Prolog

144 6 2
                                    

Helle Tapeten zierten das Schlafzimmer im großen Anwesen der Familie von Grünwies. Babette lag im Ehebett und betrachtete das kleine Mädchen, welches sie vor etwa einer halben Stunde zur Welt gebracht hatte.

Ein kleiner Wurm mit einigen wenigen hellbraunen Haaren auf dem roten Kopf. Das Mädchen war hässlich. Sie gefiel Babette nicht. All das Warten und all der Schmerz für so etwas? Sie sah aus wie eine Made. Eine Made mit großer Nase.

„Mama!" Aili kam in den Raum gelaufen. Babettes ältestes Kind hatte feuerrotes Haar und Augen in der Farbe von Caramel. Sie war hübsch. Wenn auch laut. Genau wie Birger, der wie ein kleines Küken auf wackligen Beinen seiner Schwester hinterher tapste. Zur Abwechslung machte der kleine Junge einmal keinen Lärm. Er hatte Babettes ausgeprägtes Kinn, ihre grünen Augen, ihre Sommersprossen und ihr helles Haar geerbt. Birger war ihr Ebenbild. Ein pummeliger Junge mit ausgeprägten Lippen. Auch ihren Sohn fand Babette nicht besonders entzückend. Anders als Aili, die mit ihrer Haarfarbe Babettes Uroma ähnelte. Von Babette hatte das Mädchen nur die Sommersprossen und die Nase bekommen. Die Augenfarbe kam von Felix Mutter. Das Mädchen starrte das schlafende Bündel in Babetts Armen aufgeregt an.

„Wie geht es dir?" Felix kam nun ebenfalls in das Schlafzimmer, in welchem die Hebammen noch aufräumten und sich um das Neugeborene und die verstimmte Mutter kümmerten. Felix trug die schlafende Syltje im Arm. Bis auf ihr blondes Haar sah sie Felix sehr ähnlich. Sie hatte sein Gesicht und seine dunklen Augen. Sie war der kleine Engel der Familie. Immer angenehm leise. Sie quengelte und schrie nur selten.

„Müde", murmelte Babette. „Es ist ein Mädchen. Wieder. Wurde dir das bereits mitgeteilt?"

„Eine der Hebammen kam vorhin!" Felix nickte. „Ein Mädchen. Schön." Dem konnte Babett nicht zustimmen. Aili kletterte auf das Bett und bestaunte ihre kleine Schwester mit großen Augen. „Papa! Da!", sagte sie. „Baby! Mama! Da!" Die Kleine legte ihren Kopf auf Babettes Schulter und streckte die Hand nach ihrer neuen Schwester aus. „Kleines Baby! Silte auch klein!" Silte, so nannte sie Syltje. Aili hatte noch Probleme dabei das J auszusprechen. Oft ließ sie es einfach aus.

Felix nickte. „Ja. Das ist eure kleine Schwester." Er strich dem schlafenden Wurm in Babettes Armen über den kleinen Kopf. „Sie ist bezaubernd, Babette. Genau wie du! Und wie unsere anderen drei Wunder. Ich kann es kaum glauben, dass Aili bald drei Jahre alt wird! Wie wollen wir unseren Neuzugang nennen?"

„Baby!", rief Aili und weckte damit den Wurm, der nun fürchterlich schrie. Babette verzog das Gesicht und wiegte das Neugeborene in ihren Armen. „Ich habe noch keinen. Wie würdest du sie nennen?"

„Hm..." Felix setzte sich auf das Bett. Birger hielt sich an seinem Hosenbein fest und wimmerte nun ebenfalls. „Mama!", sagte er jämmerlich. Felix strich ihm mit der freien Hand über den Kopf. „Wie wäre es mit Gitte?" Syltje gähnte in seinen Armen und blinzelte. Ein kleines Wimmern entfuhr nun auch ihr.

Babette stöhnte. Bitte nicht auch du, Syltje! Doch ihr Engel schlief wieder ein. Babette sah zu Felix und nickte. „Gitte gefällt mir."

Babette war es egal, wie das Kind hieß. Solange sie sich nicht darum kümmern musste, konnte Felix es nennen, wie es ihm passte. Sie wollte so schnell wie möglich ein drittes Kindermädchen einstellen und sich dann wieder den Teekränzchen mit ihren Freunden widmen. Felix wollte die Kinder. Er konnte sich gern um sie kümmern. Doch Felix arbeitete viel und ließ Babette oft mit ihren Blagen allein. Kindermädchen waren ihre Rettung. Sie zogen die Kinder groß.

Babette kümmerte sich herzlich wenig um ihre Brut. Sie tat nur das Nötigste. Ein Kuss hier, ein Lächeln da, vielleicht eine Umarmung... Ab und zu. Die Kinder liebten sie dennoch. Warum war ihr einerlei. Viel lieber kaufte sie neue Kleider und Schuhe und gab bei ihren Freunden mit ihrem schicken Haus und ihren Pferden an. Ihr Blick viel auf Aili, die verträumt ihre neue Schwester streichelte. Gitte beruhigte sich allmählich, anders als Birger, der nun wütend nach seiner Mutter verlangte. Babette seufzte genervt.

Aber neben all dem, worüber Babette sich still und leise ärgerte, gab es eines, was sie viel mehr verabscheute:

Prinz Peter von Sonnenhof.

Zu ihrem Glück war er tot. So wie seine lästige, kleine Schwester. Auch wenn die arme Königin dies nicht einsehen wollte...


(c: sasi)

Es geht wieder los! Julias Abenteuer geht weiter! <3


Hexe - Das KönigreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt