Teil 14

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Ariana:

Wieso ich? Wieso musste ausgerechnet ich gegen Herakles kämpfen? Ich zitterte nun schon am ganzen Leib und konnte noch immer nicht glauben, was hier vor sich ging. Ich gegen Herakles? Das würde ich nie und nimmer überleben.
Ich hätte heute in der Hütte bleiben sollen. In dem Buch rumblättern sollen.

Dass ich jedoch jetzt dem Tod ins Auge blicken sollte, war nicht der Plan. Genauso wenig, wie gegen den Halbgott zu kämpfen.

Ich verwarf meine Gedanken mit einem Kopfschütteln. Vielleicht würde Herakles ein Fehler unterlaufen. Und ich würde ich besiegen. Doch der Gedanke ihn zu töten gefiel mir noch weniger.

Man würde sagen, Ariana von Chios hatte den mächtigen Herakles getötet. Ich würde berühmt sein. Überall in ganz Griechenland würde man von dem einfachen Mädchen reden. Doch wollte ich das?

Nein, sie sollten von mir reden, wenn ich eine Heldentat vollbracht hatte und nicht wenn ich einem jungen Mann das Leben genommen habe. Als ich gefolgt von Herakles das Kolosseum betrat, kniff ich die Augen zusammen.

Der Raum vorhin, war dunkel gewesen, nun blendet mich der Schein der Sonne. Kurz sah ich zu Herakles neben mir, er rieb sich die Augen und murmelte irgendetwas, was ich nicht mal annähernd verstand.

Mein Blick huschte an seinen Gürtel, an dem das mysteriöse Schwert hing. Doch zu meinem Pech, wurde es durch das Leder verdeckt und man sah nur die scharfe Klinge, die eine Reflexion auf den Sand warf.
Ich blickte mich noch mal um und prägte mir alles genau ein. Sollte heute mein Todestag sein, wollte ich diese Welt noch einmal sehen. Meine Augen blieben an einem kleinen Mann stehen, der mir genau in die Augen schaute.

Ich erkannte ihn auf der Stelle, Georgios. Der etwas pummelige Mann sah mir in die Seele und ich glaubte zu fühlen, dass er meine Emotionen verstand. Verzweiflung und Angst. Doch auch etwas Entschlossenheit und einen Funken Hoffnung.

Verwirrung war mir ins Gesicht geschrieben und ich sah ihn fragend an. Er sah mich hingegen nur auffordernd an und deuteten mit einem Nicken zur Mitte der Arena. Nach dem Motto: Gewinn erst mal den Kampf und dann reden wir weiter.

Ein lauter Ruf des Königs unterbrach unser Blickduell. Mit einem genervten Blick gehörte meine Aufmerksamkeit dem Herrscher dieser kleinen Insel. "Ariana von Chios und Herakles der Halbgott, Retter, Befreier, Krieger und Held werden nun gegeneinander antreten.", er stoppte kurz und erhob sich vom Thron. Beleidigt schnaubte ich auf. Natürlich, ich war bloß Ariana von Chios.

"Lasst den Kampf beginnen." Laut klatschte das Volk auf den Sitzreihen, als wir uns auf die Mitte zubewegten. Meine Augen sahen kurz zu dem Platz auf dem eben Georgios saß, doch dieser war schon wieder verschwunden.

Herakles zog sein Schwert und zum ersten Mal konnte ich die Waffe in ihrer Schönheit betrachten. Das Leder war in der Sonne heller und glänzte beinahe golden. Die Klinge war leicht Silber und ich erkannte nun endlich das Zeichen auf dem Schwert. In einem weiß erhob sich ein Zeichen. Ein Blitz.

Verwirrt schaute ich auf meinen Dolch. Dasselbe Symbol an der gleichen Stelle, in derselben Farbe. Doch lange konnte ich nicht über sein Schwert nachdenken, Herakles setzte zum ersten Schlag an.

Sein Schwert berührte meinen Oberschenkel und ein höllischer Schmerz durchfuhr mein Bein. Ich spannte meinen Kiefer an und unterdrückte die Tränen. Mein Bein brannte und es fühlte sich an als hätte ich Gift eingenommen.

Sauer, jedoch auch ein wenig verzweifelt, sah ich Herakles an. Sein provokatives Lächeln brachte mich um den Verstand. "Warst du nicht vorbereitet? ", seine Stimme hallte in meinem Kopf weiter, bis dass sie schließlich verklang.

Ohne etwas darauf zu erwidern, griff auch ich nun an. Meinen Schlag wehrte er gekonnt ab und gähnte, um mich aufzuregen. Doch das konnte er nicht. Ich war ruhig und entspannt, in mir war eine Gelassenheit.

Mit solchen Tricks brachte er mich nicht zur Weißglut.
Etwas verwirrt sah er mich, trotz das ich versuchte meinen Zorn zu bändigen, schien er ihn zu erkennen. Wir umkreisten uns, bereit jedem Schlag des anderen zu blocken.

"Bist du verzweifelt?", fragte er mich schließlich unerwartet und sah mich wirklich interessiert an. Noch immer auf seine Bewegungen achtend antwortete ich ihm: "Wieso sollte ich verzweifelt sein?", er lächelte leicht und sprach die Worte aus, die ich niemals hören wollte.

"Wenn man mal davon absieht, dass deine Mutter Lamia in der Unterwelt ist und eben mein Vater sie darein gebracht hat.", er zuckte kurz mit den Schultern. "Dann wäre ich schon verzweifelt, ob ich sie wiedersehe.", ich schluckte.

Lang vergrabene Wut auf den Gott Zeus bannten sich ihren Weg nach oben. Ich hielt kurz den Atem an, bis ich es nicht mehr aushielt. Meine Wut überkam mich und mein kühler Verstand verschwand.

Ich sprang auf Herakles zu und umfasste mein Schwert fester. Über meinen Kopf sammelte ich Kraft an und schlug mit voller Kraft zu. Schützend legte Herakles seinem Arm vor seinen Körper.

Ich stich mit meinem Schwert in seinen Arm hinein und er zischte Schmerz erfüllt auf. Wütend sah er mich an. Mein Gegner stolperte zurück und fiel auf seinen Rücken. Noch immer hasserfüllt, beugte ich mich über ihn. Ich hob mein Schwert und hielt es ihn an die Kehle.

Er lächelte mich jedoch bloß weiter an und sah dann Richtung König. Davon ließ ich mich nicht ablenken, ich drückte es ihm fester an den Hals und eine feine Blutspur bildete sich.

"Du darfst ihn erst umbringen, wenn ich es sage!", schrie der König mir zu und sah mich lachend an. Verwirrt ging ich einige Schritte zurück und konzentrierte mich für einen kurzen Moment nicht auf den Gegner unter mir.

Diesen Moment nutzte Herakles und rollte sich schnell auf die Seite. Genervt verdrehte ich die Augen. Wie sollte ich jemanden besiegen, denn ich nicht umbringen darf?

Die Verlorene Tochter Des Himmels [In Überarbeitung] Where stories live. Discover now