17 - [Gefühle]

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Ein riesiges Lächeln spiegelte sich auf ihren Lippen wieder. Aufgeregt sah sie sich um. Quinn betrachtete jedes einzelne Detail.

Fröhlich zeigte sie auf das Haus zu unserer linken.
,,Da wohnen die Stuarts. Ich ging mit ihrer Tochter, Chrissy, in eine Klasse"  Veriet sie mir.

Ich hatte keine Zeit gehabt, um zu reagieren. Sie zog mich sofort zum nächsten Haus.
,,Das ist das Haus von Jack"
,,Da wohnt Alec"
,,Hier haben die Millers gewohnt"

Nichts konnte ihre Freude im Zaun halten. Sie wurde immer enthusiastischer, je weiter wir die Straße entlang liefen.

,,Und wer war jetzt Austin?" Fragte ich. Quinn erzählte so viel. Jedes Haus hatte sie mit einer Erinnerung verbunden. Eine Erinnerung, die sie wohl versuchte zu unterdrücken.
,,Hörst du mir mir eigentlich zu, Aspen?" Witzelte sie.

Sie legte ihre Hand auf ihre Hüfte.
,,Austin und ich, waren im selben Verein" Erklärte sie mir. Wahrscheinlich zum zweiten mal. Es waren so viele Geschichten, Namen und Häuser, dass ich den Überblick verloren hatte.

Ich konnte spüren, wie sie langsam anfing, sich zu verkrampfen.
,,Da ist es!" Sie zeigte auf das Haus, am Ende der Straße.

Es war definitiv in einem furchtbaren Zustand. Was mich tatsächlich, sehr verwunderte. So ein Haus, hätte man doch definitiv im Lokalblatt erwähnt.

,,Okay..." Wisperte sie zu sich selbst. Zögernd machte sie einen Schritt nach dem anderen. Wackelig lief sie auf das Haus zu. Ihr Gang glich der einer warschelnden Ente. Immer wieder kippte sie vor Aufregung zu einen und dann zu anderen Seite.

,,Vorsichtig!" Besorgt ergriff ich ihre Taille. Wieder begann sie ihr Gesicht, hinter ihren Haaren zu verstecken.
,,Quinn, es eilt nicht" Ließ ich sie wissen.

Wir hätten so oft hier her kommen können, wie sie wollte. Wir hätten auch immer wieder an der selben Stelle zurückgehen können. Ich wollte schließlich nur Zeit mit ihr verbringen.

Ängstlich ergriff sie wieder meine Hand. Sie hob ihr schneeweißes Gesicht und lächelte mich an.

Quinn richtete sich auf. Langsam nahm ich meine andere Hand von ihrer Taille. Tief holte sie Luft und begann wieder zu laufen.

,,Im Garten stand eine Schaukel" Sagte aus heiterem Himmel. Ihre Worte überraschten mich, genau wie sie sich selbst.
,,Ich mochte das Gefühl zu fliegen, einfach schwerelos zu sein" Redete sie weiter.

Das Haus kam immer näher.
,,Die Tür hat immer geklemmt. Man musste sie ganz komisch anheben, damit sie sich öffnete" Langsam brach ihre Stimme, doch es liefen noch keine Tränen.

Es waren definitiv Erinnerungen, die sie über die Jahre vergessen hatte - oder vergessen wollte - und jetzt einfach überkochten.

Ich hatte nicht realisiert, dass sie das sagte, weil wir vor der Tür standen.
,,Sie wird wahrscheinlich verschlossen sein. Lass uns einfach in den Garten gehen" Quinn bestand förmlich darauf, dass wir nicht ins Haus gingen.

Leicht stützend lief sie am Zaun entlang. Sie betrachtete jeden Winkel des Grundstücks.

Die rissige Hausfassade, der ungemähte Garten, das morsche Holz des Zaunes.

Doch ihr Blick festigte sich an der Schaukel, welche an einem riesigen Ast eines Baumes befestigt war.

Entschloss ließ sie meine Hand los und lief darauf zu. Sie hatte alles um sich herum vergessen, oder besser gesagt, ausgeblendet.

Sie sah zu mir und wartete bis ich bei ihr war. Ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben, befahl sie mir, mich neben ihr zu setzten.

Wir beide zögerten. Ob die Schaukel unser Gewicht aushielt? Quinn schob diesen Gedanken aber ganz weit weg. Sie ließ sich einfach auf den Sitz fallen. Ich fasste mir etwas Mut und setzte sich ebenfalls.

Ich blieb still und heimlich sitzen, doch Quinn wippte anfangs nach vorn und nach hinten, bis sie endlich anfing anschwung zu nehem.

Sie lachte, sie strahlte, sie war einfach glücklich.
,,Mach mit!" Forderte sie mich auf. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.

Die Schaukel quietschte unter unserem Gewicht. Der Ast neigte sich auch etwas nach unten.

,,Aspen" Sie lachte unaufhörlich. Fast wäre sogar mein Name darin untergegangen.
,,Ja?" Summte ich in den Wind hinein.
,,Ich liebe dich" Sie lachte nicht mehr, doch ihre Stimme war noch von der Heiterkeit gefüllt geblieben.

Ich schwieg. Alles in mir begann zu brennen. Alles in mir schmerzte. Dieses widerliche Gefühl in meinem Magen war wieder da gewesen.

Ich spürte, wie mein Gesicht jegliche Farbe verlor.
,,Aspen...?" Wiederholte sie. Leise, änglich, verunsichert. Quinn nahm kein anschwung mehr. Sie wartete auf eine Gelegenheit, in der sich unsere Blicke trafen.

,,Du liebst mich doch auch, oder?" Ihre Stimme brach in diesem Moment, wahrscheinlich wie ihr Herz.

Ich konnte keine Antwort finden. Und selbst wenn ich eine gehabt hätte, hätte ich sie nicht aussprechen können.

,,Wir sollten gehen. Die Bahn kommt bestimmt bald" Ihre Stimme ging im stottern unter.
,,Wollen wir nicht noch reingehen?" Ich sprang förmlich von der Schaukel auf und zeigte auf die Hintertür.

Immer wieder Strich Quinn mit ihren Ärmeln über ihre Augen.
,,Nein, dort werden sich sowieso nur leere Bierflaschen und rostige Spritzen anfinden" Sie versuchte das brechen ihrer Stimme mit Gelächter zu übertönen.

Sie richtete sich auf, doch behielt ihren Blick am Boden gesenkt.
,,Quinn?" Flüsterte ich.

Sie lief vor. Sie reagierte nicht einmal mehr auf mich.
,,Ich habe dich gern, Quinn" Sprach ich außer Atem. Diese Worte fühlten sich einfach richtig an.
,,Doch du liebst mich nicht" Doch diese Worte waren falsch. Erschrocken hob sie ihren Kopf.

Ungläubig und aufgebracht, sah sie mich weiterhin an.
,,Du glaubst, dass du mich liebst, weil zum ersten mal, dir jemand Zuneigung schenkt" Ihre Augen waren weit aufgerissen.

Ich verfluchte mich selbst.
,,Sei einfach leise. Du weisst nicht, was ich fühle. Ich brauch dich nicht, um es mir zu erklären!" Sie wischte ihre Tränen nicht mehr weg, sie ließ sie einfach fließen.

Sie schubste mich zu Seite und lief von dem Grundstück herunter. Sie verschwand immer mehr aus meiner Sicht. Meine Augen wurden glasig. Auch mir liefen die Tränen.

Scheiße, scheiße, scheiße. Ich murmelte dieses Wort immer wieder, bis ich auf dem Boden ankam.

Ich legte meine Stirn auf meine Knie, meine Arme waren um meine Beine geschlungen.

Quinn hatte recht. Wer war ich, um ihr so etwas zu sagen? Wer war ich, um so etwas zu denken? Wer war ich? Was fühlte ich? Fühlte sie das selbe?

Fühlte sie diese Angst, wann immer wir getrennt waren? Fühlte sie diese Sehnsucht, wenn wir einander nicht sahen? Fühlte sie diese Freude, wann immer wir uns küssten? Trug sie auch immer ein Lächeln auf den Lippen, wann immer wir Händchen hielten?

Wenn das Liebe war, dann war ich ein größerer Idiot als vorher angenommen.

It's Okay - I'm There For You Where stories live. Discover now