10. Kapitel

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Die Tage vergingen, und wir kamen dem Vollmond immer näher. Meine Alpträume waren auf einmal wie weggeblasen, trotzdem wachte ich hin und wieder auf, was allerdings daran lag, dass Remus zähneklappernd nicht schlafen konnte. Er sollte sich wirklich eine Wärmeflasche oder so zulegen, wobei ich diese Rolle auch ganz passabel übernahm.

Gerade saßen wir beim Mittagessen.

"Heute ist wieder Vollmond.", sagte Peter.

"Leider", fügte Remus hinzu.

"Wir sind den Ablauf ja schon gewöhnt", meinte Prongs, und boxte ihn freundschaftlich in die Seite.

"Aber ich könnte euch verletz..."

"Wann willst du endlich mal aufhören darüber zu reden?", meldete ich mich zu Wort. "Wir wissen dass du uns verletzten kannst, aber du bist es Wert!"

James trat mich unter dem Tisch und machte eine Kopf ab Geste. Zu kitschig. Jaja. Ich habe manchmal einen Hang dazu. Der Rest des Unterrichts ging wie im Flug vorbei, was bei meinen Verhältnissen ziemlich selten war und Moony hatte seinen Rekord im Pulli-tragen aufgestellt (ich wollte eine Urkunde basteln, aber er wehrte sich akut dagegen). Nach dem Abendessen ging Remus zu Madam Pomfrey in den Krankenflügel. Wir warteten ein paar Minuten und quetschten uns dann zu dritt unter James' Tarnumhang. So langsam wurde der Umhang zu klein für uns, wir waren schließlich sechzehn und nicht mehr in unserem ersten Jahr.

"Ja, Mrs. Norris, suche nach Schülern in den Fluren und bringe sie zu mir", hörten wir Filch's Stimme. Und schon kam er um die Ecke geschlurft. Vorsichtig liefen wir an ihm vorbei. Seine Katze starrte uns mit leuchtenden Augen an. Sie miaute und rannte mit leisen Pfoten (meine Pfoten waren leiser) weg, wahrscheinlich um Filch zu holen. Manchmal hatte ich das Gefühl sie könnte durch den Umhang sehen.

"Schnell weg", flüsterte ich den anderen deshalb zu. Wir flüchteten aus dem Korridor und traten in einen Geheimgang der uns ins Freie führte. Die Nacht war hell, der Mond leuchtete wie eine silberne Laterne und die Sterne glitzerten. Wir sahen wie Moony im Gang der peitschenden Weide verschwand.

"Ich hole dich morgen wieder hier ab.", rief Madame Pomfrey ihm hinterher. Dann ging sie zurück ins Schloss. Wie immer verwandelte sich Peter zuerst. Flink flitzte die Ratte zwischen den um sich schlagenden Ästen hindurch und berührte den Knoten am Stamm der Weide. Sofort hörte der Baum auf, um sich zu schlagen. Dann verwandelten Prongs und ich uns auch. Als eine Ratte, ein Hirsch und ein schwarzer Hund betraten wir den unterirdischen Gang.

Noch ein paar Minuten bis Vollmond bis Vollmond. Wir hasteten durch den Gang. Remus saß in der Ecke auf einer Kiste, Ganz in sich versunken hatte er den Blick zum Boden gewendet.

"Hey Leute", sagte er leise und mit verschränkten Armen. Ich bellte und sprang an ihm hoch, was ihn zum Lächeln brachte. "Haltet Abstand zu mir wenn ich mich verwandle."

Ich verdrehte die Augen.

Remus schrie auf. Er wurde größer, aus seiner Haut sprießten Haare und seine Finger wurden zu Klauen. Das schmerzverzehrte Gesicht bekam die Züge eines Wolfes. Er zerfetzte sich selbst seine Kleidung und schrammte sich damit auf die Brust auf. Tiefe Wunden durchzogen sein Gesicht, den Oberkörper und Blut tropfte heraus. Und auch wenn ich den gerade vollendeten Prozess nun schon hunderte Male gesehen hatte, empfand ich jedes Mal tiefes Mitleid für Moony. Trotzdem fand ich seine Wolfsgestallt nicht verängstigend oder gruselig, sondern eher schön, was schon ziemlich seltsam war. Peter und James würden mir bei dem Punkt sicher nicht zustimmen- und Remus schon gar nicht.

Wir behielten ihn immer im Auge, einmal versuchte er durch den Gang der peitschenden Weide zu gelangen, aber war zu groß dafür, und er war verletzt. Von sich selbst. In Werwolf-Gestalt, merkte man den Schmerz vermutlich nicht so arg, aber sobald Remus wieder ein Mensch war, würde abnormale Schmerzen haben. Er tobte in der Hütte bis zum Morgen, und verwandelte sich unter Qualen wieder zurück. Vollständig wieder ein Mensch, nahmen wir ebenfalls unsere normale Gestalt an. Er zog sich frische, mitgebrachte Kleidung an (wobei ich ganz bestimmt wegsah sonst wäre mir die Röte ins Gesicht gelaufen wie ein Wasserfall), und humpelte von uns gestützt bis zum Ende vom Geheimgang, wo wir drei uns unter dem Tarnumhang versteckten, und warteten, bis Madame Pomfrey Remus abholte. Es war ziemlich früh am Morgen, und müde war ich auch. Aber schlafen konnte ich nicht. Die ganze Zeit ging ich im Zimmer auf und ab, was James und Peter wahnsinnig machte. Als der Krankenflügel endlich geöffnet hatte, rannte ich durch die leeren Gänge. Ich klopfte Sturm, und als die Krankenschwester endlich öffnete, rannte ich an ihr vorbei.

"Mr. Black!" Mr. Lupin braucht Ruhe!"

"Aber ich muss ihn sehen!", rief ich zurück. "Bitte Madame Pomfrey!"

"Meinetwegen", willigte sie ein. "Aber nur zehn Minuten."

Ich setzte mich neben Moony und betrachtete ihn. Er hatte die Augen geschlossen, und allem Anschein nach schlief er. Um seine Brust war ein dicker Verband gewickelt, ebenfalls um sein Kopf.

"Hey Moons."

Da öffnete er die Augen, sah mich an und lächelte leicht.

"Wie geht's?"

"Gut", sagte er, nur um kurz danach "Au!" zu rufen.

"Beweg dich lieber nicht.", erwiderte ich.

"Ich hasse es.", murmelte er mit zusammengezogenen Augenbrauen.

"Es geht vorbei", tröstete ich ihn. "Sag wenn ich was für dich tun kann."

Zum Glück war es Samstag, also konnte ich ihn die ganze Zeit beobachten, wahlweise beim schlafen, lernen oder, wenn er mit mir redete. Gegen Nachmittag machte ich einen Abstecher in die Küche, um Remus' Lieblingsschokolade zu holen- Vollmilch und Nougat.

Als ich die Birne auf dem Portrait vor der Küche kitzelte, schwang das Bild auf, und kletterte schnell hinein.

"Guten Tag, liebe Hauselfen", begrüßte ich sie, und trug ihnen den Grund, warum ich hier war vor.

"Natürlich Mr. Black", antworteten sie im Chor, und verbeugten sich.

"Warte, woher wisst ihr meinen Namen?", fragte ich verdutzt.

Da traten die kleinen Wesen beiseite, und gaben einen weiteren frei- Kreacher?!

"Kreacher? Was machst du hier?"

"Der Meister Orion hat Kreacher in die Hogwartsküche geschickt- für unbestimmte Zeit.", antwortete er.

"Warum?"

"Kreacher wollte den Meister Reggie helfen, aus dem Haus der Blacks zu entkommen. Und Kreacher und Herr Regulus wurden erwischt. Meister Orion hat gesagt Kreacher darf nie wieder in die Nähe von dem Herrn Regulus gehen."

"Und du tust was er sagt?", rief ich aufgebracht.

Kreacher schreckte zurück. "Er ist Kreachers Meister, Kreacher muss dem Meister gehorchen!"

Auch wenn ich wusste das es nicht fair, drehte ich ihm den Rücken zu und ignorierte ihn. Die Gedanken an meinen kleinen Bruder vernebelten meine Sinne. In dem Moment kamen ein paar andere Hauselfen zu mir und überreichten mir ein Tablett mit Schokolade drauf. Viel Schokolade. Wirklich viel Schokolade. Ich sah Schokoladentafeln, -riegel, -Sterne, Bruchschokolade, in allen möglichen Sorten.

"Ähm...danke"

Ich verließ die Küche, und bahnte mir meinen Weg Richtung Krankenflügel. Ich wurde von einigen Schülern schräg angeschaut, aber das war ich gewöhnt, als von seiner Familie verstoßener Sohn.

"Schokolade!", Remus Augen leuchteten. Ich lächelte und übergab ihm das Tablett. Gähnend setzte ich mich auf die Bettkante, ich war hundemüde.

Das merkte Moony auch, und er machte Platz, sodass ich mich neben ihn legen konnte. Mein Herz begann schneller zu klopfen, als ich der Geste nachkam. "Du bist ein schokoladenverliebter Idiot", murmelte ich, und war dann binnen weniger Sekunden eingeschlafen.

Joa das Kapitel kam etwas später als geplant, ich hoffe ich kann die Story in Zukunft regelmäßiger updaten. Bis dahin, byeeee!

Looking for the moonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt