Teil 12

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Herakles:

Die Arena war ein absolutes Meisterwerk. In der Mitte und der tiefsten Stelle des offenen Raumes befand sich eine Sandgrube, der Kampfplatz.

Um die Grube herum ragten reihenweise Steinplätze in die Höhe und eigneten sich als Sitzplätze für das Publikum.
An einer Stelle gab es die Tribüne des Königs, auf der er es sich nun schon gemütlich gemacht hatte.

Mit einem Augenrollen betrachtete ich, wie er sich gesäuertes Brot in den Mund schob und wie seine Goldketten bei jedem Schmatzer wackelten.

Das Publikum hingegen war leise geworden und sah sich die Krieger in der Mitte aufmerksam an, unter anderen auch mich.

In meiner griechischen Rüstung und dem Schwert meines Vaters stand ich kampfbereit neben meinen Gegnern. Auch die anderen sahen sich wachsam um und verfolgten jeder meiner Bewegungen, vermutete ich zumindest.

Lange standen wir in der Morgensonne und Schweiß kullerte an unseren Rüstungen hinab. Abwartend starrte jeder zum König hinauf, dieser jedoch kauerte genüsslich auf seinen Oliven herum und trank gierig Wein aus einer Amphora.

Als er den letzten Tropfen an Wein heruntergeschluckt hatte, stand er etwas wackelig auf den Beinen auf. "Der Kampf geht weiter..." Kurz stoppte er und hustete ein wenig. "Kämpft um euer Leben." Lallte er weiter und lachte laut los.

Einige Sklaven eilten zum König und halfen ihm dabei, sich hinzusetzen. Angeekelt musste ich für einen kurzen Moment zu sehen, wie sich der König an den Lumpen eines Sklaven übergab.

Schnell sah ich weg. Das sollte ich nicht sehen, oder besser gesagt wollte ich nicht sehen. Mein Blick fuhr für einige Sekunden durch die Menge der Kämpfer und blieb bei einem Braun haarigen Mädchen stehen. Ariana.

Mit einem spöttischen Gesichtsausdruck wandte ich mich schnell wieder ab und wartete auf die Ansagen des Königs. Auf den man nun jedoch nicht wirklich gut sprechen konnte.

Nach einiger Zeit kam ein verärgerter Aufseher auf uns zu und scheuchte uns in einen Raum mit Bänken. Ein Ankleideraum. Wütend setzte ich mich auf einer der Sitzplätze.

Wir waren schon angekleidet, der Kampf sollte jetzt endlich beginnen. Ich war bereit, meine Feinde waren bereit, die Menge war bereit. Ich konnte nicht länger warten. Wollte kämpfen, mich beweisen.

Beweisen, dass ich ein Sohn des Zeus war. Der wahre Sohn des Zeus. Derjenige der nicht zu besiegen war, derjenige der in die Geschichte eingehen würde.
An den man sich erinnern konnte und nur Gutes und heldenhaftes mit ihm verband. So jemand wollte ich sein. Musste ich sein.

Man erwartete das von mir, von klein an war mir das beigebracht worden, von klein an lastete Verantwortung auf meinen Schultern.

Ich wurde so erzogen, erzogen Zeus Sohn zu sein. Ihn zu präsentieren und nur Gutes in seinen Namen zu tun. Dafür war ich geboren worden. Dafür existierte ich.

Ariana

Gedankenverloren sah ich zu Herakles, der junge Mann, fuhr sich genervt durch die Haare und sah sich immer wieder das kraftvolle Schwert in seiner Hand an.

Es sah besonders aus. Fast schon magisch, göttlich. Fasziniert betrachtete ich es. Der Griff war aus kostbaren Leder und die Klinge funkelte mystisch.

Mit zusammen gekniffenen Augen versuchte ich die Klinge besser zu sehen. Irgendwas war in sie eingraviert worden. Durch die weite Entfernung konnte ich nicht erkennen, was es war.

Meine Neugier trieb mich jedoch heran, von der Bank, auf der ich saß, etwas nach vorne zu rutschen, um besser sehen zu können. Doch auch das half nicht.

Enttäuscht lehnte ich mich gegen die kühle, dreckige Wand hinter mir und zog meinen eigenen Dolch hinaus. Das Blut auf ihn tropfte noch immer. Es tropfte und hörte nicht auf.

Mit finsterer Miene blickte ich auf die rote kleine Blutspur unter mir. Wie von selbst sah ich Valerius Leiche vor meinen Augen liegen.
Das bleiche Gesicht und die endlichen Einstiche auf dem Oberkörper stachen mir ins Auge und Übelkeit überkam mich. Übelkeit, die nicht verschwand.

Seine leblosen Augen sahen mir in die Seele und ließen meine Brust zusammen ziehen. Schmerz und Reue stiegen mir zu Kopf und ich atmete schneller als sonst.

Plötzlich ertönte eine Stimme hinter mir. "Die ersten Kämpfer werden gleich aufgerufen...", ein etwa Mitte 50-jähriger Mann mit rundlicher Figur und braunen Haaren, war aufgetaucht.

Er war gerade dabei sich umzudrehen, als ihn jedoch noch eine wichtige Sache eingefallen zu sein schien. "Und...", er zögerte kurz.
"Tötet nur, wenn der König es erlaubt.", ein Schaudern lief meinen Körper hinab. Leiden, das würden sie. Es bedeutete seinen Gegner bis in den Tod zu quälen und ihn erst nach viel Blut, Schmerz und Trauer erlösen zu müssen. Die schlimmste Art des Kampfes.

Langsam nickte ich dem Mann zu, der sich daraufhin umdrehte und eilig den Raum verließ. Unruhig zappelte ich auf der Bank hin und her. Meinen Dolch, den ich noch immer in der Hand hielt, würdigte ich keines Blickes.

Stattdessen schnappte ich mir ein sauberes Tuch und fuhr damit die Klinge nach oben. Augenblicklich verschwand das Blut und eine gereinigte Waffe kam zum Vorschein.

Zufrieden betrachtete ich sie und beschmutzte sie mit Staub und Dreck vom Boden, damit sie nicht in meiner Hand verrutschen konnte. Die letzten Minuten vor dem Kampfbeginn schloss ich die Augen.
Ich entspannte meine Muskeln und überprüfte noch einmal die Rüstung.

"Ariana und Herakles", wurde plötzlich gerufen. Schlagartig riss ich meine Augen auf. Mein Körper verkrampfte sich und mein Blick fuhr zur Berühmtheit.

Auch Herakles sah überrascht zu mir, lächelte mich dann jedoch kampflustig an. Ich rührte mich nicht, sicherlich hatte ich mich bloß verhört. "Ariana und Herakles, jetzt.", forderte man ein zweites Mal.
Steif stand ich auf und spürte, wie sich meine Kehle zusammen schnürte.

Es fühlte sich an, als würde ich ersticken und keine Luft mehr bekommen. Mit einem unguten Gefühl sah ich in Herakles grauen Augen, die mich herausfordernd anschauten.

Dann ging ich auf das Tor zu, mit dem Wissen, dass draußen mein Tod wartete.

Die Verlorene Tochter Des Himmels [In Überarbeitung] Where stories live. Discover now