Shadows in the snow

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"ALICE" ertönte das laute Schreien eines Mädchens. Ich stand auf einem Berg, vor mir zwei Mädchen. Eines, welches eindeutig Alice war, lag bewegungslos auf dem Boden. Ein Mädchen, mit kurzen, wuscheligen Haaren saß über ihr. Ich war mir sicher, dass es Rin war und sie weinte. Gerade trat ich einen Schritt nach vorne, um herauszufinden, was passierte, als sich die Umgebung veränderte. Es war ein kleines Dorf, ein paar hölzerne Häuser standen in der Nähe. Ein lautes Knallen ertönte, als ich mich umdrehte, erblickte ich eine Frau, sie stand über Rin. Das Mädchen saß zitternd auf dem Boden. Ich konnte nur erahnen, was gerade passiert war.
"Ich wollte das nicht, Mutter" flüsterte das Kind und hob den Kopf. Die Frau ähnelte vom Aussehen her Alice, sie war nicht allzu groß, besaß lange braune Haare mit weißen Strähnen, grün blaue Augen und einen dunklen Hautton. Ihr Blick war voller Wut, doch sie schien erschöpft. Im Hintergrund standen ein paar Menschen, ich konnte ihre Gesichter nicht erkennen. Es war vermutlich Rins Erinnerung und das Mädchen hatte vergessen, wer dort gestanden hatte.
"Ich will dich nie wieder sehen!" hauchte die Frau leise, drehte sich um und verschwand.

Kurz darauf lief ich durch tiefen Schnee. Wir waren irgendwo tief in den Bergen. Rin kurzen Haare waren nun schulterlang. Was für ein großer Abstand wohl von dieser Erinnerung zu der letzten bestand? Das Mädchen sah erschöpft aus. Ein einzelner dunkler Punkt, mitten im unendlich wirkendem Schnee, langsam bewegend, zu einem ihr unbekannten Ziel. Immer noch versuchte ich, zu verstehen, was passiert war. Ich ging näher auf sie zu, lief neben ihr. Ich wusste, dass es nur eine Erinnerung war, etwas worüber sie gerade nachdachte und kein Traum. Ich konnte nicht mit ihr interagieren, auch wenn ich es mir wünschte. Plötzlich rutschte sie aus und fiel in den Schnee. Ich griff nach ihrem Kragen, um sie aufzufangen, doch meine Hand glitt durch sie hindurch. Leise seufzte ich, nur eine Erinnerung. Doch ich vergaß es trotzdem. Statt aufzustehen, blieb Rin einfach liegen. Angst machte sich in mir breit. Sie musste aufstehenden, sie musste weitergehen. Sie musste kämpfen. Doch sie tat nichts. Ein Schatten legte sich über mich. Dort stand jemand, doch ich konnte nicht erkennen, wer oder was. Rin wurde hochgehoben und dann klärte sich meine Sicht. Es war die Frau, die ich schon einmal in ihrer Erinnerung gesehen hatte. Eine schlanke Frau mit tiefschwarzen Haaren und blasser Haut. Sie trug lederne Kleidung und das Fell eines Schneefuchses auf den Schultern. An ihrer Hand blitze ein Ring, der Ring, den Rin getragen hatte. Plötzlich verschwamm die Erinnerung. Es war als hätte man das Spiegelbild des Mondes auf einen klaren See gestört. Welle für Welle wurde es unklarer und ich wachte auf.

"Rin?" flüsterte Snow White leise, nachdem sie aufgewacht war. Harvey und Mary waren nun in Reginas besitzt. Die Anderen schliefen tief und fest und das einzige Geräusch in der Nacht war das Heulen einer Eule.

"Ja?" antwortete das Mädchen leise, ihre Stimme klang voller Trauer.

"Wer war sie? Die Frau aus deiner Erinnerung, die große, schlanke, mit schwarzen Haaren?" fragte sie vorsichtig.
Einige Sekunden schwieg der Apfel, bevor eine Antwort erklang, die wie das Hauchen des Windes klang.

Mai ... ihr Name ist Maori, aber ich dürfte sie Mai nennen ... sie war eine Barbarin, wie ihr es nennen würdet ... Tut mir leid, dass ich dir deinen Schlaf erneut raube ... du solltest es nicht sehen."

Snow White wünschte sich, dass das Mädchen nicht verflucht wäre, zu gerne würde sie Rin in den Arm nehmen, ihr sagen, dass es nicht schlimm sei und sie da ist. Doch so blieb ihr nichts anderes übrig, als in den kleinen Apfel in ihren Händen zu blicken.

"Erzähl mir bitte, was damals passiert ist! Wer war Mai? Warum ist Alice so wütend?" Obwohl sie wusste, dass die Jüngere womöglich nicht antworten würde und sie einen wunden Punkt raff, kam sie nicht umhin es zu fragen. So oft hat sie Teil der Erinnerungen aufgefangen, doch das gesamte Bild fehlte ihr bis heute.
Der Wind rauschte durch die Bäume, es dauerte einige Zeit bis die Hexe antwortete.

Bloody Raven in the ShadowWhere stories live. Discover now