Die Geschichte von Ayyub

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Ayyub war ein wohlhabender Mann. Er besaß ein schönes Haus,

fruchtbares Ackerland und zahlreiche Herden von Rindern, Scha-

fen und Ziegen. Er war verheiratet und hatte viele Söhne und

Töchter, die zu schönen und klugen jungen Menschen heranwuch-

sen und ihm viel Freude bereiteten. Zu jedem war er freundlich,

und gern half er den Armen und den fremden Reisenden und den

Waisenkindern.

Allah hatte Ayyub als Seinen Gesandten auserwählt und zu seinem

Volk geschickt, um es zu ermahnen. Und das Volk hörte auf

Ayyub und folgte Allahs Gesetz und Rechtleitung. Jeder ehrte

Ayyub als Allahs Gesandten.

Dies alles ärgerte Iblis, den Feind der Menschen. Er hatte ja ge-

schworen, alle Menschen von Allahs Weg abzubringen, außer

denen, deren Vertrauen auf Allah stärker war als seine Verführungs-

künste. Er meinte, wenn Ayyub nicht so reich und beliebt und

geehrt wäre, dann würde er sicher nicht mehr so stark auf Allah

vertrauen und eher bösen Gedanken zugänglich sein. Er schickte

also die bösen Mächte aus, Ayyubs Habe zu vernichten. Und Allah

ließ ihn gewähren, denn Er wollte Ayyub zum Vorbild für alle

Menschen werden lassen.

In wenigen Tagen verlor Ayyub seinen ganzen Reichtum. Seine

Hirten kamen entsetzt zu ihm gelaufen und berichteten, daß

Sturm oder Krankheiten seiner Rinder, Ziegen und Schafe getötet

hatten. Sein schönes Haus stürzte ein, und sein Ackerland wurde

von einer Flut überschwemmt und die ganze Ernte vernichtet.

Aber Ayyub behielt sein Vertrauen auf Allah. Er sprach: „Allah ist

genug für mich. Es gibt keinen Gott außer Ihm."

Aber Iblis gab noch längst nicht auf. Er meinte, wenn Ayyub erst

seine Kinder verlöre, dann würde er schon der Verzweiflung nach-

geben. Er schickte seine bösen Mächte aus, um Ayyubs Kinder zu

töten und ihm so diese Freude zu rauben. Aber als Ayyub vom

Tod seiner Söhne und Töchter erfuhr, sprach er: „Wir gehören

Allah, und zu Ihm kehren wir zurück."

Doch Iblis machte weiter seine teuflischen Pläne. Er meinte, wenn

Ayyub erst krank würde, dann würde er, von Schmerzen geplagt,

seine Hoffnung auf Allah aufgeben. Er beauftragte seine bösen

Mächte, Ayyub Wunden und häßliche Geschwüre beizubringen, die

nicht nur schmerzten, sondern durch ihr scheußliches Aussehen

auch die letzten treuen Freunde vertreiben würden. Aber Ayyub

sprach: „Ich vertraue auf Allah. Er ist der Herr des Himmels und

der Erde." Alle seine Freunde ließen ihn im Stich und dachten:

„Es wäre vielleicht besser, wenn Ayyub sterben würde."

Iblis kam noch ein letzter Gedanke. Er meinte, wenn er Ayyubs

Frau dazu bringen könnte, verzweifelte Worte auszusprechen und

ihm den Mut zu nehmen, dann würde er vielleicht auf sie hören.

Die Frau hatte Ayyub treu gepflegt und alle Not mit ihm geteilt.

Auch sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, aber jetzt, wo der

Teufel sie mit bösen Gedanken quälte, rief sie eines Tages aus: „O

weh, Allah hat dich sicher verlassen! Was soll nun aus uns

werden?"

Aber trotz allen Leidens und großer Schmerzen sprach Ayyub zu

ihr: „Ich nehme meine Zuflucht zu Allah vor dem verfluchten

Teufel! Wahrhaftig, wenn Allah mich jemals wieder gesund und

stark werden läßt, will ich dir hundert Stockschläge geben, weil du

auf Allahs und unseren Feind gehörst hast."

Ayyub betete zu Allah und sprach: „O mein Herr, der Teufel ver-

folgt mich mit Leid und Trauer. Du aber bist der Barmherzige."

Allah sah wohl, daß Ayyub standhaft geblieben war und weder im

Unglück verzweifelt war noch auf falsche Ratschläge gehört noch

hoffnungslosen Gedanken nachgegeben hatte. Er schickte einen

Engel zu Ayyub und ließ ihm sagen: „Stampfe mit deinem Fuß

auf die Erde." Dies tat Ayyub, und eine Quelle sprudelte hervor

und brachte Wasser, das Ayyub trinken konnte. Er badete auch in

diesem Wasser und war sogleich von seiner schrecklichen Krank-

heit geheilt.

Als er seine Kräfte zurückkehren fühlte, fiel ihm auch das Ver-

sprechen ein, das er seiner Frau gegeben hatte. Er hatte Mitleid mit

ihr, weil er wußte, wie sehr sie selbst mit ihm gelitten hatte, und

hundert Stockschläge sind eine harte Strafe. Er sah ja auch, daß

sie ihre voreiligen, unwissenden Worte längst bereute. Aber das

Versprechen mußte er doch halten. Der Engel half ihm aus diesem

Zwiespalt. Er sprach zu Ayyub: „Nimm ein Bündel Stroh in deine

Hand, hundert Halme, und schlag damit deine Frau einmal, dann

ist dein Versprechen eingelöst."

Ayyub tat wie geheißen, und die beiden waren versöhnt. Allah gab

Ayyub alles doppelt wieder, was er verloren hatte, Vieh, Haus,

Weide und Ackerland, dazu sieben Söhne und drei Töchter, die

ihm noch mehr Freude machten als die Kinder, die zuvor gestor-

ben waren. Ayyub blieb gesund und stark und erreichte mit Würde

und Ansehen ein hohes Alter.

Mit Ayyubs Beispiel will Allah die Menschen warnen und zur

Standhaftigkeit ermahnen. Denn gar mancher vertraut auf Allah,

solange es ihm gut geht und er zufrieden ist. Sobald ihm aber ein

Unglück widerfährt oder er in Not gerät, fragt er verzweifelt: „Wie

kann Allah so etwas zulassen?" Dabei denkt er nicht daran, daß

alles in dieser Welt vergänglich ist, und selbst unser Leben ist nur

für eine Zeitlang geliehen. Wer seine Liebe auf seine Habe richtet,

der liefert sich damit wahrhaftig der Verzweiflung aus. Wer sich

aber Allah hingibt und auf Ihn vertraut, den läßt Allah glücklich

werden.

Allahs Friede sei mit Ayyub.

Die Geschichte der Propheten und GesandtenWhere stories live. Discover now