22 - [Klartext]

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Die Haustür sprang auf. Die finstere Miene meines Vaters kam mir entgegen. Er wollte mich anschrein, doch schnell veränderte sich sein Ausdruck zur Besorgnis.

,,Aspen" Schrie er entsetzt auf.
,,Was ist passiert?" Zum ersten mal seit langem, hörte sich seine Besorgnis wirklich aufrichtig an.

Er kam auf mich zu, ergriff meine Unterarme und versuchte mich an diesen hochzuziehen.

Seine Hände fühlten sich warm, an meiner unterkühlten Haut an. Mit vorsichtigen Schritten brachte er mich ins Haus.

An den Wänden stützte ich mich von selbst ab. Da sah ich sie nun. Eliza und meine Mutter. Sie saßen beide am Tisch.

Alte Erinnerungen erschienen mir vor meinen geistigen Augen. Sie lachten nur nicht, wie damals...

Ensetzt stand meine Mutter auf. Der Stuhl knarrte über den Fußboden.
,,Aspen, warum weinst du?" Meine Mundwinkel konnten sich nicht entscheiden, ob sie vor Freude sich heben, oder vor Trauer gesenkt bleiben sollten.

Vor Erleichterung fiel ich meine Mutter in die Arme. Vielleicht waren es vier oder doch fünf Monate gewesen, als ich zuletzt ihre Wärme gespürt hatte.

,,Ich hab dich so vermisst" Schluchzte ich in ihr Haar, welches immer noch diesen vertrauten Duft ihres Lieblingsshampoos hatte.
,,Setz dich doch erstmal" Befahl sie mir im Schock.

Mein Arm lehnte über ihre Schulter. Vorsichtig begleitete sie mich zur Couch. Das weiche Polster war angenehmer gewesen, als der harte Steinboden.

Dad und Eliza liefen in mein Blickfeld hinein. Sie beide sahen eher nervös, als aufgebraucht aus. Schon jetzt verfolgt ihre Blicke mich.

,,Wo warst du?" Fragte mein Vater streng. Er zweifelte an seiner Autorität mir gegenüber. Das merkte man an seiner Stimme.

Ich schwieg. Ich wollte nicht mit ihm reden. Sein Blick und auch der von Eliza, sahen so selbstsüchtig aus.
,,Du verhältst dich schon seit einigen Wochen so merkwürdig" Ich sah zu meiner Mutter rüber.

Ich ignorierte ihre Worte.
,,Was machst du hier?" Stellte ich die nächste Frage. Kurz mied sie meinen Blick und sah zu Dad auf.
,,Ich hatte dir doch geschrieben" Meinte sie nun.
,,Nein" Schüttelte ich den Kopf.

Ich hätte mich doch daran erinnert, wenn man mir so etwas geschrieben hätte.
,,Wir haben es dir auch mehrfach versucht zu sagen, doch du hast uns nie ausreden lassen" Warf Eliza mit ein.

Leicht zitternd holte meine Hand, mein Handy aus der Hosentasche. Ich ging auf den Chat meiner Mutter. Ihre tausenden Nachrichten, die ich am Bahnhof ignoriert hatte, sagten tatsächlich aus, dass sie kommen würde.

Ich blickte von dem Bildschirm wieder auf.
,,Entschuldige, entschuldige, entschuldige" Wiederholte ich immer wieder.

Ich drückte meinen Kopf in die Schulterbeuge meiner Mutter. Ihre warmen Arme umschlossen mich.
,,Hör auf dich zu entschuldigen und erzähl mir, was passiert ist" Forderte sich mich den Tränen nah auf.

Das Polster der Couch, zog sich in die Tiefe. Ich spürte die flache Hand meines Vaters über meinem Rücken streichen.

,,Ich weiss nicht, wo ich anfangen soll" Schluchzte ich ganz hysterisch.
,,Fang einfach beim Anfang an, mein Schatz"

All meine Gedanken sortierten sich.
,,Da war dieses Mädchen in meiner Klasse. Sie ging mir so auf die Nerven, dabei kannte ich sie nicht mal" Irgendwie Zwang ich mich zu einem kleinen Lachen. Gott, war ich dumm.
,,Quinn?" Drang Eliza zu mir durch.

Ein stummes Summen emtfloh mir.
,,Ich hab einfach scheiße mit ihr gebaut" Mein Griff bohrte sich in die Haut meiner Mutter.
,,Ich wusste nicht, dass ihre Eltern gewalttätig sind" Stille.

Stille durchzog den gesamten Raum.
,,Ich hab angefangen aus Mitleid mit ihr abzuhängen. Ich mochte es sogar. Aber alles wurde dann kompliziert. Ich wusste, dass sie sich umbringen will, doch irgendwie dachte ich, dass ich es verhindern könnte. Aber nun wird sie es tun, und ich kann sie nicht davon abhalten"

Sanft schlugen sich ihre Finger um meine Wangen. Sie hob meinen Kopf von ihrer Schulter und schaute mir tief in die Augen.
,,Warum hast du nichts gesagt" Sie machte mir keine Vorwürfe, sondern sich selbst.

Mein Blick wanderte zu Dad und Eliza. Sie beide sahen schuldig aus.
,,Du hast nur von Liverpool und James gesprochen" Ihr Mund stand reuevoll offen.
,,Warum hast du es uns nicht gesagt?" Fragte Dad vorwurfsvoll.
,,Weil ihr euch doch nicht für mich interessiert" Schrie ich wütend und erschöpft zurück.

Keiner im Raum konnte es fassen.
,,Aspen, dass-" Wollte er sich verteidigen. Herablassend lachte ich.
,,Es geht doch immer nur um Eliza. Du beschuldigt mich immer, wenn Eliza irgendwas nicht passt. Du bist doch froh, wenn ich weg bin!"

Sie beide stammelten zusammenhangslose Worte.
,,Die letzten Wochen hast du dich unnormal herhalten, dass hat Eliza gestresst" Ich wollte ihn anschrein, dass er wieder nur von ihr sprach, doch dann sah ich die Hand auf ihren Bauch.

Hilfesuchend schweifte mein Blick zu meiner Mutter. Meine gesamte Welt zerbrach immer weiter. Es hätte keinen schlechteren Zeitpunkt geben können, in dem sie mir sowas hätten sagen beziehungsweise andeuten können.

Am Blick meiner Mutter erkannte ich, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag. Eliza war schwanger und meine Welt war zu einem Scherbenmeer zerbrochen.

,,Ich konnte mich an niemanden wenden" Stellte ich erschöpft klar.
,,Jetzt sind wir hier" Sagte sie.
,,Nein, du bist hier" Korrigierte ich sie.

Die Distanz zu meinem Vater fühlte sich nie so groß an, wie jetzt.
,,Ich will zu Quinn. Ich will wissen, ob es ihr gut geht. Es muss ihr gut gehen" Stotterte ich.

,,Dann suchen wir sie" Hörte ich ihn sagen. Mit geweiteten Augen sah ich meinen Vater an. Es fühlten sich nicht, wie seine Worte an.
,,Warum?" Fragte ich ungläubig.

Er rutschte von der Couch zum Boden runter. Er nahm meine Hände in seine und kniete vor mir nieder.
,,Du bist meine Tochter. Es tut mir leid, dass du dich so gefühlt hast. Diese Quinn bedeutet dir offensichtlich viel. Ich möchte das du glücklich bist, und das bist du offensichtlich nur mit ihr"

Ich fühlte mich wie ein offenes Buch. Jeder konnte meine Seiten lesen, nur ich selbst nicht. Ich hatte vor den kommenden Seiten Angst. Ich wollte diese nicht lesen, sie sollten auch nicht gelesen werden. Sie sollten versteckt bleiben. Man sollte ein Schluss um sie hängen, wie bei einem Tagebuch.

It's Okay - I'm There For You Where stories live. Discover now