⋉ Kapitel Ⅱ : Teil Ⅱ ⋊

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Finara führte sie in ihr Schlafgemach, in dem schon eine Dienerin wartete, um gegenfalls zu helfen.
Finara bindete das letzte Stück der Schnürung des Kleides zu. Indessen reichte die Dienerin ihr ein Diadem, besetzt mit weißen Saphiren, die miteinander um die Wette funkelten.
Availa fühlte die Berührung des kühlen Edelmetalls auf ihrer Stirn und den halben Reif, welcher sich an ihre Haare schmiegte.
Zum Schluss legte sie ihr die Kette des Feuers um ihren Hals. Ein wahres Wunder der Goldschmiedekunst. Availa umfasste den filigranen Anhänger, in den ein geschliefener Rubin eingelassen war, welcher in ihrem Dekolleté fast verschwand, und fuhr mit den Fingern über dessen Einkehrbungen.
Für jeden Rat einen Edelstein. Smaragt, Rubin, Diamant und Saphir. Jeder Rat hatte seinen Stein. Der Rubin wurde dem Roten Rat zugeschrieben.

,, Du siehst bezaubernd aus", hauchte Finara entzückt.

Ein warmes, leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen.

,, Komm und seh dich im Spiegel an."

Availa trat vor den kleinen Standspiegel in dem Schlafgemach.
Die Schönheit des Kleides mit dem Zusammenspiel von Schmuck und Haar brachte sie zum Staunen.
Ringe verschiedenster Formen und Größen, in Gelbgold, zierten ihre schmalen Finger.
Manche besetzt mit kleinen Citrinen oder Spinellen.
Ihr Dunkelbraun aschiges, ellbogenlanges, glattes Haar lag offen auf ihrer Schulter.
Das inforote Leder des Kleides wirkte, als hätte man ihren Rumpf einmal damit eingewickelt. Das Kleid entsprach einer A-Linie und ähnelte einer zweiten Haut. Das Kleid hätte nicht sonderlich anspruchsvoll gewirkt, wären da nicht die zu Stacheln geschliffenen Saphire, welche die Schulterpartie zierten und hinab zu der Brustpartie dreiecksförmig zuliefen und kleiner wurden. Sie fingen die Lichtstrahlen ein und warfen sie dreimal gebrochen zurück. Ein glitzerner Garn schlängelte sich durch das Muster aus Saphiren und verstärkte die Reflexion. Die Ärmel des Kleides waren ebenfalls mit diesem Garn bestickt und vervollständigten das Muster. Sah man sogar genauer hin, konnte man am Oberarm einen Löwenkopf ausmachen.
Während ihr das Korsett die Luftzufuhr zuschnürte, bietete das Kleid eine weitläufige Beinfreiheit.
Um die dünne Taille wickelte sich ein aus sorgfältig kleinen Goldringen gefertigter Gürtel, der das lange Kleid raffte.
Die Farbe des Leders schaffte einen malerischen Kontrast zu ihrer bronzefarbenen Haut.
Availa drehte sich vor dem Spiegel einmal im Kreis und betrachtete ihr Spiegelbild so lange, bis sie sich von dem Anblick los reißen konnte.
An Finara gewandt, bedankte sie sich:

,, Es ist perfekt! Kein Kleid hätte mich mehr staunen lassen.
Gilrád wird es sicherlich ebenso verzaubern, wie es mich verzaubert hat."

Auch wenn es etwas zu eng am Rumpf ansaß und ihr sehr warm in dem Kleid war, faszinierte es Availa.

,, Die Sonne ist nun so gut wie vom Himmelszelt verschwunden. Es wird Zeit für dich zu gehen. Gilrád erwartet dich sicherlich schon", meinte Finara ruhig.

Availa erkannte sich nicht in ihrem Spiegelbild wieder. Ihr gegenüber stand keine verängstigte, in sich gekehrte Frau, sondern eine selbstbewusste, stolze Präsenz.
Der Himmel war dunkel geworden und einzig und alleine die Laternen, welche mit üppigen Verzierungen versehen waren und die Glasscheiben eine leichte Struktur besaßen, die das Licht sehr weich und atmosphärisch erscheinen ließen, sorgten in den Gärten des goldenen Palastes für Licht.
Die Baumkronen wiegten sich im seichten Winde.
Availa wagte sich vorsichtig, darauf bedacht nicht zu stolpern, die lange, imposante Treppe in die Eingangshalle des goldenen Palastes herunter. Ein prächtiger Kronleuchter aus zwei übereinander liegenden Eisenreifen, in die gezündete Kerzen aneinandergereiht steckten, erhellte die Einganghalle. Die vier als Stütze fungierenden Steinsäulen, die parallel eine in jeder Ecke sich gegenüberstanden, zeigten die Elementargötter als imposante Steinstatuen, welche die Decke stützten. Die Decke schwebte 40 Fuß über den Köpfen der Ratsmitglieder.
 Jedem Ratsmitglied des Großen Rates wurde eine Räumlichkeit in dem goldenen Palast zugeteilt und wird so Zeuge eines Lebens im puren Luxus. Es gibt keinen anderen Ort, der solche Pracht und Einzigartigkeit dem menschlichem Auge darlegte
Der goldene Palast lag am Rande der Hauptstadt und ist den Bürgern außer Ratsmitgliedern oder deren Dienerschaft vorenthalten.
Er umschließt die hohen Mauern, die sieben Gärten der Götter und einem eigenen Reitstall.
Die Arena, in der die Agra-Kämpfe alle zehn Jahre von statten gingen, lag außerhalb der Stadt.
Availa schritt in ihrem prächtigen Kleid, dessen Rock sich um ihre Beine bauschte, die Treppe hinunter.
Stufe für Stufe.
Ihr Herz pochte laut in ihrer Brust.
Am Treppenabsatz entdeckte sie ihn dann.
Gilrád ga'Wilker stand in einen edlen Mantel aus sedirischer Seide gehüllt in Mitten einer kleinen Gruppe von Blauen und Grünen.
Seine kurzen aschblonden Haare ordentlich zurückgekämmt.
Als er sie die Treppe herunter schreiten sah, blickte er sie unwillkürlich mit einem Ausdruck der Fassungslosigkeit an.
Er drückte seinem Freund des Blauen-Edin's sein Glas Wein in die Hand und schritt auf Availa zu.
Er beugte sich zu ihr hinab und küsste sie zuerst rechts, dann links auf die Wange, ließ von ihr ab und verbeugte sich kurz.
Sie selbst vollbrachte nur einen nicht sonderlich tiefen Knicks, so wie es für die Lady üblich war.

,, Ihr seht hinreißend aus. Es ist mir eine Ehre Euch meine Begleiterin an diesem Abend nennen zu dürfen", sprach er, während er sie nach einer stilleren Ecke führte.

Gilrád hatte an diesem Abend seine alltägliche Robe abgelegt und sie gegen eine feine, tiefblaue Uniform eingetauscht, wie viele es zu diesem feierlichen Anlass getan hatten. Availa's Herz pochte immer noch lauthals in ihrer Brust, doch nicht wegen der Anwesenheit Gilrád's, sondern weil in ihrem Inneren ein Gefühlschaos herrschte, denn obwohl sie Feierlichkeiten wie diese nicht verschmähte, konnte sie nichts dagegen tun, dass die Angst vor der Zukunft, Nervosität und teilweise Unsicherheit gegenüber Gilrád überhand ergriffen und Alles in ihrem Kopf durcheinander brachten.
Zu diesem Zeitpunkt wünschte sie sich an einen anderen Ort. Einen Ort, an dem sie wusste, dass nicht alle Blicke auf sie und drei weitere Personen gerichtet sein würden und einfach ihren Lieblingsbeschäftigungen nachgehen konnte. Dadrunter das Zeichnen und Malerei sowie das Reiten. Oder sich in den Garten der Gottheit Merthas, Gott der Hoffnung, des Glücks, Reichtums wie der Rache , setzen könnte, um in einem Buch über fortgeschrittene Kriegsmedizin zu blättern. Denn die Wunder der Heilung, welche der Macht aus der Quelle nur den Grünen zugänglich waren, faszinierten sie schon seit sie zu denken im Stande war.
So hätte sie wohl eher dem Grünen-Edin angehören müssen, jedoch floss das Blut Iyans durch ihre Adern und nicht das von Rahira, Göttern der Natur und Heilung.
Anstatt die Stabilität der Erde in sich zu tragen, trägt sie einen Teil der Energie von Iyans Feuer in sich.

⋉The Council of Three⋊Where stories live. Discover now