Kapitel 25

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Nathan

Inzwischen sind drei Tage vergangen. Aurora wurde in mein Haus verlegt, allerdings dieses mal in ihr Zimmer. Ich war und bin die ganze Zeit an ihrer Seite, doch bis jetzt hat sich nichts an ihrem Zustand geändert. Der Doc meinte, dass es ihr schon wesentlich besser gehe und dass sie es auf jeden Fall überlebt, da sie die erste Nacht überstanden hatte. Die einzige Frage ist jetzt nur, ob und wann sie aufwacht.

Callum habe ich vorerst mit der Führung des Rudels beauftragt. Außerdem sollte er alles über Aurora herausfinden, was es gibt. Genau dieses Wissen schaue ich mir gerade an. Sie hat keinen festen Wohnsitz. Zudem spielt sie anscheinend gerne Paintball, was auch immer das ist. Aber das erschreckende ist der Absatz über ihre Zeit im Kinderheim. Jetzt verstehe ich viel besser, warum sie das getan hat. Hätte ich das doch bloß vorher gewusst, dann hätte ich dass niemals getan.

Aber ich kann sie auch verstehen. Wir kennen uns gerade einmal ein paar Tage, da würde ich auch nur meiner Mate von meiner Vergangenheit erzählen. Aber Aurora ist ein Mensch. Sie weiß nicht was die Bedeutung von Mate ist. Den Brief hat sie zwar gelesen, aber wirklich erklärend war der jetzt nicht wirklich. Aber daran war meine Eile Schuld. Diese blöden Rouges. Hätten die nicht jeden anderen Zeitpunkt für das Austesten unserer Stärke wählen können? Jeder verdammter Zeitpunkt wäre besser gewesen, als wenn ich gerade meine Mate gefunden habe und ihr Vertrauen gewinnen hätte müssen. Wirklich jeder.

Ich sammle die Papiere wieder alle zusammen und blicke dann auf meine schlafende Mate. Die Bluttransfusion braucht sie zum Glück nicht mehr, wodurch nur noch die Überwachung dran ist. Allerdings hat der Doc gesagt, wenn sie nicht in den nächsten Tagen aufwacht, dass sie dann künstlich ernährt werden muss. Ich hoffe und bete, dass es dazu nicht kommen muss und Aurora vorher aufwacht.

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Inzwischen ist es Abend geworden und Mary hatte vor einer halben Stunde mir Essen gebracht und nach Aurora gefragt. Immerhin hätte Aurora schon eine Freundin hier im Rudel, sobald sie aufwacht. Ich stehe auf und bringe mein Geschirr wieder herunter in die Küche, ehe ich wieder hoch gehe. Sobald ich das Zimmer wieder betrete, fällt mein Blick auf Aurora und mein Blick wird erwidert. Sofort eile ich zu ihr hin „Göttin sei Dank, du bist wieder wach. Wie geht es dir? Tut dir was weh?" Gleichzeitig rufe ich den Doc. Ich konzentriere mich wieder auf Aurora und bemerke, dass sie ihren Blick abgewendet hat. Ich öffne meinen Mund und will gerade etwas sagen, als der Doc auch schon laut ins Zimmer kracht. „Was ist los? Geht es der Luna schlechter?" schnauft er. Sein Blick fällt auf Aurora und er macht nur „Oh" Sofort beginnt er sie zu untersuchen. Doch auch ihm gibt sie keine Antwort. Es scheint fast so, als würde sie alles einfach geschehen lassen, so als wäre ihr alles egal. Fragend schaue ich den Doc an, doch der winkt mich raus.

Vor dem Zimmer angekommen fängt er ohne Umschweife an zu erklären „Der Luna geht es körperlich wieder gut. Die Wunde verheilt gut und der Körper müsste bald wieder genügend Blut produziert haben, bis dahin ist sie noch etwas schwach. Wichtig ist es jetzt dass sie viel isst und trinkt. Aber.." er unterbricht sich. Anscheinend weiß er nicht genau, wie er es sagen soll. „Einfach raus damit Doc." Er nickt und fängt wieder an „Naja, mir macht ihr psychischer Zustand Sorge. So wie sie da gelegen hat und uns beide ignoriert hat. Es scheint, als habe sie wirklich ihren Lebenswillen verloren. Wenn ich mich so ausdrücken darf Alpha, aber ihr müsst ihr wieder den Lebenswillen zurückgeben, sodass ihr und das Rudel wieder eine Luna haben." Ich nicke verstehend, dass hatte ich mir schon vorgenommen, aber es jetzt nochmal gesagt zu bekommen ist dann doch etwas anders. Es zeigt mir nochmal deutlich, was ich für Fehler gemacht habe. Fehler, für die ich mich mehr als schuldig fühle. Der Doc nickt und geht dann.

Ich schaue zur Zimmertür und beschließe ihr noch etwas Zeit zu geben, daher beschließe ich ihr Essen zu machen. Nachdem ich mit dem Sandwich fertig bin, gehe ich wieder hoch zu ihrem Zimmer. Vor der Tür atme ich nochmal tief durch, ehe ich anklopfe und langsam eintrete. Sie wendet mir noch nicht mal den Kopf zu, stattdessen blickt sie einfach weiter nach draußen. Das grässliche Piepen von den Überwachungsgeräten ist zum Glück aus, da der Doc die Geräte abgeschaltet hat, jetzt wo sie wieder wach ist.

Ich begebe mich auf die andere Seite vom Bett und knie mich davor, sodass Aurora ohne eine Bewegung zu mir sehen könnte, wenn sie wolle. Den Teller stelle ich auf den Nachttisch ehe ich anfange zu reden. „Es tut mir so unglaublich Leid Aurora. Ich weiß nun, was ich dir alles angetan habe und dafür möchte ich mich jetzt einmal richtig entschuldigen. Selbst wenn du so nicht reagiert hättest, hätte ich dich nicht einsperren sollen und dürfen. Ich schäme mich so, für meine Taten." Immer noch blickt sie aus dem Fenster. Es scheint so, als wäre sie zwar jetzt wach, aber immer noch nicht bei mir. „Ich habe dir ein Sandwich gemacht und was zum trinken mitgebracht. Der Doc meinte du sollst viel trinken und essen." Doch wirklich reagieren tut sie nicht. „Ist es für dich in Ordnung, wenn ich hier mit dir im Zimmer bleibe?" frage ich sie, doch erhalte keine Antwort. Ich stehe wieder auf und begebe mich zu dem Sessel neben dem Fenster, in dem ich die gesamte Zeit schon saß. Als mein Blick wieder auf die Tür fällt, merke ich, dass ich sie wieder geschlossen habe. Kurzerhand stehe ich also wieder auf und öffne sie, ehe ich mich wieder auf den Sessel setzte. Dann schaue ich zu meiner Mate, die sich nicht geregt hat. Was wenn sie nie wieder irgendwas macht? Fragt Arjun fiepend. Du kannst fiepen? Natürlich kann ich das. Ich bin genau wie jeder andere Wolf. Nur das ein Alpha das eigentlich nicht macht. Aber es geht hier ja schließlich auch um meine Mate, meine Luna. Erwidert er harsch. Entschuldige, du hattest mich nur ziemlich überrascht. Um auf deine Frage zurück zu kommen. Dann werden wir einen Weg finden, sodass sie wieder etwas macht. Und was machen wir jetzt? Ich könnte sie zwar die ganze Zeit beobachten, aber für sie könnte es auch ziemlich merkwürdig vorkommen. Ich weiß nicht. Hast du eine Idee? Mhm, wie wär's du könntest ihr erzählen, was Mates sind. Und wie? Erzähl ihr die Geschichte, wie Luna den Wölfen eine Seelenverwandte gab. Die müsstest du doch noch kennen, oder? Ja, also gut. Probieren wir es.

„Wie wäre es, wenn ich dir eine Geschichte erzähle Aurora? Eine über Mates, damit du besser verstehst, was das bedeutet." versuche ich Aurora zu fragen, doch wie zu erwarten, bekomme ich keine Reaktion. „Weiß du was? Ich erzähle sie dir einfach. Meine Mutter hat sie mir als Kind immer vor dem Schlafen gehen erzählt. Anfangs waren die Gestaltwandler von Wölfen alles nur Männer. Keine Ahnung, was unsere Göttin Luna sich dabei gedacht hatte. Jedenfalls bekämpften sich die Wölfe immer wieder. Jeder wollte der Stärkste, der Mutigste, der Mächtigste, etc. sein. Doch wollte keiner der Liebevollste, der Gefühlvolle oder so sein. Die Kämpfe gingen irgendwann so weit, dass es nur noch wenige gab. Um dem Kämpfen Einhalt zu gebieten, entschied Luna den Männern ein Gleichgewicht zu geben. Von jedem Wandler nahm sie ein Teil seiner Seele und erschuf so die Seelenverwandte." Ich mache eine Pause, bevor ich weitererzähle. Plötzlich spüre ich Auroras Blick auf mir.

~_~~_~~_~~_~ (Damit ihr versteht, warum Aurora auf Seelenverwandte reagiert, hier ein kleiner Einschub.)

Aurora

„... und erschuf so die Seelenverwandte" Seelenverwandte, Seelenverwandte, erklang es immer wieder in meinem Kopf. Habe ich vorher kaum etwas wahrgenommen, so habe ich das Wort, mehr als deutlich wahrgenommen. Warum sollte ich mich auch für irgendwas interessieren, wenn ich nicht mal über mein Leben frei entscheiden kann?

Aber das Wort Seelenverwandte hat etwas in mir zum klingen gebracht. Und plötzlich war sie da, die Erinnerung.

Ich muss da 6 Jahre alt gewesen sein, also ein Jahr vor dem Unfall. Es war auf einem Nachbarschafts-Grillfest gewesen. Dies wurde bei uns einmal im Monat gemacht. Ich erinnere mich, dass es mir jedes mal sehr viel Spaß gemacht hat. Meine Eltern tanzten auf der improvisierten Tanzfläche. Sie harmonieren so gut, dass es aussieht, als wären sie eine Person. Unser Nachbar, der neben mir steht sagt mehr zu sich selbst „Sie müssen Seelenverwandte sein, auch wenn sie Menschen sind, haben sie sich irgendwie gefunden." Er schüttelt kurz seinen Kopf und blickt dann zu mir. „Nicht wahr Aurora? Deine Eltern lieben sich so sehr, dass sie Seelenverwandte sind." Er lacht nochmal auf und mischt sich wieder unter die anderen.

So schnell wie die Erinnerung gekommen ist, so schnell verschwindet sie auch wieder. Hoffend, dass Nathan mir mehr über Seelenverwandte erzählt, schaue ich zu ihm.

Strahle mein PolarlichtWhere stories live. Discover now