„Nein. Das ertrag ich jetzt nicht. Lass mich doch einfach in Ruhe."

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„Mione? Kommst du?" ruft Harry, als ich mich von Molly und Arthur Weasley verabschiede, und ihnen für ihre Gastfreundlichkeit danke, die sie mit einer wegwerfwenden Geste abtun.

„Ja", rufe ich zurück und schnappe meine Tasche. Den Koffer hat Ron - ausnahmsweise mal Gentleman-like - getragen und somit ist er schon in einem Abteil verstaut.

„Auf Wiedersehen, Molly, auf Wiedersehen Arthur." Ich widerstrebe immer noch ein bisschen die Weasley Eltern bei ihrem Vornamen anzusprechen, ich denke das gehört sich nicht wirklich, aber sie bestehen darauf.

„Da bist du ja endlich", ist die Begrüßung, als ich in das Abteil stolpere, in dem sich Harry und Ron gerade aufhalten.

„Ja, und ich geh auch gleich wieder", sage ich bissig und hole noch ein paar Schreibsachen aus meinem Koffer die ich vergessen habe.

„Äh, wohin?" erkundigt sich Ron und schaut irritiert.

Ich tippe auf das Abzeichen auf meiner Brust und ziehe die Augenbrauen hoch.

„Oh." Ist Rons einfallseiche Antwort.

„Bis später", sage ich und hüpfe aus dem Abteil.
Als ich Ron davon erzählt hatte, wer denn mein Partner sei, ist er erst mal ausgerastet. Er hat herumgebrüllt von wegen, dass der Typ schon längst im Gefängnis sitzen sollte und dass er nutzlos sei und ein Verräter. Ich habe stumm daneben gestanden und gewartet bis er aufhörte. Doch aufgehört zu wüten hat er erst, als Harry und Ginny schließlich von seinem Gebrüll nach oben gekommen sind, in der Erwartung irgendetwas Schreckliches vorzufinden.

Vorgefunden haben sie aber nur ein Häufchen Elend namens Hermione Granger und ein tobender Hurrikan namens Ron Weasley.

Trotzdem stehe ich jetzt nervös vor dem Abteil der Schulsprecher und Vertrauensschüler und weiß nicht, ob ich hineingehen soll - oder eher: kann.

„Weißt du, es geht einfacher, wenn du die Türe aufmachst als sie nur anzustarren, wenn du hinein willst", sagt eine heisere Stimme hinter mir.

Erschrocken drehe ich mich um und schaue in silberne Augen. Silbern wie das Mondlicht schimmern sie und unwillkürlich muss ich blinzeln. Ich dränge die Tränen zurück und schlucke.

„Ich weiß", sage ich nur und stoße hastig die Türe auf, als wäre dahinter frische Luft, und draußen alles vergiftet. Ist es ja auch. Der Geruch von Pfefferminze und Zimt weht noch immer zu mir herüber.

Ein paar der Vertrauensschüler sind schon da. Überwiegend die gleichen wie in dem letzten Schuljahr das ich besucht hatte. Hanna Abbot, Ernie Macmillan in Hufflepuff. Padma Patil, Anthony Goldstein in Ravenclaw. Parkinson und Theodore Nott, der Dracos Platz eingenommen hat in Slytherin.

Ron ist ausgestiegen, wenn man das so nennen kann, ihm wurde das gegen Ende doch alles zu viel Arbeit mit Pansy. Und Seamus Finnigan nahm seinen Platz ein. Wie ich feststellte sogar nur allzu bereitwillig. Pansy und Seamus? Äh, okay.

Mein Platz wurde Ginny angeboten die leicht skeptisch annahm. Harry war ganz froh darüber, keine aller Positionen einzunehmen, da er mit der Presse sowieso schon überfordert war.

Ich stelle meine Tasche ab und streiche mir nervös die Haare aus dem Gesicht.

„Äh, ja. Fangen wir mal an..." beginne ich und versuche mich daran zu erinnern, was zum Teufel Jackson uns vor zwei Jahren hier erzählt hatte. Aber ich konnte mich beim besten Willen nicht an mehr als die Worte „Fangen wir mal an..." und den Schwung von Dracos Haaren erinnern.

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Als mir nach ungefähr zwei Stunden nichts mehr einfällt, was ich sagen könnte gebe ich das Wort an Draco weiter, der nur zu sagen hat, dass ich eh schon alles gesagt habe und mir zu grinst, was mich erst mal total aus der Bahn wirft.

„Gut, ich denke, dann... wenn ihr noch fragen habt, kommt gleich zu mir und sonst geht in eure Abteile." Ich könnte mich wirklich umbringen, so scheiße hört sich das gerade an.

Alle erheben sich, noch leicht irritiert von meiner Aussage, aber keiner hat mehr eine Frage.

„Schöner Vortrag", sagt Draco und tritt hinter mich.

Oh Shit. Das ertrag ich jetzt nicht. Lass mich doch einfach in Ruhe.

„Danke", bringe ich heraus und packe meine Tasche zusammen.

„Du kannst das echt gut... Vorträge halten", meint er gedehnt und hört sich in diesem Moment so sehr wie Ambroise an, dass ich nach Luft schnappe und zur Tür zurück weiche.

Ein leichtes Runzeln der Stirn folgt meiner Reaktion, glättet sich aber gleich wieder.

„Was willst du?" frage ich tonlos. Ich weiß echt nicht, was ich von Draco im Moment halten soll. Er benimmt sich so... so wie früher. Wie der Verräter, den ich eigentlich eh erwartet habe. Trotzdem tut es weh, zu sehen, dass ich recht habe und er sich wirklich kein Stück geändert hat. Dabei habe ich so gehofft, dass der Krieg ihn ein bisschen verändert hat.

Er sieht mich lange an und ich frage mich, ob überhaupt noch etwas kommt.

Da antwortet er: „Nichts", und geht an mir vorbei aus dem Abteil.

Er hat es mal wieder geschafft. Er hat mich total aus dem Konzept gebracht und mich stehen gelassen. Wieso kann der das eigentlich so gut?

Ich gehe zurück zum Abteil und als ich eintrete sehe ich das besorgte Gesicht von Ginny, die mitbekommen hat, dass ich mit Draco allein zurückgeblieben bin. Auch die beiden Jungs sehen nicht gerade bester Laune drein.

„Tut mir leid, Mione. Habs total vergessen", meint sie entschuldigend und steht von Harrys Schoß auf.

„Macht nix. Ist nichts passiert und wie du siehst lebe ich noch." Versuche ich einen kleinen Witz.

Die drei lächeln müde darüber.

Ich setze mich zu Ron und er legt mir einen Arm um die Schulter. Ginny erzählt Harry irgendetwas, aber ich höre nicht zu. Ich starre aus dem Fenster und versuche diese blöden grauen Augen aus dem Kopf zu bekommen. Was mir aber nicht sehr gut gelingt, denn die Wolken am trüben Himmel haben genau den gleichen Grauton.

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„Wir kommen bald an." sagt Ginny und schaut aus dem Fenster. Und wirklich, der Himmel ist schon lange dunkel und verschiedene Schüler rennen hektisch auf dem Gang entlang. Wie mir aufgefallen ist, kam dieses Jahr kein Wagen mit Süßigkeiten. Anscheinend ist die nette alte Dame auch Opfer des Krieges geworden.

Da ich eh von Anfang an umgezogen war, muss ich mich nicht wie die anderen in die schwarzen Umhänge hüllen, sondern sitze weiterhin aus dem Fenster starrend auf meinem Sitz und warte bis wir in den Bahnhof von Hogwarts einfahren.

Auf dem Bahnsteig hört man die übliche laute Stimme von Hagrid die die Erstklässler zu sich ruft. Harry und Ron rufen Hagrid ein Hallo zu und verschwinden dann zusammen mit Ginny zu den Kutschen.

Ich laufe schweigend hinter ihnen her. Auch ich habe Hagrid zwar zu gelächelt, doch wie soll ich richtig lächeln, wenn sich mir die ganze Zeit zwei paar graue Augen in die Gedanken schieben?

Ich gehe zu den Kutschen hinüber. Bessergesagt ich will gerade gehen, da bleibe ich wie angewurzelt stehen.
Ich kann sie sehen. Ich kann die Thesthrale sehen. Und sie sehen...grauenhaft schön aus.
Die ledrigen Flügel sind an den Körper gepresst und die kahlen Schädel der Tiere angelegt. Sie sehen einfach fürchterlich aus. Nie hab ich es für möglich gehalten, dass sie so aussehen würden, Merlin wie oft habe ich mir gewünscht sie sehen zu können? Und jetzt schrecke ich davor zurück. Jetzt verstehe ich, wieso Harry so erschreckt war am Anfang unseres fünften Schuljahres.

Nur die Augen, die schwarzen, glänzenden, großen Augen machen aus ihnen etwas Fantastisches. Es ist schwer zu erklären, doch sie sind furchtbar hässlich und wunderschön zugleich.

„Mione, kommst du?" höre ich es heute zum zweiten Mal von Harry und ich antworte mit demselben schlichten „Ja", wie heute Morgen.

Ich steige in die Kutsche ein und lehne mich erschöpft gegen Rons Schulter, der ein bisschen überrascht ist, aber gleich einen Arm um mich legt. Ich sehe zu, wie Harry Ginny einen Kuss gibt und lächele.

Hatelight - Draco&Hermione//Teil II *complete*Where stories live. Discover now