Kapitel 12 ✔️

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L U N A

„Hier, bitte sehr.", sagte Ron. „Wir haben mitgebracht, so viel wir tragen konnten."
Ein Schauer leuchtend bunter Süßigkeiten ergoss sich in Harry's Schoß.
Es dämmerte und Ron, Mine und ich waren soeben im Gemeinschaftsraum aufgetaucht, mit rosa Gesichtern vom kalten Wind und mit Mienen, als ob wir die schönste Zeit unseres Leben gehabt hätten.
„Danke.", sagte Harry und hob eine Tüte winziger schwarzer Pfefferkobolde hoch. „Wie ist es in Hogsmeade? Wo seid ihr gewesen?"
So, wie es sich anhörte: überall, auch wenn ich nur ab und zu was einwarf.
Bei Derwisch und Banges, dem Laden für Zauberei-Ausstattung, in Zonkos Scherzartikelladen, in den Drei Besen, um dampfende Becher heißes Butterbier zu trinken und das war noch längst nicht alles.
„Das Postamt, Harry! Gut 200 Eulen, alle auf Stangen, alle in verschiedenen Farben, je nachdem, wie schnell der Brief ankommen soll!"
„Im Honigtopf gibt es einen neuen Sirup, sie haben Kostproben verteilt, hier ist ein wenig, sieh mal -"
„Wir glauben, wir haben einen Oger gesehen, in den Drei Besen treibt sich wirklich einiges herum -"
„Am liebsten hätten wir dir ein wenig Butterbier mitgebracht, das wärmt richtig durch -"
„Und was hast du getrieben?", fragte Mine mit besorgter Miene. „Hast du ein wenig gearbeitet?"
„Nein.", sagte Harry. „Lupin hat mir in seinem Büro eine Tasse Tee gemacht. Und dann ist Snape reingekommen..."
Sofort hob ich meinen Kopf.
Er erzählte uns alles von Snape's Gebräu.
Ich wusste sofort was es war, es war der Trank für Remus, damit er den Verstand behält, wenn er sich in einen Werwolf verwandelt.
Ron sackte außerdem der Unterkiefer herab.
„Lupin hat es getrunken?", hauchte er. „Ist er verrückt?"
Ich schlug Ron auf den Arm.
„Mein Pate ist nicht verrückt.", schnauzte ich, meinte es aber nicht wirklich böse und ich wusste, dass er es nicht ernst meint.
Mine sah auf die Uhr.
„Wir sollten jetzt nach unten gehen, das Fest beginnt nämlich in fünf Minuten..."
Wir kletterten eilends durch das Porträtloch und schlossen uns der Menge an.
Unterwegs sprachen wir weiter über Snape.
„Aber wenn er - wisst ihr -", Mine senkte die Stimme und sah sich nervös um, „wenn er wirklich versucht hat, Lupin - Lupin zu vergiften - dann hätte er es nicht vor Harry getan."
„Ja, vielleicht.", sagte Harry, als wir in die Eingangshalle kamen und auf die große Halle zugingen.
„Ich glaube aber nicht, dass Snape meinen Patenonkel vergiften würde.", sprach ich ruhig, weil ich sowieso glaube, dass Snape sowas nicht macht.
Irgendwo hat er ein Herz, zwar nicht immer am rechten Fleck, aber er hat eins.
Die Halle war mit Aberhunderten von kerzengefüllten Kürbissen geschmückt, mit einer Wolke flatternder Fledermäuse und flammend orangeroten Spruchbändern, die sanft über den stürmischen Himmel schwebten wie leuchtende Wasserschlangen.
Das Essen war köstlich; selbst Ron und Mine, die noch zum Bersten voll gestopft waren mit den Süßigkeiten aus dem Honigtopf - ich hatte nur ein oder drei gegessen -, schafften es, sich von allem noch ein zweites Mal aufzutun.
Harry warf ständig Blicke hinüber zum Lehrertisch.
Ich beobachtete weiter Harry's Blick.
Remus sah fröhlich aus und so munter wie gewöhnlich, während er angeregt mit Professor Flitwick plauderte, dem kleinen Lehrer für Zauberkunst.
Harry ließ seine Augen am Tisch entlangwandern zum den Platz, an dem Snape saß.
Für mich war alle ganz normal, doch ich sollte mit Remus mal reden.
Das Festessen endete mit einer kleinen Schau der Hogwarts-Geister.
Sie ploppten aus den Wänden und Tischen und schwebten eine Weile im Formationsflug durch die Halle; dann hätte der Fast Kopflose Nick, der Geist von uns Gryffindors, einen großen Erfolg mit der Neuaufführung seiner eignen verpatztem Enthauptung.
Der Abend war so erfreulich gewesen, dass nicht einmal Draco Harry die gute Laune verderben konnte, als er beim hinausgehen über die Köpfe der Menge hinweg rief: „Liebe Grüße von den Dementoren, Potter!"
Harry, Ron, Mine und ich folgten den anderen den vertrauten Weg hoch in unseren Turm, doch als wir den Gang erreichten, an dessen Ende das Porträt der fetten Dame hing, gerieten wir in einen Stau.
„Warum gehen sie denn nicht rein?", fragte Ron verwundert.
Ich spähte über die Köpfe hinweg.
Das Gemälde schien vor dem Loch zu hängen.
„Lasst mich bitte durch.", ertönte Percy's Stimme und mit gewichtiger Miene wuselte er durch die Menge. „Warum steht ihr hier rum? Ihr könnt doch nicht alle das Passwort vergessen haben - entschuldigt mal bitte, ich bin der
Schulsprecher -"
Und dann verstummte die Schar, die vorne stehenden zuerst und ein Schaudern breitete sich den Gang entlang aus.
Wir hörten Percy mit einem Mal in scharfem Ton sagen: „Jemand muss Professor Dumbledore holen, schnell."
Köpfe wandten sich um; wer ganz hinten stand, stellte sich auf die Zehenspitzen.
„Was ist denn los?", fragte Ginny, die soeben dazustieß.
Kurz darauf erschien Professor Dumbledore und eilte zum Porträt; wir Gryffindors drängten uns zusammen, um ihn durchzulassen und Harry, Ron, Mine und ich schoben uns weiter vor, um zu sehen, was los war.
„Oh, mein...", Mine packte Harry's Arm.
Die fette Dame war aus ihrem Gemälde verschwunden und das Bild mit solcher Wut zerschlitzt worden, dass Leinwandfetzen auf dem Boden herumlagen; ganze Stücke waren weggerissen.
Dumbledore warf einen raschen Blick auf das ruinierte Gemälde und wandte sich dann mit verdüsterten Augen um; jetzt kamen die Professoren McGonagall, Remus und Snape auf ihn zugeraunt.
„Wir müssen sie suchen.", sagte Dumbledore. „Professor McGonagall, bitte gehen Sie sofort zu Mr. Filch und sagen ihm, er soll jedes Gemälde im Schloss nach der fetten Dame absuchen."
„Da werdet ihr kein Glück haben!", sagte eine glucksende Stimme.
Es war Peeves, der Poltergeist, der über unseren Köpfen hinweghopste und wie immer angesichts von Zerstörung oder Unruhe, ganz ausgelassen schien.
„Was meinst du damit, Peeves?", fragte Dumbledore ruhig und Peeves' Grinsen fror ein.
Bei Dumbledore wagte er keine Mätzchen.
Stattdessen legte er sich einen schleimigen Tonfall zu, der nicht besser war als sein Glucksen.
„Sie geniert sich, Herr Oberschulleiter. Will nicht gesehen werden. Sieht fürchterlich aus. Hab sie durch das Landschaftsgemälde oben im vierten Stock rennen sehen, Sir, sie hat sich hinter den Bäumen versteckt. Hat etwas schreckliches gerufen.", sagte er glücklich. „Armes Ding.", fügte er nicht ganz überzeugend hinzu.
„Hat sie gesagt, wer es war?", fragte Dumbledore leise.
„Oh ja, Herr Professor Doktor Dumbledore.", sagte Peeves mit der Miene dessen, der eine große Bombe unter dem Arm trägt. „Er wurde sehr zornig, als sie ihn nicht einlassen wollte, verstehen Sie."
Peeves knickte in der Mitte durch und grinste Dumbledore durch seine Beine hindurch an.
„Übles Temperament hat er, dieser Sirius Black."
Und zu diesem Zeitpunkt, wurde ich ganz blass.
Zu diesem Zeitpunkt, änderte sich meine Schulzeit.
Zu diesem Zeitpunkt, verliebte ich mich.
Zu diesem Zeitpunkt, waren nur noch meine Freunde und mein Pate für mich da.

Luna Black 3 - Harry PotterWhere stories live. Discover now