17. Kapitel

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Eine Weile rannte ich, aber nach kurzer Zeit war ich schon aus der Puste und verfiel in einen langsameren Laufschritt. Jaja, ich war nicht die, mit der größten Ausdauer.

Es war echt Stockfinster und es war irgendwie unheimlich. Und wenn irgendwas passieren würde, dann hätte ich nichtmal mein Handy dabei. Hach wie schön!

Keine Zehn Minuten später war ich dann bei Kevin angekommen. Ein Glück, dass kein Winter war, ich wäre vor Kälte gestorben. Aber auch jetzt bließ der Wind und ich bekam eine Gänsehaut. Ich strich mir meine zerzausten Haare aus dem Gesicht und verschränkte die Arme, um mich etwas zu wärmen.
Nun stand ich vor der Haustür, aber sollte ich klingeln?
Nein, es war mittlerweile bestimmt schon fast halb eins und ich klingelte ganz sicher nicht mitten in der Nacht! Aber was dann? Steine ans Fenster werfen? Blieb mir wohl nichts anderes übrig.. Aber wo bekomme ich jetzt kleine Steine her, die man auch hört, aber auch nicht gleich das ganze Fenster zerschmettern?

Ich fand nach kurzer Suche welche und warf sie dann an das Fenster, von dem ich glaubte, es sei das von Kevin. Zuerst tat sich nichts, aber kurze Zeit später wurde das Fenster geöffnet. Ein Glück von Kevin!

"Was machst du hier?", fragte er verwirrt und überrascht zugleich. "Bitte lass uns reden." Er guckte mich schief an und nickte dann. Ich ging nach vorne, zur Haustür und er machte nach kurzem Warten auch auf.
"Wo drüber willst du mit mir um halb eins in der Nacht den so unbedingt reden?", begrüßte er mich. "Können wir bitte rein gehen?", fragte ich ihn. Er seuftzte und nickte und machte mir danach Platz, damit ich rein gehen konnte. Er schloss die Tür und führte mich anschließend ins Wohnzimmer. "Wir müssen aber leise sein. Ich habe kein Bock, dass meine Eltern oder Carolin wegen uns aufwachen.", sagte er und setzte sich auf eines der Sofas. Ich nickte und setzte mich auf das, gegenüber von ihm.
"Hmm also, wo drüber ich jetzt mit dir sprechen wollte ist...ähh. Na ja, ich war ja bei dir, und wegen deinen Armen..", stotterte ich.

Wie sollte ich den auch bitte ein Gespräch anfangen, wobei es darum ging, das er sich ritzt?!

Seine Miene wurde schlagartig ernst und er meinte, mit einem leicht angenervten Unterton: "Das geht dich nichts an. Und ich will darüber auch nicht sprechen" "Vertraust du mir etwa nicht?", fragte ich und zog die Augenbrauen zusammen. "Natürlich vertraue ich dir! Ich vertraue dir mehr als allen anderen, mein Gott! Ich vertraue nun mal immer denjenigen, die ich wirklich liebe.." Den letzten Satz flüsterte er, aber ich verstand es trotzdem. "Warum kannst du es mir dann nicht sagen?" Ich ignorierte das letzte jetzt einfach mal, denn was sollte ich drauf Antworten? Ich wollte ihn ja nicht noch mehr verletzen. Verletzen?! Hab ich ihn so sehr verletzt, dass er sich deswegen ritzt? "Ist..ist es wegen mir? Weil ich Leon liebe? Geliebt habe.", fragte ich vorsichtig. "Was? Nein! Ja.. Keine Ahnung." Er stützte den Kopf in die Hände und rieb seine Augen. Aufeinmal hörte er ruckartig auf. "Warte! Du liebst Leon garnicht mehr?" Ich schüttelte langsam den Kopf. "Warum?", fragte er. Diesmal zuckte ich mit den Schultern. Er nickte einfach und ließ das Thema sein. Ein Glück, denn ich war mir nicht sicher, ob ich in Leon verliebt war. Genauso wenig wusste ich, was ich für Kevin empfand. Ja, ich hatte irgendwie auch Gefühle für Kevin, aber wir kommen vom Thema ab.

"Hast du jetzt wegen mir mit dem Ritzen angefangen? Ja oder Nein?",fragte ich. Er überlegte. Lange! Bestimmt 5 Minuten! Aber ich wollte nichts sagen. Ich wusste auch garnicht was ich sagen sollte. "Wieder angefangen, meinst du bestimmt", sagte er dann seuftzend und schaute aus dem Fenster. "Wieder?" Er nickte. Nach einer Weile sah er mich dann endlich an.

"Du wirst das, was ich dir jetzt erzähle, niemandem, wirklich niemandem sagen! Okay?" Ich nickte nur Stumm.

Jetzt werde ich wohl die ganze Wahrheit erfahren..

"Es war als ich sieben war, mein Vater war total wütend auf mich. Keine Ahnung mehr wieso, aber da, da hat er mich zum ersten Mal geschlagen. Es war zwar nur eine Backpfeife, doch sie tat höllisch Weh. Seid dem Schlug er mich öfters und auch immer härter. Ich bekam richtige Blaueflecken, aber ich wollte weder meiner Mutter noch Caro etwas zu davon erzählen. Er bekam auch ein kleines Alkoholproblem.. Und so gut wie jedesmal, wenn er besoffen war, hat er mich geschlagen. Ohne Grund. Er war so dicht, dass er nicht darüber nachdenken konnte. Auch, wenn ich schlechte Noten schrieb, was nicht allzu selten war, als ich ca 12 war, schlug er mich. Es kam immer häufiger vor. Ich überlegte, ob ich es Caro oder Mum sagen sollte, doch ich traute mich nicht, weil ich zu große Angst hatte, dass er noch doller zuschlagen würde. Ich glaubte, es gäbe nie ein Ende, deswegen fing ich mit ca 14 Jahren an, mich zu ritzen. Es war irgendwie ein befreiendes Gefühl. Und ich fühlte mich danach besser.
Als ich dann 15 war, musste ich sogar ins Krankenhaus, weil ich zu viel Blut verloren hatte. Da meine Mutter ja jetzt wusste, dass ich mich ritzte, wollte sie unbedingt wissen warum ich das tat, aber ich hielt die Klappe. Ich hörte mit dem ritzen auf, weil ich erlich gesagt kein Bock aufs Krankenhaus hatte und darauf, dass meine Mutter mich ausfragte. Naja, und an dem Geburtstag eines Kupmels war dann der Höhepunkt erreicht. Mein Bester Freund, Chris.." Er machte eine kurze Pause um sich die Tränen weg zwischen, die ihm beim Erzählen über die Wangen gelaufen sind. "Chris, er starb an dem Tag. Er war der eingzigste dem ich alles erzählt hatte. Er war wie ein Bruder. Und dann war er einfach tot. Ich kam nicht damit klar und ritzte mich wieder. Ich war depressiv und war einfach am Ende. Caro half mir in dieser Zeit so sehr. Ich bin froh sie zu haben. Aber sie erzählte es irgendwann unserer Mutter. Das war vor ein Paar Monaten. Mein Vater schlug mich da schon ca ein viertel Jahr nicht mehr und ich ritze mich auch nur noch selten. Meine Mutter trennte sich natürlich sofort von ihm und wir zogen weg- hier her. Naja, und jetzt hab ich mich in dich verliebt, und du liebtest Leon. Ich war immer noch nicht ganz clean und du hast mich damit dann halt runter gezogen. Ich konnte den Klingen nicht mehr widerstehen und hab wieder angefangen. Ich hasse meine Narben, kann es aber nicht lassen. Aber jetzt weiß ich ja, dass du Leon nicht mehr liebst.."

Mir rollten ein, zwei Tränen die Wangen herunter. Das kann doch nicht real sein. Niemand hat so ein Leben verdient. Und das ich ihm das noch sagen wollte, dass ich mir mit den Gefühlen noch nicht sicher war, konntwle ich mir wohl jetzt auch abschminken.

Er stand auf kam zu mir rüber, um sich dann vor mich hin zu hocken. Er sah mir in die Augen und wischte meine Tränen weg. Ich versuchte leicht zu lächeln, was mir auch einigermaßen gelang.
"Das hast du nicht verdient", schluchzte ich jetzt und fiel ihm um den Hals. Mich hatte diese 'Geschichte' so mit gerissen und so traurig gemacht. Sowas konnte doch nicht real sein!
Es war echt komisch, ihm ist das alles passiert und ich weinte? Verkehrte Welt.

"Hör auf zu weinen", sagte er und löste sich aus unserer Umarmung. Er hielt mein Gesicht fest in den Händen und sah mich an. Ich musterte sein ebenfalls sein Gesicht, er hatte ein wunderschönes..
Diese Haare, diese Augen und diese.. diese Lippen! Ich war wie in einem Trauma und wusste nicht recht, was ich tat. Doch eins wusste ich, ich wollte ihn Küssen.

Good girls love bad boysWhere stories live. Discover now