Kapitel 43

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Marlon

Am frühen Morgen rissen Wachen Marlon aus dem Schlaf. Er war erst vor wenigen Stunden zu Bett gegangen und blinzelte verwirrt, als diese ihn über den Ausbruch eines fürchterlichen Feuers informierten.

Er sollte in seinem Zimmer bleiben, während alle verfügbaren Wachen und Diener damit beschäftigt waren die Ausbreitung des Feuers zu verhindern und dieses zu löschen. Das Feuer brannte Lichterloh. Marlon sah aus seinem Fenster, um das Schauspiel zu überwachen. Er schlief immer bei geöffnetem Fenster. Marlon betrachtete due dunklen Rauschwaden. Der Anblick war erschütternd. „Mein Schloss!", zischte er aufgebracht. „Unfähige Dummköpfe." Er gähnte und rieb sich die Augen.

Noch gab es keinen Grund, den König zu evakuieren. Das Feuer war nicht nah genug. Doch er sollte sich bereithalten. Bereithalten! Zwei Wachen standen vor seiner Tür, bereit das Lebend es Königs jederzeit zu schützen. Eine Explosion erschütterte die Mauern des Schlosses. Ein paar Fenster wurden dabei zerstört. Marlon schnaubte. Eiskalter Wind blies ihm ins Gesicht.

Wer nicht das Feuer bekämpfte, evakuierte die vom Feuer betroffenen Angestellten. Nur wenige Wachen blieben in den Fluren nahe dem König, um ihn zu schützen. Der junge König verzog verärgert das Gesicht. Er war müde. Ein Feuer konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. Oder eine Evakuierung. Doch vielleicht kam das Feuer nicht nah genug, auch wenn der Anblick fürchterlich war. Bislang drohte ihm jedoch keinerlei Gefahr.

Marlon wand sich von dem offenen Fenster ab und ging zu seinem Kleiderschrank, an welchem ein weißer Morgenrock hin. Der feine Stoff schimmerte leicht. Lächelnd streifte Marlon ihn sich über. Das edle Kleidungsstück hatte einst seinem Vater gehört. Marlon behielt ihn als eine Art Trophäe. Vieles andere, dass seinen Eltern gehört hatte, war auf seinen Befehl entsorgt worden. Nur was von Wert war, behielt er. Er ging zu seinem Nachttisch und hob eine Kette hoch, die darauf lag. Lächelnd machte er sie sich um. Es war eine einfache Perlenkette, die seiner Mutter gehört hatte. Eine weitere Trophäe. Zufrieden ging er zum Spiegel und betrachtete sich. Schmuck stand ihm nicht. Marlon schmunzelte. Er bemerkte nicht, wie eine bewaffnete Gestalt durch das offene Fenster stieg. Der Spiegel zeigte ihm nur sich selbst.

Er merkte auch nicht, wie die Person mit gezogenem Schwert näher schlich, da er nun mit den Perlen spielte. Mama hat diese Kette gemocht. Eine öde Perlenkette. Erst als er sich umdrehte, erblickte er die Person, die vor ihm stand. „Was?", stammelte er. Dann spürte er einen stechenden, fürchterlichen Schmerz. Er gurgelte. „Annemarie!"

Seine Schwester lächelte, und riss ihr Schwert aus seiner Brust. „Hallo Bruder." Blut spritzte. Marlon machte einen schmerzverzerrten, erstickten Laut. Er hielt sich den Bauch. Warmes Blut strömte in seine Hände. Er roch den metallischen Geruch. Er hustete Blut und spuckte dieses dabei seiner Schwester in das Gesicht.

„Was...", murmelte er ein letztes Mal, dann hustete er erneut dickes Blut und sackte zusammen. Das letzte, was er sah, waren die hasserfüllten Augen seiner Schwester.

Annemarie

Annemarie starrte ihren sterbenden Bruder an. Blut sickerte aus der Wunde und tränkte den weißen Morgenrock in fürchterliches, dunkles Rot. Der Atem ihres Bruders röchelte, er spukte Blut, seine Augen drehten sich nach hinten, bis er schließlich ein letztes Mal röchelte. König Marlon war tot.

Blut klebte an seinem Mund und rann sein Kinn hinab. Er lag in seinem eigenen, stinkenden Blut. Annemarie umklammerte ihr Schwert, bis ihre Hände schmerzten..

Sie war zunächst zu dem Fenster zum ehemaligen Schlafzimmer ihres Bruders geklettert. Doch hatte sie dieses verschlossen vorgefunden. Stattdessen war das Fenster zum Schlafzimmer ihrer Eltern geöffnet. Es befand sich im Stockwerk über dem Schlafzimmer ihres Bruders. Annemarie war geschickt und kletterte mit Leichtigkeit. Obwohl das Schloss schien, als sei es nur aus Glas erbaut, gab es viele Balkone und Verzierungen aus Stein, an welchen sie hatte hochklettern können. Einmal wäre sie beinahe gefallen, als Stein unter ihr abbrach, doch sie rettete sich auf einen Balkon.

Hexe - Das KönigreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt