Die Mutprobe

160 10 2
                                    


Hier stand ich nun, spät abends, und blickte etwas angsterfüllt die Megamonsterhöllenklippe hinab. Rechts neben mir stand meine beste Freundin und links Igelchen. Wir alle hoben uns an den Händen. Und dann, dann sprangen wir. Ihr fragt euch sicherlich wie ich in dieser Situation gelandet bin, lasst es mich erklären...

Noch am selben Abend, nach dem Angriff auf Camelot, als ich abends in meinem Zimmer saß und eines meiner neuen Bücher las, hörte ich plötzlich etwas an mein Fenster klopfen. Zuerst ignorierte ich es, doch nach dem zweiten und drittem mal beschloss ich mich nachzuschauen. Unten saß Vanessa auf ihrem Fahrrad, aber sie sah nicht aus wie die Vanessa die ich kennengelernt hatte, sie hatte gelockte Haare, war geschminkt und schick angezogen. Schnell öffnete ich das Fenster "Was machst du denn hier? Und wie zum Teufel siehst du überhaupt aus?" Meinen Kommentar ignorierend erklärte sie mir was sie vorhatte. "Du willst die Trottel durch ne' Mutprobe wieder aufbauen?" bejahend nickte sie "Aber was ich nicht ganz verstehe, was willst du jetzt von mir?" "Ich will, dass du mit mir kommst. Du musst nicht springen, aber ich brauch deine Unterstützung." immernoch skeptisch schaute ich sie an "Bitte, du bist meine beste Freundin, ich schaff das nicht ohne dich." nach diesen Worten biss ich mir auf die Unterlippe und überlegte gründlich. Was hatte ich davon? Ich mochte die meisten nicht und würde das Risiko eingehen, Hausarrest zu bekommen. Andererseits war Vanessa meine Freundin und ich wollte sie nicht hängen lassen. Seufzend ließ ich meinen Kopf hängen "Gib mir fünf Minuten." Bevor ich vom Fenster zurück tritt, sah ich Vanessa noch lächeln. Ich schnappte mir schnell einen Rucksack und steckte eine dünne Decke, eine Jogginghose und einen Hoodie ein. Sicherheitshalber schloss ich meine Tür ab und schaltete das Licht aus. Dann  schnappte ich mir mein Skateboard, da es zu laut wäre die Garage zu öffnen. Mit vollen Händen ging ich wieder zum Fenster un öffnete es, ich musste irgendwie hier runter kommen. Das war leichter gesagt als getan, da mein Zimmer ja ganz oben war. Doch zum Glück war unsere Garagendach fast direkt unterhalb meines Fensters. Ich warf also zuerst meinen Rucksack auf das Dach und versuchte danach mein Skateboard so gut und so leise es ging ebenfalls auf das Dach zu legen. Dies funktionierte auch recht gut und nun musste nur noch ich aus dem Fenster klettern. Langsam setzte ich mich vorsichtig auf den Sims und streckte mein linkes Bein aus um das Dach zu erreichen. Als mein erster Fuß es erreichte stoß ich mich mit voller Kraft ab und landete etwas schwankend auf dem Dach. Erleichtert seufzte ich erstmal erleichtert auf bevor ich meinen Rucksack und mein Skateboard nahm und sie Vanessa runter reichte. Danach rutschte ich an der Regenrinne herunter und landete neben einer grinsenden Vanessa.

Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu Marlon und Leon, wobei der jüngere natürlich einen besonderen Auftritt hinlegen musste und nicht einfach wie sein älterer Bruder durch die Tür kam. Als er von seiner Seilbahn herunter kam begrüßte er uns mal wieder freundlich wie eh und jeh "Ist das deine Kriegsbemalung Nessie? Und was macht denn die Prinzessin schon wieder hier?", seinen abwertenden Unterton bemerkend verdrehte ich nur meine Augen, ließ es aber Vanessa zu Liebe bleiben. Auch Vanessa erklärte nur das nötigste und schon machten wir uns auf den Weg zu Fabi. Er reagierte genauso wie ich "Wie siehst du denn aus?" Doch Vanessa sagte nur "Jedenfalls besser als ihr alle zusammen" und fuhr davon, ich ihr hinterher. 

Nachdem wir alle Trottel abgeholt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Baggersee. Außer den üblichen Sprüchen war die Fahrt ruhig und niemand sprach ein Wort. Als Vanessa und ich, an der Spitze der Truppe, den See erreichten, stieg sie vom Fahrrad und ich nahm mein Board in die Hand. Wir machten uns schon auf den Weg zur Klippe, wurden jedoch von einer Frage aufgehalten "Was wollt ihr denn hier?" Ach Leon, so dumm wie immer "Das siehst du doch, die wollen springen" erklärte Marlon seinem nicht mitkommenden Bruder. Von weiter hinten kam noch "Hat die ne Maise?", Und die nennen sich die wilden Kerle? "Ne und wir springen ganz sicher nicht alleine!" "Und ob ihr das tut!" Da musste ich dem Druck nachgeben und ebenfalls etwas sagen "Das denk ich auch bei euch Schissern." Daraufhin kamen nur "Wer ist hier der Schisser?" "Die springt doch eh nicht, die ist nur ein stinkendes Mädchen" Unbeeindruckt schaute ich wieder zu Vanessa und wollte schon losgehen, doch jemand hinderte uns erneut daran "Ich springe mit euch" Überrascht schaute ich wieder zu den Trotteln und erblickte Fabi, der auf uns zulief. Zu dritt machten wir uns auf den Weg zur Klippe, dicht gefolgt von den Schissern. 

An der Klippe angekommen stellten wir uns nebeneinander auf. Fabi, Vanessa, ich. "Was hast du gesagt, wie hoch ist das hier?", ertönte die angsterfüllte Stimme von Fabi. "Über zehn Meter" auch Vanessa schaute ängstlich nach unten. "Wie viel über zehn Meter?" "Hundert? Oder Tausend? Woher soll ich'n das wissen?" Da ich nicht länger warten wollte, weil es immer höher schien, schritt ich dazwischen "Jetzt scheißt euch mal nicht ins Hemd und lasst uns endlich springen" Von hinten hörte ich nur ein "Oho die Prinzessin macht eine Ansage" die Aussage ignorierend machte ich mich bereit zu springen, doch Fabi unterbrach mich schon wieder "Wenn du stirbst, werd' ich allen erzählen wie mutig du warst und wie feige die anderen." Wow, danke dafür. Erneut machte ich mich bereit, doch auch diesmal unterbrach mich jemand, jemand dessen Stimme ich noch nie gehört hatte "Halt wartet!" Es war Maxi. Ich fands ehrlich gesagt ziemlich cool, dass er in diesem Augenblick angefangen hat zu reden, doch dies lag vor allem daran, dass es Leon überhaupt nicht gefiel "Kackeverdammte, Maxi! Das werd' ich dir nie wieder verzeihen. Warum musst du ausgerechnet jetzt mit dem Sprechen anfangen?" Nach einer kurzen Redepause fuhr er fort "Verflixt! Maxi hat recht! Oder wollt ihr ab jetzt als Feiglinge dar stehen?" Also meiner Meinung nach waren alle Feiglinge, die nicht den Mumm hatten von alleine zu springen. Nachdem sie alle ihre Jacken ausgezogen hatten stellten sie sich zu uns in die Reihe, wobei sich Leon zwischen Vanessa und Fabi quetschte, was letzterem eher weniger gefiel. Als ich eine Berührung an meiner anderen Hand merkte drehte ich meinen Kopf erst zu der Hand und mein Blick wanderte langsam den Arm der Person hinauf, woraufhin ich direkt in Markus' grinsendes Gesicht sah.

Und genauso bin ich hier gelandet. "Na Prinzessin, bist du bereit?" "Worauf du Gift nehmen kannst" Dann begann Vanessa zu zählen "1" ich hatte doch Angst "2" vielleicht sollte ich es doch lassen "3" ich merkte noch einen letzten Druck an meiner linken Hand und dann sprangen wir. Wir sprangen und hatten uns noch nie so frei gefühlt. Mit einem lauten Klatsch landeten wir alle zusammen im Wasser. Schnell schwamm ich an die Oberfläche, wurde aber kurz darauf wieder von etwas, oder bessergesagt jemandem in die Tiefe gezogen. Ich strampelte und strampelte, aber es ließ mich nicht los. In dem Moment dachte ich schon es wäre mein Ende, doch ich wurde endlich los gelassen und kam prustend an der Wasseroberfläche an. Tobend schaute ich mich um und erkannte, dass alle am lachen waren und Markus kurz nach mir ebenfalls lachend an der Oberfläche ankam. Dann handelte ich einfach ohne lange darüber nachzudenken und schmiss mich auf Markus, um ihn unter Wasser zu drücken. Dies klappte allerdings nur für kurze Zeit bis er mich packte und einfach wieder ins Wasser schmiss. 

Nachdem wir noch eine Weile im Wasser waren, wurde uns allen etwas kalt und wir beschlossen aus dem Wasser zu gehen. Vanessa und ich hatten uns noch hinter den Büschen umgezogen und jetzt sitzen wir alle zusammen, eingewickelt in die Decken, an Bäume gelehnt, wobei Vanessa und ich etwas abseits saßen. Gerade als ich Vanessa von einem neuen Trick, den ich lernen wollte, erzählte, merkte ich, dass sie gar nicht zu hörte, sondern einen leicht lächelnden, ja ich sagte  lächelnden, Leon anstarrte. Deshalb ließ ich es bleiben und ließ meinen Blick über die Trottel wandern, wobei ich bei einem Augenpaar hängen blieb. Igelchen. Ich wusste nicht wieso ich nicht weggeschaut hatte, aber meine Augen wollten seine einfach nicht loslassen. Ihm ging es da genauso, da er Jojo nicht beachtete bis jener ihn antippte. Als ich durch sein Wegschauen bemerkte, dass ich ihn angestarrt hatte, senkte ich meinen Blick schnell mit geröteten Wangen auf mein Skateboard, welches vor mir lag. Ich spürte noch seinen Blick erneut auf mir, doch ließ meinen Kopf gesenkt.

Als ich zu Hause ankam kletterte ich noch, ohne mein Board, ich ließ es vor der Garage stehen, schnell in mein Zimmer und zog mir noch wärmere Klamotten an. Hoffentlich hatte meine Mutter nichts bemerkt. Ich schloss noch die Tür auf und ging ins Bad. Danach fiel ich hundemüde in mein Bett, doch bevor ich einschlief schickte ich eine Sprachnachricht an Simi, in der ich ihr alles und ich meine wirklich alles was in der letzten Woche passiert ist haargenau erzählte.

DWK und ElaineWhere stories live. Discover now