wenn ich mitkomme nach Hogsmeade?"
Professor McGonagall senkte den Blick und begann die Papiere auf ihrem Pult zusammenzuräumen.
„Ich fürchte, Nein, Potter.", sagte sie. „Sie haben gehört, was ich gesagt habe. Keine Erlaubnis, kein Besuch im Dorf. So lautet die Regel."
„Aber - Professor, mein Onkel und meine Tante - Sie wissen, es sind Muggel, sie verstehen im Grunde nichts von - von diesen Formblättern und überhaupt von Hogwarts.", sagte Harry, während Ron ihn mit heftigem Kopfnicken anfeuerte. „Wenn Sie sagen würden, ich kann mitgehen -"
„Aber das sage ich nicht.", sagte Professor McGonagall, stand auf und verstaute ihre säuberlich gestapelten Papiere in einer Schublade. „Auf dem Formblatt heißt es klar und deutlich, dass Eltern oder Vormund die Erlaubnis geben müssen."
Sie sah ihn mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an.
War es Mitleid?
„Tut mir Leid, Potter, aber das ist mein letztes Wort. Sie beeilen sich besser, oder Sie kommen zu spät zur nächsten Stunde."
Da war nichts zu machen.
Ron erfand eine Menge unschmeichelhafter Namen für Professor McGonagall, was Mine ausgesprochen ärgerte.
Sie setzte einen »Umso besser«-Gesichtsausdruck auf, der Ron wiederum noch zorniger machte und Harry musste es ertragen, dass sich alle andern in der Klasse laut und voller Vorfreude darüber unterhielten, was sie in Hogsmeade als Erstes tun müssen.
Ich musste mit anhören, wie sich eine kleine Gruppe über Sirius Black unterhielt und sie warfen mir immer wieder Blicke zu.
„Du hast immer noch das Fest.", sagte Ron, um Harry aufzumuntern. „Du weißt doch, das Festessen am Abend von Halloween."
„Jaah", sagte Harry trübselig, „großartig."
Ich sah Harry bemitleidend an.
Das Festessen an Halloween war immer gut, doch ich konnte mir vorstellen, dass Harry lieber mit uns, an diesem Tag, zurück von Hogsmeade kommen möchte.
Keiner konnte ihn trösten.
Dean Thomas, der gut mit der Feder umgehen konnte, bot ihm an, Onkel Vernon's Unterschrift auf dem Formblatt zu fälschen, doch da Harry Professor McGonagall bereits gesagt hatte, dass Onkel Vernon nicht unterschrieben hatte, nutzte das auch nichts.
Ron schlug selbst nicht ganz überzeugt vor, den Tarnumhang zu nehmen, doch Mine wollte nichts davon hören und erinnerte Ron daran, dass Dumbledore uns gesagt hatte, die Dementoren könnten sehen, wer darunter sei.
Von Percy schließlich kamen wohl die am wenigsten tröstenden Trostworte.
„Sie machen immer diesen Aufstand wegen Hogsmeade, aber glaub mir, Harry, so toll ist es auch wieder nicht.", sagte er ernsthaft. „Gut und schön, der Süßigkeitenladen ist ziemlich gut, und Zonkos Scherzartikelladen ist schlichtweg gefährlich, und ja, die heulende Hütte lohnt immer einen Besuch, aber abgesehen davon, Harry, entgeht dir nichts."

Am Morgen von Halloween wachte ich mit Mine auf und ging hinunter zum Frühstück.
Ich sah Harry an, dass es ihm elend ging, tat aber sein bestes, um das zu verbergen.
„Wir bringen dir eine Menge Süßigkeiten aus dem Honigtopf mit.", sagte ich, sah ihn mit tiefem Mitgefühl an und drückte ihn kurz an mich.
„Ja, ganze Wagenladungen.", sagte Ron.
Er und Mine hatten angesichts von Harry's Verzweiflung endlich ihren Streit wegen Krummbein vergessen.
„Macht euch keine Sorgen um mich", sagte Harry in bemüht lässigem Ton, „wir treffen uns dann beim Essen. Viel Spaß."
Er begleitete uns zur Eingangshalle, wo Filch, der Hausmeister, am Portal stand und die Namen auf einer langen Liste abhakte, wobei er misstrauisch jedes Gesicht musterte und aufpasste, dass keiner sich hinausschlich, der nicht mitdurfte.
„Du bleibst hier, Potter?", rief Draco, der mit Crabbe und Goyle in der Schlange stand. „Hast Bammel vor den Dementoren draußen?"
Harry überhörte ihn, ich umarmte ihn und dann machte er sich auf den einsamen Weg die Marmortreppe hoch und bestimmt zurück in den Turm von uns Gryffindors.
Ich sah ihm noch hinterher, bis ich aus dem Portal trat und mit Ron und Mine in eine Kutsche stieg.

Luna Black 3 - Harry PotterWhere stories live. Discover now