„Heute, wo es das letzte Mal sein könnte."

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Die ganze letzte Woche über habe ich die kleine Perlenhandtasche gepackt und wieder umgeräumt und zum Schluss doch wieder alles ausgeleert. Das kenne ich ja schon. Aber das hier ist ein kleines bisschen anders. Was werde ich brauchen? Wird es schwierig? Brauche ich ein paar Bücher? Zaubertränke? Kleider?

Als ich allerdings am Abend des zwölften Novembers, entscheide ich mich nur das Nötigste mitzunehmen und so landen meine Bücher alle wieder im Regal und die drei extra Shirts im Schrank. Ich lege mich wie gewohnt schlafen und Draco guckt schon misstrauisch.

Vielleicht werde ich mit einem kleinen Zauber nachhelfen müssen, damit er einschläft, immerhin liegt er neben mir und bekommt alles mit. Auch wenn ich ein furchtbar schlechtes Gewissen haben werde, muss ich es tun, denn das ist es mir doch allemal wert, wenn Draco am Leben bleibt.

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Nachdem wir wie üblich jeden Abend zusammen Hausaufgaben gemacht haben, die heute außergewöhnlich still geschrieben wurden, packe ich schließlich al erste die Bücher weg und verschwinde im Badezimmer um mich umzuziehen. Gleich darauf folgt Draco. Ich kann ihn zwar hören aber nicht sehen.

Der lange schwarze Vorhang der den Raum komplett abtrennt, von den zwei Türen die in den Gemeinschaftsraum führen bis zu den Waschbecken im hinteren Teil, lässt jedes Geräusch durch, doch keine Sicht.Ich höre, wie der Blonde das Wasser anmacht und stelle mir vor, wie er gerade in den Spiegel schaut, aus dem ihm zwei graue Augen anblicken umrandet von langen silbernen Wimpern. Wie er das Gesicht mit Wasser benetzt, seine Lippen sich von der Kälte röten und die Haare langsam feucht werden. Wie er den Kopf schüttelt und sein langes glattes Haar, welches er von seinem Vater geerbt hat den Kragen seines weißen Hemdes streift... obwohl.

Nein. Das Hemd heute war nicht weiß. Nicht so rein und Blütenfarben wie sonst. Heute war es schwarz. So schwarz wie er es eigentlich nur an einer Beerdigung getragen hätte. Schwarz wie Ambroise normalerweise seine Hemden trug. Ich schließe die Augen und versuche mir wieder Draco vorzustellen, nicht Ambroise.

Es ist Draco der sich neben mir nur zwei Meter entfernt das Gesicht abtrocknet und das Hemd über den Kopf streift um es zur Wäsche zu tun die von den Hauselfen abgeholt wird. Ich atme tief ein und stelle ebenfalls das Wasser an. Auch ich starre mich im Spiegel an, doch bei mir liegt der Blickfang nicht bei den Augen. Nein er liegt auf dem Medaillon das silbern in der Kuhle zwischen den Schlüsselbeinen liegt und in dem hellen Licht glitzert. Es dauert ein paar Sekunden bis ich den Blick davon abwenden kann. Es bedeutet mir so unendlich viel. Doch dann wende ich den Blick ab und ich schöpfe das Wasser mit den Händen und spritze es mir in das Gesicht. Normalerweise tut man das ja, wenn man aufwachen will. Kurioserweise will ich im Moment eigentlich nur schlafen gehen, aber vielleicht will ich aus der Illusion aufwachen, Ambroise könnte wenige Meter neben mir stehen, aufwachen.

Wenig später liege ich in Draco's Bett. Er ist noch nicht da. Ich habe keine Ahnung, was er so lange im Badezimmer macht. Vielleicht hat er sich um entschieden und duscht doch noch oder er braucht Zeit für sich. Ich habe Harry nichts von Ambroise Brief erzählt. Wieso sollte ich? Es hat keinen Sinn. Er würde nur mitkommen wollen und meinen Plan gefährden. Ja, genau. Ich habe einen Plan. Er ist zwar noch nicht ganz ausarbeitet - vielleicht werde ich ihn auch nie zu Ende planen und werde improvisieren – dennoch einen Versuch wert. Eigentlich ist es ganz einfach. Entweder ich bringe Ron unbemerkt von dem grünäugigen weg, oder ich werde bei dem Versuch sterben. So wie in den ganzen Heldenepen, die ich als Kind immer verschlungen habe. Nur sind die meisten wahren Helden immer davon gekommen. Oder einen rühmlichen Tod gestorben. Ich dagegen werde wahrscheinlich einfach sterben und wenn ich Glück habe noch irgendwie von ihm beseitigt. Ein paar Auroren werden vermutlich nach mir suchen und mich dann für tot erklären und Draco wird Astoria heiraten und wahrscheinlich auch mit ihr glücklich werden. Egal was er jetzt für mich empfindet. Oder sagt für mich zu empfinden. Noch immer habe ich keinen Beweis. Doch das wird jetzt erst einmal nicht mehr von Bedeutung sein.

Die Tür zum Badezimmer klickt und ich erschrecke ein wenig, doch als ich den hellen Lichtstrahl sehe und die vertrauten Umrisse von Draco entdecke muss ich unwillkürlich lächeln. Er hat sein schwarzes Hemd gegen sein silbernes Nachthemd eingetauscht, das er neuerdings trägt und kniet sich vorsichtig vor das Bett, sobald er das Licht im Badezimmer gelöscht hat.

„Mione. Schläfst du schon?" wispert er und betrachtet mich kurz.Ich öffne die Augen, die ich geschlossen habe um die Vertrautheit des Moments einzufangen, weil ich so einen Moment vielleicht nie wieder erleben werde. Ich spare mir die Antwort, indem ich den Kopf hebe und einen Arm um seinen Nacken lege um ihn zu küssen. Er lächelt leicht und erwidert den Kuss zärtlich. Doch schon nach kurzer Zeit löse ich mich von ihm und schlage die Decke hinter mir zurück, so dass er sich wie jeden Tag hinter mich legen kann um mich zu halten während ich mich zusammenrolle und mich für die kurze Zeitspanne der Nacht einfach nur behütet fühle. Er legt sich neben mich und legt einen Arm um meine Taille während die andere nach meiner Hand greift und unsere Finger ineinander verflicht. Ich lächele als ich realisiere, mit welcher Vorsicht und Konzentriertheit er das all tut. Wie ein allabendliches Ritual und erst heute fällt es mir auf. Heute, wo es das letzte Mal sein könnte.

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Nach ein paar Stunden des Wachdaliegens, dem Herzklopfen von Draco Lauschend und des Wartens auf Mitternacht, winde ich mich wehmütig aus Draco's Griff. Ich husche möglichst lautlos in mein Zimmer um meine Sachen zu holen. Bevor ich aus dem Turm gehen kann zwingt mich mein Herz noch einmal kehrt zu machen und in Draco's Zimmer zu schleichen. Ich muss ihn noch ein letztes Mal sehen. Doch aus dem letzten Mal sehen wird ein endloser Moment in dem ich einfach nur im Türrahmen stehe und auf den schlafenden Jungen schaue. Das silbern glitzernde Medaillon, welches neben seinem Kopf liegt ist irgendwie passend zu diesem Bild. Die silberglänzenden, langen Haare können gut mit den funkelnden Edelsteinen an der Kette aufnehmen.Ich habe mich dazu entschlossen, die Kette hier zu lassen als kleinen Rachefeldzug, wie er mir damals das Bild daließ, welches nun wahrscheinlich irgendwo verschollen ist. Er wird es am Morgen finden und wissen wo ich bin. Vielleicht wird er nach mir suchen. Das Risiko muss ich eingehen, vielleicht bin ich, wenn ich Glück habe dann aber auch schon wieder zurück. Was ich aber insgeheim bezweifle. Bei jeder Treppenstufe die ich hinunter steige, wird mein schlechtes Gewissen größer. Auch wenn ich mich die ganze Zeit vor mir selber rechtfertige mir dann wieder Vorwürfe mache und am Schluss doch wieder gut zurede – ich hätte Draco nicht zusätzlich mit einem Schlafzauber belegen sollen.l

Hatelight - Draco&Hermione//Teil II *complete*Where stories live. Discover now