Kapitel 42

22 3 0
                                    

Julia

Die Gruppe saß unter mehreren hohen Tannen. Starker Schneefall hinderte sie daran weiterzuziehen, und bald würde die Sonne untergehen. Die vielen Wölfe unterhielten sich aufgeregt, oder tollten in Wolfsform im Schutz der Bäume. Unter den Tannen lag kein Schnee. Fiete hatte ein Lagerfeuer gemacht und fragte gerade Peter, ob er nun sein Held sei. Peter hingegen schmollte. Warum, wusste Julia nicht.

Die erschreckenden Klippen und den schmalen Pfad hatten sie hinter sich gelassen. Unbeschadet. Die Gruppe entkam dem Sturm geradeso. Doch nun, nachdem sie die Klippen überwunden hatten, hatte er sie erreicht. Josefine und Marko, der noch in seiner Wolfsform war, versuchten Schneeengel zu machen. Und stritten dabei. Josefine in menschlicher Sprache und Marko mit Wolfsgejaul. Währenddessen verschwanden ihre Engel im Schnee. Josefines Haar flatterte im starken Wind. „Es gibt keine Wolfsengel!", meckerte sie. Marko knurrte. Finn unterhielt sich mit Arthur über irgendetwas und Proviant wurde in der Gruppe rumgereicht.

Erschöpft konzentrierte Julia sich auf ihre Magie. Sie experimentierte mit Feuer und Luft, nachdem ein weiterer Versuch zu Schweben scheiterte. Der Wind war zu stark. Leopold hatte sein Kinn auf ihre Schulter gelegt und sah ihr aufmerksam zu. Die erhitzte Luft flackerte zwischen Julias Händen, bis eine kleine Fatamorgana entstand. Julia hatte plötzlich vier Hände. Zumindest schien es so. Dann zerstörte der Wind das Bild.

„Oh!" Leopold nahm verdutzt das Kinn von Julias Schultern. „Das könnte nützlich sein. Wenn es nicht gerade stürmt."

Julia nickte. „Könnte es wohl." Ob sie damit viele Soldaten erscheinen lassen konnte? Könnte sie damit die Armee ihrer Mutter täuschen? Könnte sie diese Magie nutzen, um mehrere Soldaten erscheinen zu lassen, die ihre Gruppe begleiteten? Um andere Soldaten damit zu täuschen, sollten sie noch einmal entdeckt werden? Oder musste sie dazu einen Zauber schreiben? Julia versuchte erneut eine optische Täuschung entstehen zu lassen, doch der Wind machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Seufzend gab sie auf. Muss ich einen Zauber schreiben?

Julia wusste nicht, wie man Zauber schrieb. Mit gerunzelter Stirn lehnte sie sich an Leopold. Ob Iris weiß, wie man Zauber schreibt? Könnte sie es mir beibringen?

Leopold gähnte.

„Schlaf, wenn du müde bist! Heute ziehen wir nicht weiter", raunte sie ihm daher zu. „Ob wir wollen oder nicht, wir hängen hier fest."

„Mhm", murmelte Leopold und schloss die Augen.

Langsam wurde es dunkel und die meisten wickelten sich in Decken, oder rollten sich in Wolfsform zusammen, um zu schlafen. Julia breitete über sich und Leopold die Wolldecke aus, welche sie mit sich trug. Fiete nahm die Form eines Löwen an, damit Peter es warm und weich hatte. Finn kuschelte sich an Marko und schloss die Augen. Das Feuer flackerte sanft. Josefine setzte sich neben Julia. Ihr Haar klebte feucht an ihrem Gesicht. „Du planst doch etwas!", sagte sie.

„Ist das so offensichtlich?"

„Ja!" Josefine verzog das Gesicht und strich ihr Haar beiseite. Dann zupfte sie an der Decke und kuschelte sich mit darunter. Julia rollte amüsiert mit den Augen. Leopold schlief tief und fest und bekam davon nichts mit. Julia war die zusätzliche Wärme des Drachen willkommen. Zwar war Josefine etwas feucht, doch durch ihre hohe Körpertemperatur trocknete ihr Haar und die falsche Kleidung beriets. „Was planst du?", wollte das Drachenmädchen wissen.

„Ich will Iris besuchen."

„Das Gespenst!"

Lachend schüttelte Julia den Kopf. „Sie ist kein Gespenst."

„Gut!" Josefine schnaubte. „Die Tote!"

„Was? Nein!"

Leopold beschwerte sich im Schlaf. Lächelnd kuschelte Julia sich enger an ihn. Josefine schmollte. „Was ist sie denn dann?"

Hexe - Das KönigreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt