„Ich bin erbärmlich."

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Je weiter ich mich vom Schloss entferne, desto schmerzhafter wird das Ziehen in meiner Brust. Draco wird mich vermutlich hassen, wenn er aufwacht. Aber wie ich schon gesagt habe, ist es mir das Risiko wert.

Als ich schließlich vor dem großen schwarzen Tor stehe, dass mich wahrscheinlich zu Ron bringt, und doch gleichzeitig in den ziemlich sicheren Tod, steigen brennende Tränen der Angst in meine Augen, welche ich nur mühsam unterdrücken kann.

Nur mit dem Zauberstab bewaffnet versuche ich das Tor zu öffnen und zu meiner Überraschung geht es erstaunlich gut auf. Möglichst leise versuche ich mich durchzuschieben. Gelingt mir aber leider nicht. Das Tor quietscht ziemlich laut und ich bin mich sicher, dass Ambroise mich spätestens jetzt bemerkt hat. Ist also nichts mit dem leise anschleichen und dem erhofften Überraschungseffekt.

Trotzdem versuche ich mich weiterhin so leise wie möglich anzuschleichen, das Tor schließe ich mit einem zum Glück ziemlich leisen Klicken.

Dicht an der dunklen Hecke entlang die zu jeder Seite des Weges empor wächst, gehe ich auf dem knirschenden Kies in Richtung der großen Villa.

Ich habe mir eigentlich noch keine großen Gedanken gemacht, was ich machen werde. Da auf dem Brief nur stand ich solle „zum Manor" kommen, weiß ich nicht genau, wo genau. Jetzt wo ich darüber nachdenke ist für mich die logischste Erklärung, nach hinten zu der kleinen Tür zu gehen, aus der er mich beim letzten Mal „gerettet" hat.

Inzwischen ist der Mond schon fast untergegangen und der leicht rosa Schein am Horizont kündigt das aufgehen der Sonne an. Ich ziehe meine graue Strickjacke fester um meine Schultern, denn trotz der bald aufgehenden Sonne fröstele ich in dem kühlen Herbstwetter. Das Grau der über mir hängenden Wolken erinnern mich an die Augen, die sich gestern geschlossen hatten, als ich sie zum wahrscheinlich letzten Mal sah. Wenn auch im Osten die Sonne gerade aufgeht, kann ich kaum Details irgendwo erkennen, daran mag aber vielleicht auch der leichte Nebelschleier schuld sein.

Ich sehe nicht gerade aus während ich leise auf das Gebäude zu renne, ich blicke auf den Boden. Der dunkle Kies erinnere mich an die Nacht in der die Greifer uns hierher verschleppten. Harry hatte damals diesen Brandzauber von mir abbekommen und stöhnte manchmal leise auf, Ron hingegen wehrte sich mit Leibeskräften, während ich nur versuchte möglichst ohne Schmerzen zur schwarzen Silhouette des Hauses zu kommen.

Als ich vor dem Haus stehe, kommen auch die anderen Erinnerungen wieder hoch.
Das Licht im Salon brennt. Der Raum in dem Bellatrix mir dieses eine Wort in den Arm geritzt hat. In dem Dobby der Hauself gestorben war. In dem Draco mir nicht geholfen hatte. Die Erinnerung treibt mir wieder Tränen in die Augen. Ich wische sie weg, bevor sie über meine Wange rinnen können und gehe dicht an der Hauswand um das Manor herum.

Als ich an der Ecke des herrschaftlichen Hauses ankomme, höre ich Stimmen.

Das Zischen der einen Stimme hört sich ein bisschen an wie das einer Schlange, während die andere Stimme wütend und trotzig vor sich her schimpft.

Unschlüssig stehe ich hier und überlege was ich machen soll. Inzwischen beleuchten schon die ersten Sonnenstrahlen den hellen Kiesweg und erst jetzt sehe ich die kleinen unscheinbaren Blüten zwischen dem dunklen Grün der Hecke hervor blitzen.

Die Vögel zwitschern nun lauter und die fröhliche Melodie hört sich so fehl am Platz an, dass ich traurig darüber lächeln muss.

Ich weiß nicht was ich machen soll und so stehe ich einfach mit geschlossenen Augen da und lausche auf die Stimmen. Ich kann nicht einfach hervor treten und Ambroise ins Gesicht sehen. Denn ich weiß, dass mich das unglaubliche grün seiner Augen nur ablenken wird. Ebenso kann ich aber nicht ewig hier stehen bleiben und versuchen ein paar Wörter aufzuschnappen.

„Wo bleibt sie?!" die ungeduldige Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.

„Wie oft noch: sie wird nicht kommen!"

„Ach? Und wieso nicht?"

„Wieso sollte sie?"

„Sie liebt dich."

„Nein, sie liebt Malfoy."

„Aber dich auch!" die eine Stimme wird lauter.

„Wie oft wollen wir unseren Dialog noch wiederholen?"

„Solange, bis sie kommt!"

„Aber sie wird - "

„Doch! Und jetzt halt die Klappe!"

Die feste Überzeugung in Rons Stimme, als er sagte, ich würde nicht kommen... wieso denkt er das? Natürlich lasse ich meinen besten Freund nicht im Stich! Er würde das auch nicht tun. Er wäre sofort gekommen und würde auch nicht so wie ich tatenlos hier herum stehen.

„Was, wenn nicht?!" meint Ron plötzlich aufmüpfig.

„Dann fessele ich dich wieder..." ist Ambroises Antwort. Er sagt es, als wäre es das normalste der Welt.

„Schön! Dann halt. Aber ganz ehrlich. Du hältst mich hier schon seit einer Ewigkeit fest und ich bekomme noch nicht einmal wirklich etwas zu Essen!"

„Ist das dein ernst?!"

„Ja! Ich habe Hunger. Kann ich bitte etwas zu Essen haben?"

„Nein", nun hört man, dass Ambroise wirklich genervt ist.

„Wieso?"

„Weil du nicht den Mund hältst."

„Das heißt wenn ich meinen Mund halte kriege ich etwas?"

„Nein."

„Aber - "

„Jetzt halt doch endlich den Mund du verdammter Blutsverräter!" schreit Ambroise plötzlich los.

Ich schließe die Augen.

„Nein", äfft Ron die Stimme des Entführers nach.

Ich höre ein gemurmelten Fluch und ein Rascheln und ein Protestschrei von Ron.

„Hey! Mach das wieder weg!"

„Ich habe dich gewarnt."

„Aber das tut weh!"

Ein erneuter gemurmelter Zauberspruch.

„Au! Lass das!"

Ich balle meine Hände zu Fäusten. Was stellt er mit Ron an?

Der laute Protest von Ron wird immer leiser und geht schließlich in Wimmern über. Ich kann nichts tun, außer da zustehen und Ron zu hören, wie er offensichtlich Schmerzen leidet. Ich bin erbärmlich.

Ich atme ein letztes Mal tief durch und dann schaue ich leise und vorsichtig um die Ecke.

Hatelight - Draco&Hermione//Teil II *complete*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt