⋉ Kapitel Ⅰ : Teil Ⅰ ⋊

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⋉ ,,𝙽𝚞𝚛 𝚎𝚒𝚗𝚎𝚛 𝚍𝚒𝚎𝚜𝚎𝚛 𝙳𝚛𝚎𝚒 𝚠𝚒𝚛𝚍 𝚞̈𝚋𝚎𝚛𝚕𝚎𝚋𝚎𝚗." ⋊ - 𝙾𝚋𝚎𝚛𝚜𝚝𝚎 -

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Draußen ging gerade die Sonne unter und über dem westlichen Himmel ergoss sich eine Glut von Rot und Gold. Ihr Widerschein ruhte in goldenen Flecken auf den Dächern der Stadt.
Heute war ein Anlass zur Sorge und Trauer innerhalb der Hohen Mauern.
Availas Miene lag in tiefen Sorgenfalten und sie wartete sehnsüchtig auf den Moment, wenn sich die große, aus purem Gold geschmiedete Flügeltür, welche vor ihr lag, öffnete, um sie ein zu lassen.
Sie wartete, umringt von ihren Schwestern und Brüdern, die sich vor der großen Tür, die zur Halle führte, auf Befehl der Obersten versammelt hatten.
Availa wusste schon, bevor man sie hatte einberufen lassen, wieso sie zu der heutigen späten Stunde anwesend sein musste.
Genau zu dieser Stunde, ekakt vor zehn Jahren wurde Katala ka' Drangth, eine Grüne Schwester, zu der neuen Obersten erklärt und hatte das erste Mal den Meas-Thron bestiegen.
Doch wie es die Alten Sitten von den Edin verlangten, musste der Oberste nach vergehen von zehn Jahren abdanken und jeder Edin wurde dazu aufgerufen, einen Anwärter auf den Meas-Thron unter den Brüdern und Schwestern vortreten zu lassen. Die Anwärter hatten einen Mond Zeit, sich auf die Agrar-Kämpfe vorzubereiten.
Dies war Availas Sorge. Denn ihre Schwestern und Brüder des Roten Edins hatten sie erwählt.
Dieses Jahrzehnt war sie die Anwärterin der Roten.
Obwohl jedes Ratmitglied sich im Prinzip seit Beginn seiner Amtszeit mit auf diese vorbereitete, mussten die Auserwählten noch einmal besonders hart trainieren, denn jeder von ihnen begehrte die Stelle des Obersten und keiner wollte es sich leisten zu verlieren.
Schließlich war es ein Kampf um Leben und Tod und jeder von ihnen würde das Leben dem Tod vorziehen.
In diesem Zeitraum gab es am Ende jeder Woche eine Prüfung. Insgesamt waren es also drei Prüfungen, die sie vor dem großen Tag absolvieren mussten. In jeder dieser Prüfungen konnte man Punkte erreichen, welche einem in den Agrar-Kämpfen einen Vorteil verschafften. Umso mehr Punkte man in den Prüfungen gesammelt hatte, desto größer war die Chance, zu überleben.
Die Prüfungen stellten somit einen wichtigen Teil dar, um die Überlebenschance zu erhöhen..
Ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie fest zusammen gepresst und ihre Züge eisern. Nur die Sorgenfalten auf ihrer Stirn in Kombination mit ihren schnellen Atemzügen verrieten ihre Nervosität.
Angespannt drehte sie an ihren Ring des Lichts, der an ihrem Ringfinger der linken Hand glänzte.
Einer der wenigen Ticks, die sie sich bewahrt hatte und von väterlicherseits stammte, wenn sie unter Nervosität litt, doch nur die wenigsten konnten diese Angewohnheit als Zeichen der Ruhelosigkeit ausmachen.
Sie entdeckte Ninar na'Vere, um die sich der Blaue-Edin geschart hatte. Die sonst so zurückhaltende Ninar na'Vere sollte tatsächlich als die Anwärterin der Blauen auserkoren worden sein.
Ninar war in die Robe des Blauen Rates gekleidet. Ihre rabenschwarzen Haare, die ihr ansonsten immer in leichten Wellen auf die Schultern fielen, waren nun fein säuberlich mit silbernen Haarnadeln, die jeweils einen blauen Brillianten umfassten, hochgesteckt, außer die zwei vordersten Strähnen, die ihr ausdruckstarkes Gesicht umrahmten.
Das kobaltblaue Kleid umschmeichelte ihre zierliche Figur.
An ihrem linken Ohr baumelte ein langer Hängeohrring aus Platin gefertigt, welcher ihr fast bis hin zur Schulter reichte. Ihre Augen glitzerten wie Eis unter der Wintersonne.
Sie sah wirklich bezaubernd aus. Doch ebenso Availa war für diesen besonderen, einzigartigen Anlass herausgeputzt worden.
Ihr Kleid von kaminroter Farbe war nicht ganz so hauteng wie das von Ninar. Es bestand aus feinster Spitze und wies am Rücken eine Schnürung auf.
Ihr Haar lag in einem stramm geflochtenem Zopf, der mit roten Rubinen geschmückt war, auf ihrem Rücken.
Die Stecker an ihren Ohren fassten ebenfalls jeweils einen blutroten Rubin.
Ihr Blick ruhte noch einige Zeit lang auf der Anwärterin des Blauen-Edins bis man endlich die große, goldene Tür aufzog.
Den Kopf demütigend und Respekt zollend gesenkt, betrat zuerst der Grüne-Edin die Halle gefolgt von dem Blauen.
Zuletzt kam der Rote, angeführt von Availa, da sie ihre Anwärterin war.
Availa gesellte sich zu Ninar und Naight na'Mier, welcher allem Anschein nach der Anwärter von den Grünen zu sein schien.
Die restlichen Mitglieder der drei Räte nahmen auf den ihnen zugewiesenen Sitzen Platz.
Die Halle schloss um die dreihundertfünfzig Sitze ein und in einigen Metern Höhe bildete eine prächtige Glaskuppel, versehen mit einem geschwungen Muster, das Dach der Halle.
Die Wände wiesen hunderte von Marmorsäulen auf, auf denen entweder ein brüllender Löwenkopf, Hirschkopf mit Geweih, ein Bär oder ein Adler, der seine Schwingen ausgebreitet hatte, thronten.
Jedoch fehlte jeder Säule, die den Adler zur Schau tragen sollte, besagter, da die Wahren sie nach der Verbannung des Grauen Rates in der Zeit der Bürgerkriege 2787-2742 D.Ü. abgeschlagen hatten.
Auf der freien Bodenfläche durchbrach ein Mosaikkreis den Marmor und bildete die Symbole der drei Räte ab, sowie in der Mitte der Kreises ein kleinerer Kreis das Wappen Galtors, eine gelbe Sonne mit fünf Schweifen, die fünf großen Königshäuser repräsentierten, auf schwarzem Hintergrund, widerspiegelte.
Auch hier hatten die Wahren ihre Spuren hinterlassen.
So fehlte ebenso hier das Symbol des Grauen Rates.
Man hatte die farbigen Mosaike einfach durch weiße ersetzt.
An der geschwungenen Rückwand hinter dem Goldenen Sitz fand man eine halbkreisförmige Holztafel, die ein Drittel des Hallenumfangs in Anspruch nahm und aus dem selben Holz geschnitzt die Landmasse Galtors, den restlichen Kontinenten der einen Welt, Berge, Flüsse und Gewässer mit unterschiedlichen Schraffierungen hervorhob und als eine riesige Weltkarte gehandhabt wurde.
Auf dem Goldenen Sitz saß in prächtiger Gestalt Katala ka'Drangth, die Oberste.
Gebannt blickte Availa zu der Obersten auf.
Als Katala das Kinn etwas senkte, erhoben sich alle Mitglieder der drei Edin wieder und knieten sich vor ihrem Sitz nieder, die Stirn auf den kalten Marmor gepresst. Auch die drei Anwärter folgten dem Bespiel ihrer Brüder und Schwester. Erst dann, wenn die Oberste das Kinn wieder anhob, durfte man sich erheben.
Nicht nur die Ratsmitglieder waren gezwungen zu knien.
Alle in dem Raum Anwesenden mussten vor der Obersten nieder knien.
So auch ihre Wachen und Diener, welche neben dem Meas-Thron aufgereiht standen. Als das Ritual vollbracht worden war, heftete sich der Blick der Obersten auf Naight, Ninar und Availa.
Den Rücken gerade und den Kopf nun gehoben, erwartete Availa die Worte Katalas.
Es dauerte eine geraume Weile bis sie zu sprechen anfing.

,,Naight na'Mier, Anwärter des Grünen Rates. Ninar na'Vere, Anwärterin des Blauen Rates. Und zu guter Letzt, Availa an'Cuer, Anwärterin des Roten Rates. Seid gegrüßt, liebe Brüder und Schwestern der drei Edin. Ekakt vor zehn Jahren saß ich zum ersten Mal hier. Heute zum letzten Mal. Diese Drei", sagte sie und deutete auf die Anwärter, ,, Wurden von euch ausgewählt, damit einer von ihnen meine Nachfolge antreten kann. Einer dieser Drei wird in einem Mond meinen Platz auf dem Meas-Thron einnehmen", fuhr sie mit rauer Stimme fort.

,,Nur einer dieser Drei wird überleben."

Man konnte förmlich das Raunen, das durch die Reihen ging, hören, obwohl eine bedrückende Stille herrschte und vielen der Mitglieder des Großen Rates der Ablauf schon bekannt war.
Availa fühlte sich nackt, wie die Verurteilten bei einer öffentlichen Hinrichtung, und wie ein gefastetes Huhn, das baald geschlachtet werden würde.

,,Jedoch weiß der Grüne-Edin, dass das nicht das Einzige ist, was wir in diesen Hallen zu besprechen haben. Naight na'Mier. Berichtet Euren unwissenden Schwestern und Brüdern von den frühsten Geschehnissen", forderte sie Naight auf.

Überraschung zeichnete sich in Availas dunklen Augen ab.
Was ist so wichtig, dass man es an dem Tag, an dem die Oberste abzudanken hatte, zur Ansprache bringen müsste?, ging es ihr durch den Kopf.
Naight wendete sich den drei Räten zu und fing mit lauter und klarer Stimme zu erzählen an:

,,Es ist nun 15 Tage her. Schwester Korath, Bruder Gael und Bruder Iker, sowie meine Präsenz waren auf Patrouille zu der Ashin Wüste in Richtung Süden."

Dei Ashin Wüste nahe der Grenzlande war einer der gefährlichsten Orte in Galtor. Unbewohnbar für Außenstehende. Nur die dort geborenen konnten in der Hitze überleben und Wassee zum Überleben finden. Jeder andere würde früher oder später verbrennen oder verdursten. Zumal führten die Einheimischen seit mehreren Jahrhunderten Krieg mit den südlichen Stämmen und den Hirtenvölkern. Zumal Ruvikals, Riesensandschlangen, ihr Unwesen stifteten.
Wahrscheinlich wieder eine Sicherheitspatroullie.
Naight führte seine Berichterstattungen fort:

,,Wir ritten durch die Wüstenstadt Kevir und kamen schließlich in ein Dorf namens Jomar, das im Südwesten Kevirs liegt.
Dort kehrte ich mit meinen Schwestern und Brüdern in einer Schenke, welche den Namen „Der lachende Esel" trug, zu einem Krug Bier und einer füllenden Mahlzeit ein.
Ein junger Bursche an einem der Tische zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
Nicht nur wegen der Tatsache, dass er allem Anschein nach blind zu sein schien, auf Grund seiner glasig wirkenden Augen und seiner Verhaltensweisen.
Er schaute zu uns herüber und wandte den Blick nicht ab, als ich ihn an schaute, sondern starrte nur stumm zurück.
Er hatte einen taubengrauen Umhang und eine armeegraue Uniform an. An seiner Brust steckte ein goldener Anstecker.
Ein Anstecker, der den "fliegenden Adler" abbildete.
Er gehörte den Grauen an.
Ich dachte der Graue Rat hätte sich nach seiner Verbannung aufgelöst, aber zeugte dies vom genauen Gegenteil.
Ich ging hinüber zu seinem Tisch. Bereit in niederzuschlagen, wenn nötig, aber er bittete mich, ihn mit zu den Hohen Mauern zunehmen, um die Oberste höchstpersönlich zu sprechen.
Er ließ sich in aller Ruhe von uns fesseln und auf ein Pferd verfrachten.
Er machte die Prozedur mit, ohne ein einziges Mal mit der Wimper zu zucken.
So brachten wir ihn innerhalb der Hohen Mauern", endete Naight seinen Bericht.

⋉The Council of Three⋊Where stories live. Discover now