Vanessa

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Am nächsten Tag traf ich mich also mit Vanessa. Wir trafen uns so gegen 12 00 Uhr an der Stelle, an der wir uns gestern getroffen hatten. Als ich ankam wartete sie bereits. "Hey, sorry, dass ich so spät bin, mein Bruder hat mich aufgehalten. Der ist so nervig das glaubst du gar nicht." "Alles gut ich bin auch erst vor Kurzem gekommen. Tja ich hab solche Probleme nicht, bin Einzelkind." Den letzten Teil sagte sie mit gekünstelter überheblicher Stimme. Ich lachte darauf nur "Glaub mir, sei froh! Ok was willst du zuerst machen? Wir könnten Eis essen und danach zum Baggersee?" Sie bejahte meinen Vorschlag lächelnd. 

Nachdem wir unser Eis gegessen haben, machten wir uns auf den Weg zum Baggersee. Während wir fuhren redeten wir sehr viel. Ich erfuhr zum Beispiel, dass sie zu ihrer Oma gezogen ist, da ihre Eltern bei einem Autounfall gestorben sind. Seit dem Zeitpunkt, wo sie mir dies erzählt hat, schwiegen wir beide. Sie wahrscheinlich weil sie in Erinnerungen schwelkt und ich weil ich sie dabei nicht stören wollte. Plötzlich blieb sie abrupt stehen, worauf ich sie nur fragend ansah.

Sie nickte grinsend mit dem Kopf nach rechts, eine große Wiese direkt am Baggersee. Dieser Anblick, der mir geboten wurde war unbeschreibbar. Auf der ganzen Wiese verteilt tanzten die Kerle. Sie tanzten! Dazu hatten sie noch die Augen verbunden und so ein älterer Mann sah ihnen lächelnd dabei zu. Ich konnte mich nicht mehr halten vor Lachen und kippte, samt meinem Fahrrad, um. Dieses Geschehen war einfach unglaublich. Nachdem ich mich von meinem Lachflash erholt hatte, stemmte ich mein Fahrrad und mich selbst wieder auf.

Leon hatte uns anscheinend bemerkt, denn er hörte abrupt auf mit Tanzen und nahm seine Augenbinde ab. "Halt! Stopp! Hört sofort auf!" befiel er seiner Mannschaft. Diese wiederum nahmen verwirrt die Augenbinden ab. "Was zur Hölle ist das?" Ich verdrehte die Augen. Waren die wirklich so dumm? "Na was wohl ein Mädchen." erklang die rauchige Stimme des Trainers. Ich glaube sie hatten mich nicht wirklich bemerkt, da ich noch etwas hinter Vani stand. "Ein, ein M-mädchen?" Raban war manchmal noch kindischer als die andren. "Wollt ihr sie nicht fragen was sie hier will" hörte ich wieder die Stimme des vermutlichen Trainers. "Was sie will, von uns?" Die sind so kindisch. "Na los sag es und hau wieder ab" riss mich Leons unfreundliche Stimme aus meinen Gedanken. Bitte Vani, können wir einfach wieder gehen?  "Ich bin neu hier und wollte fragen, ob ich mitspielen kann." Oh nein, Vanessa. "Das Training ist aus" Huh, Glück gehabt. "Und morgen?" fragte sie nochmal hoffnungsvoll. "Vanessa, was machst du?" zischte ich ihr zu, doch sie ignorierte mich einfach. "Dann bist du immer noch das." Mal wieder verdrehte ich wegen denen die Augen. "Was?" fragte Vani noch immer mit einem Hauch Hoffnung. "Ein Mädchen" Diese angewiderte Stimme bringt mich echt zum Kotzen. Das war auch der Grund, warum ich mich einmischte. "Besser ein Mädchen, als ein 'wilder' Trottel!"

"Was will die denn hier?" Jetzt hatten mich anscheinend auch die anderen bemerkt, denn alle sahen mich an. "Was glotzt ihr so?!" verdrehte ich die Augen und sah dann genervt. Ich wollte einfach nur hier weg. Jedoch beschloss ich noch etwas zu warten, da sie alle langsam auf uns zu kamen. Ich machte mich schon auf eine Diskussion bereit, doch sie liefen einfach langsam an uns vorbei und begutachteten Vanis Fahrrad. Eigentlich hatte ich vor ihnen noch eine Beleidigung hinterher zu werfen, entschloss mich jedoch dagegen. 

"Ich bin übrigens Willi." unterbrach der Mann mit der rauchigen Stimme unser Schweigen. "Tut mir wirklich leid wegen den Jungs. Sie sind noch nicht so... erwachsen." Ein leichtes Lächeln schlich sich in mein Gesicht, als ich die Wörter des alten Mannes hörte. Wir verabschiedeten uns dann und ich zeigte ihr noch Bushaltestelle und die Schule, sie würde die gleiche besuchen wie ich.

Wir machten uns gerade auf den Weg zu Vanessa, wir wollten noch einen Film schauen, da riss sie mich aus meinen Gedanken "Was hältst du eigentlich von den wilden Kerlen?" Etwas ungläubig sah ich sie an "Sie sind allesamt eingebildete Trottel. Einer mehr als der andere. Warum fragst du?" "Nur so." Okay, das war seltsam. Jetzt schwiegen wir und hingen unseren Gedanken hinterher. Als ich merkte, dass sie stehen blieb schaute ich verwirrt zu ihr. "Wir sind da." belustigt sah sie mich an "Ahh" 

Wir machten uns noch einen schönen, gemütlichen Abend und gegen 18 00 Uhr machte ich mich auf den Weg nach Hause. "War cool heute, müssen wir unbedingt wiederholen." Vanessa war wirklich schwer in Ordnung. "Ja auf jeden Fall. Wenn du willst kannst du am Donnerstag vorbei kommen, ich hab Geburtstag." "Ja klar dann bis Donnerstag." schnell umarmte ich sie zum Abschied und verabschiedete mich noch von ihrer Oma "Auf Wiedersehen Frau Butz!" Ich schwang mich auf mein Rad und fuhr durch die Straßen von Grünwald.

 Langsam zogen die Häuser an mir vorbei und irgendwann landete ich bei Hadschis Stand. Die Erinnerungen an meine erste Begegnung mit dem witzigen Erfinder. Ein kleines Schmunzeln lag auf einen Lippen und begrüßte meinen Freund "Hallo Hadschi!" "Ach hallo Ela, freut mich, dass du vorbei schaust. Mandarine?" lächelnd nahm ich die orangene Frucht. "Sag mal, kann ich morgen Mittag vorbei kommen?" Nun lächelte der Mann mit krakel Schnurrbart nicht nur, sondern er strahlte förmlich "Aber natürlich ich freue mich immer über Gesellschaft. Sagen wir morgen 14 00 Uhr?" "Ja das passt. Weißt du zufällig wieviel Uhr wir haben?" "Lass mich mal schauen", er holte eine alte Taschenuhr heraus, "Es ist genau 18 48." "Danke, ich müsste dann los um 19 00 Uhr gibts Abendessen und meine Mutter mag es nicht wenn ich mich verspäte." "Okay, dann bis morgen." Als er das sagte saß ich schon auf meinem Rad und rief noch ein "Bis dann." über meine Schulter.

Ich fuhr so schnell ich konnte, mit meiner Mutter war echt nicht zu spaßen. Schnell stellte ich mein Fahrrad in die Garage und betrat dann unser Haus. Es roch köstlich nach Spaghetti mit Tomatensoße, meinem Lieblingsessen. "Ach, auch mal da?" Meine Mutter saß bereits mit meinem Bruder am Tisch und sah mich tadelnd an. "Entschuldige Mutter." 

Abends in meinem Bett ließ ich nochmal die Ereignisse des Tages durch den Kopf gehen. Ich hatte das Gefühl in Vanessa eine gute Freundin gefunden zu haben, aber ich glaube sie will zu den wilden Kerlen. Wie sie mir berichtete war Fußball für sie ihr Leben, schon in ihrer alten Heimat spielte sie in einer Mannschaft und hier in Grünwald gab es eben leider nur die wilden Kerle oder die unbesiegbaren Sieger. Sonst würde ich auch auf jeden Fall einer Mannschaft beitreten, aber lieber verzichte ich, als mich einer Gruppe Vollidioten anzuschließen. Außerdem konnte ich auch jederzeit mit meinem Bruder spielen oder mit Simi skaten, sie konnte kein Fußballspielen. Auch die wilden Trottel tanzend auf einer Wiese konnte ich nicht vergessen. Bei der bloßen Erinnerung musste ich schon Grinsen. Was mir ebenfalls ein Grinsen entlockte war die Vorfreude auf den morgigen Tag, ich würde endlich Hadschis Werkstadt sehen und ihm sogar beim Erfinden helfen. Mit diesen Gedanken schlief ich super ein.

DWK und ElaineWhere stories live. Discover now