Flowers for you / Dylmas

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Dylan
Still schweigend stand ich vor dem rostenden Tor, welches mit Efeu bewachsen war und kämpfte mit mir selbst, es zu öffnen. Dabei hielt ich den Strauß mit den frisch gepflückten Blumen aus meinem Garten fest umklammert.
Nachdem ich noch einmal tief ausgeatmet hatte, öffnete ich vorsichtig das Tor und kniff die Augen zusammen, als es begann, zu quietschen. Es war wohl lange nicht mehr geölt worden.
Erneut atmete ich tief durch und versuchte zu vergessen, wo ich gerade wirklich war. Ich war, wie jeden Tag, auf dem Friedhof, um das Grab meines Freundes zu besuchen. Meine Füße trugen mich wie von selbst zu einem etwas abgelegeneren Grab, welches unter einer Trauerweide lag und von anderen schön hergerichteten Gräbern umgeben wurde.
Ich kniete mich hin und betrachtete mit glasigen Augen den kalten Grabstein.
„Hey Tommy", flüsterte ich, „ich habe dir Blumen mitgebracht, die aus unserem Garten, die du so liebst. Du weißt, was für ein schrecklicher Gärtner ich bin, also weiß ich leider nicht, wie sie heißen, aber ich wollte sie dir bringen."
Eigentlich hatte ich nicht den blassesten Schimmer davon, wie man sich um Blumen oder generell Pflanzen kümmerte, aber Thomas zu Liebe versuchte ich, jede einzelne am Leben zu halten, die er je gepflanzt hatte. Dieses warme, zufriedene Grinsen, das immer sein Gesicht geschmückt hatte, wenn eine seiner Pflanzen gut wuchs, würde und konnte ich niemals vergessen.

Einige Minuten, in denen ich einfach nur auf seinen Grabstein starrte, vergingen.
„Bald sind es schon zwei Jahre. In genau fünfundzwanzig Tagen."
Ich merkte, wie eine Träne über mein Gesicht kullerte.
„Und ich vermisse dich wie am ersten Tag."
Ich würde dieses Gefühl nie wieder vergessen können, als diese Ärztin anrief und mir mitteilte, dass mein Freund bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Ich hatte den Hörer einfach fallen lassen und war vor Trauer mehrmals zusammengebrochen. Ich hatte einfach keinen Sinn mehr im Leben gesehen, wenn ich es ohne Thomas leben musste.

„Weißt du, wie gerne ich die Zeit zurückdrehen würde? Denn wenn ich gewusst hätte, dass du nie mehr wiederkommst, als du mir nur noch schnell etwas besorgen wolltest, hätte ich dich niemals aus dem Haus gehen lassen oder hätte dich zumindest noch ein bisschen länger umarmt und noch ein bisschen liebevoller geküsst. Ich will einfach nur, dass du wieder zu mir zurückkommst, auch wenn ich weiß, dass das nie passieren wird."
Ich wischte mir mit meinem Ärmel die Tränen von den Wangen und lehnte mich etwas nach vorne, um die vom Wind darauf geblasenen Blätter vom Grab zu entfernen. Wenn er es schon verdient hatte, hier unter der Erde zu liegen, dann sollte er es wenigstens so schön wie möglich haben.
„Kannst du dich noch an diese Frau erinnern, die neben uns gewohnt hat? Die, bei der wir dachten, dass sie niemals einen Mann kriegen wird? Sie hat jetzt eine Frau geheiratet und letztens ein Kind adoptiert. Finn heißt der Kleine." Ich musste schluchzen. „Ich- ich musste so sehr an dich denken, als sie mir das erzählt hat. Warum bist du weg? Warum lässt du mich hier allein? Ich hätte so gerne das gleiche mit dir durchlebt. Nicht einmal heiraten konnten wir. Warum hatten wir so wenig Zeit?"
Ein Tränenfluss lief über meine Wangen. Jeder sagte, der Schmerz würde nie weggehen, aber man würde irgendwann lernen, mit ihm zu leben. Aber wann würde ich das? Es waren mittlerweile fast zwei Jahre vergangen und ich musste jedes Mal heulen, wenn ich nur an ihn dachte.

Von etwas weiter hinten konnte ich die Glocken der Friedhofskapelle hören, offensichtlich fand gerade eine Beerdigung statt. Sofort musste ich an den Tag zurückdenken, an dem die meines Freundes stattgefunden hatte.
Es war der dritte Dienstag im September gewesen und mit Abstand einer der schlimmsten Tage meines Lebens. Auf dem Weg zum Friedhof war ich zusammengebrochen und mein bester Freund hatte mich stützen müssen, bis wir angekommen waren. Als die Feier losging, war ich nicht der einzige gewesen, der sich die Augen ausgeheult hatte, aber mit Abstand der, dem sein Tod am meisten zu schaffen machte. Die Rede, die ich hatte halten sollen, musste der Pastor für mich vorlesen, weil ich mich nicht beruhigen konnte.

Ich atmete erneut tief durch und biss mir auf die Unterlippe, um nicht schon wieder zu weinen.
„Weißt du, auch wenn wir nicht genug Zeit miteinander hatten, bin ich unendlich dankbar für die Zeit, die wir hatten. Und wenn ich sie noch einmal durchleben könnte, würde ich es tun, egal wie sehr ich am Ende verletzt werde. Ich würde alles für dich tun und ich werde dich niemals meinen Ex-Freund nennen, auch wenn ich weiß, dass unsere Zeit vorbei ist. Aber unsere gemeinsame Zeit war die schönste meines Lebens und du warst und bist der wichtigste Mensch in meinem Leben."

Ich strich mit meinen Fingern über die weiße Schrift auf dem dunkelgrauen Grabstein, über seinen Namen, sein Geburtsdatum und seinen Todestag.
„Irgendwann sehen wir uns wieder."
Ich stand wieder auf und betrachtete das mit seinen Lieblingsblumen bepflanzte Grab, während der kühle Herbstwind durch mein Gesicht strich und mir eine Gänsehaut verpasste. Seit seinem Tod konnte ich den Herbst nicht mehr ausstehen, auch wenn er vorher meine Lieblingsjahreszeit gewesen war. Früher hatte ich mich über die angenehm frische Luft, die bunten, herumfliegenden Blätter und das kälter werdende Wetter gefreut, heute verhasste ich all diese Sachen.

Nachdem ich nun um die zwei Stunden am Grab meines Freundes gesessen und ihm unter Tränen von meinem Tag erzählt hatte, richtete ich alle Gestecke und Blumen noch einmal und erhob mich dann. Ich ließ meinen Blick ein letztes Mal über all die Pflanzen und den Grabstein gleiten und wischte mir die nun neu entstandenen Tränen vom Gesicht.
War es überhaupt gesund, jeden Tag so viel zu weinen? Ich wusste es nicht, aber es war mir gleichgültig. Jeder Besuch, den ich dem Grab abstattete, war emotional, dennoch tat ich es jeden gottverdammten Tag.
„Bis Morgen, Tommy."
Meine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern, aber ich war mir sicher, dass Thomas mich hören konnte, wo auch immer er jetzt war. Ich konnte es einfach im Herzen spüren.

Ich drehte mich um und schluchzte erneut auf, als sich nun wieder alle schönen Erinnerungen, die ich mit meinem Freund gesammelt hatte, in meinem Kopf abspielten. Ich sah jede einzelne klar und deutlich und versuchte, jetzt nicht daran zu denken, dass ich mich gerade Schritt für Schritt von den Überbleibseln dieser wunderbaren Person entfernte.
Mit tränenüberströmten Gesicht schloss ich das rostige, quietschende Tor des Friedhofes und sah mit verschwommenem Blick noch einmal zurück in die Richtung, in der das Grab von Thomas lag.
„Ich werde dich nie vergessen", flüsterte ich und drehte mich um, um nach Hause zu gehen. Zu unserem Zuhause.

Thomas Platz war eben bei mir, bei uns Zuhause in unserem kleinen Haus und daran würde selbst der Tod nichts ändern können.

Heyho!
Wie ich darauf kam? Hatte so nh leichte Depri Phase 💀 naja anyways, enjoy it.
Falls irgendwer auf schlechte Newtmas FF's steht, guckt gerne mal bei meiner jetzigen vorbei :)
Danke fürs Lesen!🤍

Dylmas/Newtmas OneShots <3Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon