Teil 11

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Herakles:

Mit einem erstaunten Blick, sah ich wie, nun mir bekannt, Ariana immer wieder auf Valerius einschlug. Ihr Dolch steckte immer kurz in seiner Brust, dann zog sie die Waffe heraus und anschließend stach sie wieder zu.

Ein gefährliches Glitzern lag dabei in ihren Augen und bei jedem Schlag erklang ein Schrei. Selbst als Valerius schon längst tot war, hörte sie nicht auf.

Der König beglückwünschte sie und die Menge jubelte, jedoch würdigte sie keinen eines Blickes. Sie machte stattdessen immer weiter. Hörte nicht auf. Es schien so, als wäre sie gefangen, in einem Bann.

Plötzlich stoppte sie, in ihrer Bewegung hielt sie inne. Ihr Gesicht war durch ihre dunklen Haarsträhnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, verdeckt.
Ariana lehnte sich an die Wand hinter sich und ließ den blutverschmierten Dolch in ihrem Gürtel verschwinden. Mit regungslosem Gesichtsausdruck sah sie schließlich langsam zum König hinauf.

Eine kleine Träne floss an ihrer Wange hinunter. Glücklich und ohne Arianas Tränen zu bemerken, stand der König auf. "Ariana hat gewonnen.", rief er nun zum wiederholten Mal dem Volk zu und sah freundlich auf die Kriegerin hinab.

Diese jedoch sah den König nur ausdruckslos an. Ich, zu meinem Teil, studierte jede ihrer Bewegungen. Als würde sie meinen Blick auf sich spüren, drehte sie ihren Kopf leicht in meine Richtung.
Ihre grauen Augen stachen sich in meine. Ihr Blick sagte dennoch mehr als tausend Worte. Schmerz, Verwirrung, Scham, Angst und Verzweiflung.

All das sagten ihre Augen über ihre Gefühle aus.
Noch immer lieferten wir uns ein Blickduell. Verwundert sah ich auf sie hinab. Hatte sie zum ersten Mal jemanden umgebracht? Wieso machte die ganze Situation, sie so sentimental?

Am überlegen, runzelte ich die Stirn. Ohne dass sie wusste, was genau meine Frage war, zog ich eine Augenbraue nach oben.
Schnell sah sie weg. Sie stand langsam auf, hob ihr Schwert vom Boden und verschwand durch das Tor.

Ariana:

Zusammen mit den anderen Kämpfern stapfte ich den Hügel der Arena hoch. Das Publikum war schon vor einigen Stunden eingetroffen. Die Nacht war schon beinahe vorüber.

Mit einem zufrieden Gesichtsausdruck zur Seite betrachtete ich den Sonnenaufgang. Zwischen wunderschönen rot und orange Tönen ging die Sonne am Horizont auf. Mit einem leichten Lächeln vergaß ich für einen Moment meine Sorgen und Gedanken.

Für einen kurzen Augenblick waren es nur der Himmel und ich. Nur die angenehme Wärme auf meiner Haut und nur die unregelmäßigen Schritte auf dem Steinboden.

Doch bei meinem Glück, blieb meine Zufriedenheit nicht lange. Ich stolperte vor Unachtsamkeit über einen hochragenden Felsen.

Schon bereitete ich mich auf den Schmerz des kommenden Sturzes vor, ich kniff die Augen zusammen und ließ die Zähne knirschen.
Doch zu einem Sturz kam es nie.

Zwei starke, warme Hände umfasste meine Taille und hielte mich fest. Mit meinem Kopf knallte ich gegen eine Brust. Erschrocken öffnete ich die Augen und sah den jungen Mann hinter mir an. Es war Ariston.

Die Moos grünen Augen waren fest auf mich gerichtet und wirkte im Licht der Sonne beinahe wie glänzende Smaragde. Als ich mich vom Schock erholt hatte, ging ich einen Schritt zurück. Ich entfernte seine Hände von meiner Hüfte.

Dabei blickte ich ihm jedoch durchgehend in die Augen.
Fragend sah ich ihn an. "Wieso hast du mich aufgefangen?" Ich bedanke mich zuallererst nicht. Leicht lachte Ariston auf. "Ich dachte, du stehst nicht so auf Schmerzen." Antwortete er mit hochgezogenen Augenbrauen.

Einige Sekunden sah ich ihn bloß stumm in die Augen. Ariston hingegen grinste und blendete mein Misstrauen aus. Ich war nicht daran gewohnt, Hilfe anderer zu bekommen oder anzunehmen.

Seit ich 7 war, musste ich mich immer auf mich selbst verlassen. Meinen Instinkt vertrauen, auf meinen Kopf hören und Wünsche ausblenden. Immer bereit sein auf jede Situation. Gefahren entdecken und beseitigen. Verantwortung und Veränderungen akzeptieren, was kein Kind in diesem Alter tun sollte.

Ich nickte Gedanken verloren auf seine Aussage hin und ging schließlich weiter. Nach einigen Metern auf dem steilen Weg blieb ich jedoch mit schlechten Gewissen stehen. So konnte ich ihn nicht zurücklassen.

Ich schloss für einen Augenblick die Augen und atmete tief ein und aus, bevor ich mich umdrehte. Meinen Stolz und das Misstrauen schluckte ich hinunter. Die anderen Leute gingen rechts und links an mir vorbei und ignorierten mich vollständig.

Doch Ariston stand anders als die anderen immer noch an Ort und Stelle. Seine Aufmerksamkeit galt mir. Als wäre es sich schon vor meiner Entscheidung sicher gewesen, ich würde zurückkommen.
Arme verschränkend, sah er mich abwartend an. Ich zögerte kurz, sollte ich ihm diesen Erfolg wirklich gönnen?

Kurz seufzte ich. "Danke.", brachte ich nuschelnd hervor. Bei seinem freudigen Blick als Antwort schlich mir beinahe unbewusst ein Lächeln in mein Gesicht. "Ich dachte schon, du bedankst dich nie.", lachte er stolz und kam nun langsam auf mich zu.

"Ich war mir zuallererst auch nicht sicher. Selbstüberzeugten Menschen danke ich nicht.", antwortete ich mit einem provozierenden Unterton. Anstatt jedoch auf meinen Köder anzuspringen, verdrehte er bloß die Augen.

"Dann ist ja gut, dass ich keiner bin.", sagte er beim Vorbeigehen mit einem Augenzwinkern. Leicht lächelnd sah ich ihm hinterher, bis er schließlich in der großen, prächtigen Arena verschwand.

Dann setzte ich mich auch wieder in Bewegung. Doch das Lächeln verschwand aus meinem Gesicht, als ich beim Anblick des Gebäudes, über den Kampf, der mir bevor stand, nachdachte. Nun würde es schwieriger werden, da war ich mir sicher und freuen tat mich das gewiss nicht.

Die Verlorene Tochter Des Himmels [In Überarbeitung] Where stories live. Discover now