Nach weiteren Reisen durch die Wüsten der arabischen Halbinsel
wohnte Ibrahim mit seiner Frau Sarah eine Zeitlang in Palästina, ganz
in der Nähe der Stadt Sodom, zu deren Bewohnern Allah Ibrahims
Neffen Lut gesandt hatte, um sie zu ermahnen. Die Leute dieser Stadt
waren übermütige, boshafte Menschen, vor denen niemand sicher sein
konnte. Ibrahim wohnte auch nicht bei seinem Neffen in der Stadt,
sondern in einer fruchtbaren Gegend ganz in der Nähe, wo seine Tiere
reichlich Wasser und Weide finden konnten.
Eines Abends kamen zwei fremde Reisende zu Ibrahims Hausund
sprachen: „Friede sei mit dir/' „Und mit euch sei Friede, ihr Fremden",
erwiderte Ibrahim und lud sie ein, hereinzukommen. Dann beeilte
er sich, ein gemästetes Kalb zu schlachten und für die Gäste ein gutes
Essen zuzubereiten. Aber sie fingen nicht an zu essen, obwohl sie
offensichtlich den ganzen Tag unterwegs gewesen waren und sicher
hungrig und müde sein mußten. Ibrahim fragte höflich, ob sie denn
nicht essen wollten, aber innerlich fürchtete er sich vor ihnen. Die
Fremden aber sprachen: „Fürchte dich nicht vor uns. Allah hat uns
geschickt, damit wir dir mitteilen, daß du einen weisen Sohn
bekommen wirst'
„Bringt ihr mir diese Botschaft jetzt, wo ich alt geworden bin?" fragte
Ibrahim zweifelnd. Aber die Fremden erwiderten: „Diese Nachricht ist
wahr. Gib die Hoffnung nicht auf." und Ibrahim sprach: „Wer kann
die Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit verlieren außer denen, die
irren?"
Sarah hatte das Gespräch mitangehört und wußte nicht recht, ob sie
lachen oder weinen sollte. Ihr ganzes Leben lang hatte sie keine
Kinder gehabt, und jetzt, im hohen Alter, sollte sie einen Sohn
bekommen. Sie rief: „O weh, soll ich einen Sohn haben, wo ich eine
alte unfruchtbare Frau bin und mein Mann bald ein Greis? Das wäre
noch ein Wunder!" Aber die Fremden sprachen: „Allah hat es so
bestimmt. Stellst du etwa Allahs Beschluß in Frage? Seine Gnade und
Barmherzigkeit liegt über euch, o ihr Leute dieses Hauses. Und Er
allein ist des Lobes würdig."
Ibrahim fragte darauf die Fremden, was das Ziel ihrer Reise sei, und
sie sprachen: „Wir sind zu einem ungerechten Volk entsandt, damit wir Steine aus gebranntem Ton über sie herabsenden, als Strafe
für ihre Gier. Wir haben nachgeforscht, ob es vielleicht einige
Gottesfürchtige unter ihnen gibt, aber wir haben keine gefunden außer
in einem Haus."
Da wußte Ibrahim, daß die Fremden Engel waren, und daß die Stadt
Sodom sehr bald in einem Strafgericht untergehen würde. Er
fürchtete, daß seinem Neffen Lut etwas zustoßen könnte, und machte
sich Sorgen. Aber die Engel versicherten ihm, daß sie zuvor alle
Gottesfürchtigen retten sollten. Das sei aber nur Lut und seine
Familie, und sogar Luts Frau würde sich noch nach ihrer Rettung
selbst ins Verderben bringen.
Ibrahim hatte Mitleid mit den Menschen in der Stadt, denn er hatte ein
weiches Herz, so daß er angesichts der schrecklichen Strafe nicht an
ihre Ungerechtigkeit dachte. Vielleicht wußte er auch nicht genau, wie
boshaft diese Menschen wirklich waren.
Die Engel sprachen zu ihm: „O Ibrahim, bitte nicht um Schonung für
sie. Allah hat seinen Beschluß gefaßt. Sie wollen sich nicht von ihrer
Menschenverachtung abwenden, und so wird Allah Seine Strafe auch
nicht rückgängig machen."
Nachdem sie noch eine Weile gerastet hatten, zogen die Engel am
gleichen Abend weiter, um ihren Auftrag zu erfüllen.
Nach einiger Zeit geschah es, wie die Engel vorausgesagt hatten.
Ibrahim und Sarah bekamen einen Sohn, den sie Ishak nannten. Er
wuchs heran und wurde ein weiser und gerechter Mann und ein
Gesandter Allahs wie sein Bruder Ismail. Sein Sohn Yakub, der auch
Israel hieß und ein Gesandter Allahs war, hatte zwölf Söhne, von
denen wir später mehr hören. Von ihnen stammen nämlich die zwölf
Stämme der Bani Israel ab.
Allah machte mit Ibrahim einen Bund und sprach zu ihm: „Ich habe
dir die Rechtleitung offenbart und dich zum Imam für die Menschheit
bestimmt." Ibrahim erwiderte: „Und was geschieht mit meinen
Nachkommen?" Allah sprach: „Mein Bund umfaßt nicht die Übeltäter
unter ihnen."
Allah versprach Ibrahim noch einmal, ihn zum Stammvater eines
großen Volkes zu machen. Tatsächlich ist er der Stammvater der
Araber, die Ismails Nachkommen sind und von denen Allah
Jahrhunderte später Seinen letzten Gesandten Muhammad in die Welt
geschickt hat, und der Stammvater der Bani Israel, unter denen es
viele hervorragende Menschen und berühmte Gesandte Allahs
gegeben hat.
Aber nun wollen wir erst einmal hören,was inzwischen in der Stadt
Sodom geschah, und wie Lut gerettet wurde.
Allahs Friede sei mit Ishak.
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Die Geschichte der Propheten und Gesandten
SpiritualViel Spaß beim Lesen dieser sehr interessanten und zu gleich lehrreichen Geschichte, nämlich die der Propheten und Gesandten. Begleitet diese Menschen durch Zeiten und Geschehnisse, aus denen man fürs Leben lernen kann. Dies hier ist mein zweiter V...