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2 | Schutz

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Neugierig drehte ich mich herum und sah sofort mehrere mir völlig unbekannte Jugendliche den breiten Gang entlanglaufen.

Sie waren sicher in unserem Alter, hatten auch genau wie wir ganz normale Klamotten an, doch ihre Ausstrahlung war vollkommen anders. Irgendwie anmutiger und stellte alles andere um sie herum in den Schatten. Auch der intensive Geruch nach Wald, der sie umgab, nahm den kompletten Flur auf einen Schlag ein und ließ mich tief durchatmen.

»Das müssen die Oberen sein«, flüsterte Aleya in die Stille, die zwischen mir und Sawyer stand und deren Mund sich vor lauter Staunen schon gar nicht mehr zu schließen schien.

Mein Blick fiel von ihr dann genau auf das Mädchen mit den schwarzen, lockigen Haaren, die ziemlich schüchtern wirkte und zwischen zwei gut gebauten Jungs irgendwie hilflos aussah. Sie war die Einzige, die nicht so ganz in dieses Bild passte und genau deswegen zog sie auch meine volle Aufmerksamkeit auf sich.

Erst, als der breite Typ neben ihr mein neugieriges Starren bemerkte und mich wütend anfunkelte, wandte ich meinen Blick wieder ab. Nervös schaute ich zu meinen Freunden, die wie besessen von ihnen wirkten.

»Wieso glotzt ihr die so an, als wären sie etwas Besonderes? Das sind nur arrogante Idioten, die denken, ihnen würde diese Stadt gehören!«, meinte ich genervt und verschränkte meine Arme.

»Naja«, warf Aleya ein und schaute mich mit hochgezogener Augenbraue an. »Sozusagen gehört sie ihnen ja auch.«

Augenverdrehend schaute ich ein letztes Mal flüchtig zu dem Mädchen, deren dunkle Augen dann genau auf meine trafen und mich so lange gefangen hielten, bis Aleya mich am Arm berührte und ich schreckhaft zusammenzuckte. 

»Lasst uns in den Unterricht«, meinte sie und hakte sich bei mir ein, um Sawyer ins Klassenzimmer zu folgen.

Ganz hinten an unserem Tisch angekommen, stellte ich erst mal meinen Rucksack ab und ließ mich anschließend auf den ungemütlichen Holzstuhl fallen. 

Während Sawyer und Aleya anfingen, über die Hausaufgaben zu diskutieren, beobachtete ich den Rest meiner Klasse, die nach und nach nur langsam das Klassenzimmer betraten. 

Wir waren nicht viele und es gab an unserer Schule pro Jahrgang auch immer nur eine Klasse, was wohl bedeutete, dass die Oberen gleich hier eintreten würden, was mir überhaupt nicht passte. Der eindringliche Blick des Mädchens ging mir nicht aus dem Kopf und dazu noch der breite Typ, der mir gegenüber wohl sofort feindselig eingestellt war, warum auch immer.

Als nach einer Weile endlich alle saßen und leise tuschelten, trat auch schon unser Lehrer Mr. Handsome ein und legte seine schwarze Umhängetasche lächelnd auf das große Pult, um anschließend eilig wieder den Raum zu verlassen.

»Wo der wohl hinwill?«, hörte ich Aleya neben mir interessiert fragen und als mein Blick nachdenklich zu ihr herüber fiel, war sie gerade dabei, ihre schwarzen Haare zu einem hohen Dutt zu binden. 

Es wunderte mich immer wieder, wie viele kleine Sommersprossen sie besaß. Natürlich sah sie dadurch interessant aus, aber irgendwie passte es nicht zu ihrer sonst so dunklen Haut. 

»Vielleicht auf Toilette«, mutmaßte Sawyer, der neben ihr saß und mit seinem Handy herumspielte. Seine blonden Haare fielen ihm ins Gesicht und das Piercing an seiner Lippe funkelte von dem hellen Licht der Sonne. 

»Guten Morgen!«

Mr. Handsome betrat erneut den Raum und als hätte ich es geahnt, folgten ihm wirklich drei der Oberen ins Klassenzimmer hinein, darunter auch das Mädchen und der breite Typ, bei dem ich sofort bemerkte, dass er wohl alle wütend musterte und nicht nur mich.

»Oh Mann«, flüsterte ich genervt und wandte mich meinem Rucksack zu, aus dem ich meinen Block und einen Kugelschreiber herauskramte.

Als ich mich anschließend wieder erhob, stand der breite Typ plötzlich genau neben mir und ließ sich auf den Stuhl fallen, um mich schließlich noch kurz abwertend zu mustern, ehe er nach vorn zur Tafel schaute. Was hatte er nur für ein Problem mit mir? Sie sollten doch dankbar dafür sein, dass wir sie auf unserer Schule willkommen hießen. Doch das waren sie anscheinend nicht, denn für diese arroganten Idioten war es natürlich selbstverständlich. 

»So, ihr habt sicher alle den Aufsatz über die Markierungen geschrieben. Ich bitte euch, die Arbeiten nach der Stunde auf mein Pult zu legen. Heute widmen wir uns nämlich einem neuen Thema.«

Alle Aufmerksamkeit lag auf unserem Lehrer, der mit seinen lockigen dunklen Haaren und der Brille zwar unscheinbar und langweilig wirkte, aber trotzdem eine solch charismatische Ausstrahlung hatte, die einen förmlich dazu zwang, ihm gerne zuzuhören. 

»Wir beschäftigen uns heute mit dem Thema Gefährten. Es ist immerhin euer letztes Schuljahr und sobald ihr die Volljährigkeit erreicht habt, werden die meisten von euch ihn sicher finden.«

Er rückte sein braunes Hemd zurecht, schnappte sich ein Stück Kreide von seinem Schreibtisch und schrieb dann "Seelenverwandte" mitten auf die Tafel.

Am liebsten hätte ich sofort wieder die Augen verdreht, doch ich verkniff es mir und hörte ihm weiterhin zu, obwohl ich dieses Thema einfach nur lächerlich fand.

»Kann mir jemand erklären, was es mit diesem Phänomen bei uns Wölfen auf sich hat?«

Einige meiner Klassenkameraden meldeten sich sofort, es war aber das neue Mädchen mit den schwarzen Haaren, die, ohne sich gemeldet zu haben, einfach reinsprach.

»Jeder Wolf hat einen Seelenverwandten und ab der Volljährigkeit sind wir im Stande ihn zu finden. Er ist für uns geschaffen und wir sind verpflichtet, uns ihm hinzugeben und ihn zu lieben, in guten, wie in schweren Zeiten.«

Okay, jetzt konnte ich ein theatralisches Augenverdrehen wirklich nicht mehr vermeiden, was Mr. Handsome zu meinem Unglück auch noch bemerkte.

»Jadelyn, du scheinst damit nicht einverstanden zu sein. Wie siehst du das?«

Als ich plötzlich spürte, dass alle Augen auf mich gerichtet waren, musste ich an meinen Bruder denken, der heute Morgen noch meinte, ich solle es vermeiden Aufmerksamkeit zu erregen. Tja, Satz mit X, das war wohl nichts.

»Ich finde es ziemlich seltsam, dass wir dazu bestimmt sein sollen, uns unseren Partner fürs Leben nicht selbst aussuchen zu dürfen. Was ist denn, wenn man seinen Seelenverwandten nicht mal leiden kann? Oder wenn man ihn erst mit 40 findet, aber schon Mann und vielleicht Kinder hat? Muss man dann seine Familie verlassen?«

Die Blicke meiner Mitschüler wanderten wieder zu Mr. Handsome, der nachdenklich mit dem Kopf nickte und vor das Pult trat, um sich daran anzulehnen. Ich wusste, dass er es genoss, eine solch offene Diskussion zu führen. Er war nicht die Art Lehrer, der viele Arbeiten schreiben ließ, sondern eher einer, der den direkten Draht zu unseren Meinungen wollte.

»Du wirst ihn lieben. Es gibt gar nicht die Möglichkeit, dass man seinen Seelenverwandten nicht leiden kann«, kam es plötzlich erneut von dem schwarzhaarigen Mädchen, die zu meiner rechten Seite saß und mir jetzt schon ziemlich auf die Nerven ging.

»Und wenn er ein riesiges Arschloch ist?«, gab ich ihr leicht gereizt zurück und während sie mich genauso intensiv musterte, wie ich sie, hörte ich Mr. Handsome, der mich wegen meiner Wortwahl ermahnte und dabei wieder hinter sein Pult trat.

»So, ihr holt bitte Stift und Papier raus und ich möchte von jedem bis zum Ende der Stunde 500 Wörter zu diesem Thema«, erklärte er und zeigte dabei hinter sich an die Tafel. Vermutlich spürte auch er, dass die Lage sich anspannte und wollte eine Eskalation verhindern.

Dann trat auf seine Worte hin auch schon Stille ein und alle wandten sich ihren Blöcken zu, doch ich konnte es einfach nicht lassen, immer wieder zu ihr herüber zu schauen, was sie zu meiner Verwunderung auch erwiderte. Irgendwas war wirklich merkwürdig an ihr und ich musste mir eingestehen, dass sie in mir eine Art Reiz auslöste, was ich überhaupt nicht erklären oder verstehen konnte.

Die Arroganz des WolfesOnde histórias criam vida. Descubra agora