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Als wir uns voneinander lösten, brannten meine Wangen. Meine Lippen zehrten sich jetzt schon nach seiner Berührung, sowie alle anderen Stellen die er die letzten Minuten berührt, oder auch nur angesehen hatte. Es kam mir dumm vor, „Wow" zu sagen, aber bis auf das und Emilios Namen, war mein Kopf wie leergefegt.
Emilio atmete schwer. Doch als er mich ansah, fing er an zu schmunzeln. Ein sehr ehrliches Schmunzeln.
Wie programmiert, stimmte ich mit ein. Hoffentlich grinste ich nicht wie bescheuert. Auch wenn sich sicherlich tomatenrote Wangen dem Lächeln beigesellt hatten.

Eine alte Frau sah uns wissend an, als ich mich ruckartig umsah. Wir waren in einem Museum. Ich hatte mit einem Jungen in totaler Öffentlichkeit rumgemacht. Zusammen. Waren wir jetzt sowas wie zusammen? Ach darüber konnte ich nachher nachdenken. Musste ich doch, oder?
Als ich mich wieder Emilio zuwand, nachdem ich der Frau zuzulächeln versucht hatte, um die ganze Sache runterzuspielen, berührten mich seine rauen Finger. Er strich mir eine nervige Haarsträhne hinters Ohr. Diese kleine Berührung löste wieder so viel in mir aus. Ich bekam es schon fast mit der Angst zu tun. Das war wirklich neu für mich.
„Vielleicht sollten wir jetzt wirklich zu den anderen zurück."
„Ja" danke, danke, danke! Meine Stimme war noch da. Auch wenn mein Ja sehr tief rausgekommen war. Das Gefühlschaos war einfach noch zu frisch.
Wir gingen langsam los und mir glitt ein weiteres Lächeln ins Gesicht als sich unserere Hände beim Gehen berührten. Keiner von uns beiden zog weg. Dabei hätte ich schwören können das Emilio mir gerade kurz über den Handrücken gestrichen hatte. So etwas zärtliches kannte ich kaum von ihm. Manchmal glich er echt einer Wundertüte.

„Da seit ihr ja endlich!". Sobald mir Joanna und Sarah in den Blick gekommen waren, war ich mir schnell durch die Haare gegangen, in der Hoffnung keine Spuren unserer... Knutscherei, zu hinterlassen. Ich denke beide würden nicht glücklich sein würden sie es wissen. Denn auch wenn Sarah auf Joanna abfuhr und wahrscheinlich glücklich war, würde sie kein Auge mehr auf Emilio werfen, wäre Joanna warscheinlich nur verletzt und verbittert. Was Sarahs Situation dann auch nicht helfen würde.
Die nächste Stunde verbrachte ich ohne wirklich da zu sein. Meine Gedanken schwirrten herum. Ein wichtiger Punkt um den sie sich drehten: Emilio.
Wie sollte ich mich jetzt in seiner Gegenwart verhalten? Und in Gegenwart von weiteren Personen? Gingen wir aus? War es nur ein Kuss? Was bedeutete das für ihn.
Und die wichtigste Frage,
wann sah ich ihn wieder...allein.

Ich hatte kaum Zeit gehabt mit einer meiner Freundinnen ungestört zu reden. Nach dem Museumsbesuch hatte der Bus Verspätung und als wir dann auch noch aufgrund von Stau fast unser Abendessen in der Jugendherberge verpasst hatten, waren unsere Lehrer gereizt und strikt geworden. Wir wurden alle auf die Zimmer geschickt und der Filme-Abend auf unseren letzten Tag in England verschoben.
Meine Tasche war chaotisch gepackt, doch ich fand mein abschminkzeug relativ schnell. Ich hatte schwören können es wäre in meiner Kulturtasche gewesen... naja. Wenigstens hatte ich es ja gefunden. Ich nahm es und lief Richtung Tür.
Ich hörte ein Klopfen. Ein dumpfes klopfen, wie gegen Glas. Ich drehte mich zum Balkon um.

„Wie haben die das schon wieder gefunden?"
Ara zuckte mit den Schultern und sah sich dann an ihrer Fassbrause nippend, um.
„Hauptsache ist, die Lehrer finden's nicht raus.
Ouhh die sind aber nicht auf unserer Schule..."
„Oh nein!"
„Was?" fragte sie mich vorwurfsvoll.
„Ich kenn dich. Aber DU kennst die da gar nicht."
„Das kann man ja ändern" sagte sie während sie ihren „verführerischsten" Blick aufsetzte und versuchte Augenkontakt mit den langsam näher kommenden 3, 19 Jährigen Typen aufzubauen.
Bis die Gruppe bei uns ankam, war einer der drei verloren gegangen. Genauso wie meine Versuche Ara davon zu überzeugen, dass der blonde aus der Truppe, kein gefallener Engel war.  Wenn dann sah er aus wie der Teufel...
Als ihre Wunden mich trafen, waren es nicht viele. Materielle Dinge. Nur der Blonde hatte eine tiefgründige Wunde. Was genau, konnte ich nicht genau sagen... Die anderen Wunden jedenfalls, zeugten davon, dass er vor kurzem wohl auf den falschen Weg gekommen war. Jedenfalls auf einen mit negativer, bis keiner Zukunft.
„Ara..." ich sprach in gesenkter, aber bittender Stimme. Sie hatte ein Auge auf den blonden geworfen. Das konnte einfach nicht gut enden. Zumal dieser gerade schnurstracks mitsamt immerser Arroganz, bei uns ankam.
Der blonde stellte sich als Morgan heraus. Der blonde, passte aber besser zu ihm. Ara hatte es geschafft sich bei ihm einen Tanz rauszuschlagen. Ich hatte sie gewarnt, viel mehr konnte ich nicht tun, aber im Auge behalten würde ich sie ganz bestimmt. Ich traute den Typen nicht.
„Ihr seid also auf Klassenfahrt?"
Als der rothaarige sprach, erschrak ich kurz. Ich hatte ganz vergessen, dass er noch hier war.
„Ja, Kursfahrt. Ihr?"
Er war hübsch aber nicht mein Typ. Dunkle Augenringe passten so gar nicht zu seiner sonst sehr gepflegten Erscheinung und fasst schon peniblen Frisur. Ara hatte sich nach seinem Namen erkundigt, aber anscheinend hatte ich nicht aufgepasst.. irgendwas mit p?
"Roadtrip. Ein paar Jungs von euch haben uns eingeladen. Geheime party ohne Lehrer..." er lächelte leicht.
"Kenn ich zu gut."
Ich lächelte zurück. Je mehr ich mit ihm redete desto mehr sah ich von seiner tiefsten Wunde.
"Deine Freundin scheint ja ganz schön Elan zu haben."
Irgendwas an seiner Frage war anders.
"Typisch Ara, glaub mir, sie ist immer so."
Er schien jemanden verloren zu haben.
Der rothaarige schaute zu den tanzenden teenies. Genauer gesagt auf Ara und den blonden. Welcher seiner Hände gerade um Ara schlang.
„Ich sollte Ara gleich holen, wir sind noch mit anderen hier.."
„Dann sammeln wir sie mal ein"
„Oh.." Ich ging los und merkte wie er hinter mir her kam.
Seine Vergangenheit offenbarte sich immer klarer. Jemand der ihm wichtig war, Ed, war gestorben. Vor einigen Jahren schon. Schuldgefühle füllten den Raum. Als ich plötzlich nichts mehr spürte.
Emilio.
„Hey, ich will euch ja nicht unterbrechen aber wir sollten wieder zurück zu den anderen. Du weißt schon."
Ara sah mich verdattert an.
Ich zog sie allerdings einfach weg und schenkte dem blonden ein falsches Lächeln. Dem rothaarigen, ein ehrliches. Dieser lächelte zurück und wandte sich dann dem blonden zu.
„Bahhh" Ich schüttelte mich als wir außer hörweite des blonden waren.
„Was kannst du an dem nur mögen? Da läuten mir ja alle Alarmsirenen. "
„Weil du ja so viele Sirenen hast."
Ich schenkte Ara nun ein „dein Ernst?!" Blick zu.
„Lass uns unseren vorletzten Abend doch besser verbringen, ja?"

Just like me  ~ An Enemies to Lovers romantasyWhere stories live. Discover now